Anthroposophie
Anthroposophie
Anthroposophie
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
vorträgt, für die Glauben auf Autorität hin verlangt wird. Daß der Geistesschüler<br />
unbewußt "in dieser Welt schon drinnen" stehe, von der ihm Steiner<br />
berichtet, und daß ihm somit keine Dogmen von außen aufgezwungen würden<br />
- diese Behauptung ist ebenso unbeweisbar wie die Allgemeingültigkeit<br />
der Steinerschen Schauungen selbst. Denn bewußt wird diese Welt nach<br />
Steiners Worten dem Geistesschüler nur, indem er sich in den "Seeleninhalt"<br />
des Darstellers (also Steiners) einlebt. Damit aber ist wiederum die Gefahr<br />
der Suggestion gegeben.<br />
Der Steinersche Erkenntnisweg als Grundlage des anthroposophischen Systems<br />
ist aus empirischer Sicht unhaltbar. Die <strong>Anthroposophie</strong> erweist sich<br />
von ihren Wurzeln her somit tatsächlich als ein Glaubenssystem, das dem<br />
Außenstehenden die Kompetenz zu seiner Beurteilung abspricht und vom<br />
Anhänger den Glauben an Rudolf Steiner und seine Schauungen erwartet.<br />
J. W. Hauer, Christian Gahr und andere Kritiker sprechen darum vom Steinerschen<br />
"Dogmatismus". 18 Es wird nun zu untersuchen sein, wie sich das<br />
anthroposophische Glaubenssystem zum christlichen Glauben verhält. Im<br />
nächsten Abschnitt nehmen wir eine theologische Beurteilung des Erkenntnisweges<br />
vor.<br />
1.3 Theologische Kritik des anthroposophischen<br />
Erkenntniswegs<br />
1.3.1 Das Kriterium der Beurteilung<br />
Wie die empirische, so braucht auch die theologische Beurteilung Kriterien,<br />
anhand derer sie ein Erkenntnissystem oder eine Weltanschauung prüft. Die<br />
Kriterien für die Empirie lauteten: Nachprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit.<br />
Das Kriterium für die Theologie lautet: Übereinstimmung mit dem biblischreformatorischen<br />
Schriftverständnis.<br />
Martin Luther sagt, daß die Schrift "selber durch sich selber sei die allergewisseste,<br />
die leichtest zugängliche, die allerverständlichste, die, die sich<br />
selber auslegt, die alle Worte aller bewährt, urteilt und erleuchtet" 19 . In sich<br />
selber klar ist die Schrift, wenn man sich am Literalprinzip und Kontext orientiert<br />
(s. ausführlich hierzu II. B.3.2). Auch wir folgen dieser reformatorischen<br />
Position, weil wir sie als die sachgemäße (der Sache und Eigenart der biblischen<br />
Schriften angemessene) betrachten, und nehmen bei ihr unseren Ausgangspunkt<br />
zur Beurteilung des anthroposophischen Bibelverständnisses.<br />
71