Anthroposophie
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sich von seiner Kindheit an "zu den biblischen Inhalten Alten und Neuen Testamentes<br />
hingezogen" fühlte. 107<br />
Im Jahre 1909 zog die Familie nach Chemnitz um, wo der Vater Anstaltsgeistlicher<br />
wurde. Der Lebensrhythmus der Familie war nun von mehreren<br />
Beerdigungen in der Woche mitbestimmt (88). Von 1911 bis 1920 besuchte<br />
Rudolf Frieling in Chemnitz das Gymnasium, das er als "Primus omnium"<br />
abschloß. Dort lernte er die alten Sprachen Hebräisch, Griechisch und Latein,<br />
die ihn auf sein späteres Theologiestudium vorbereiteten, und später<br />
auch Arabisch, was für seine Beschäftigung mit dem Islam wichtig werden<br />
sollte (88.138).<br />
Sein Interesse am religiösen Kultus war früh erwacht. Von der Frage bewegt,<br />
wie auf Erden "Materie und Geist, Lebendiges und Totes" zusammenzubringen<br />
sind, führte er als Zwölfjähriger die "Haspelfeier" - eine kindliche<br />
Art kultischer Handlung mit Backsteinaltar, Glocken und Räucherkerzen -<br />
zu Hause durch (1370- In dieser Zeit und auf diesem Hintergrund entdeckte<br />
"der evangelisch Erzogene aus eigener Initiative und tiefer Sehnsucht heraus<br />
die katholische Messe" (88).<br />
Der christliche Altar galt ihm dabei als ein "Grab, über dem der Tisch des<br />
Herrn errichtet ist" und von dem das "höhere Leben" ausgeht (88). Dieses<br />
Verständnis des Altars als Medium zur übersinnlichen Welt führte ihn später<br />
auf geradem Wege zur "Menschenweihehandlung" der Christengemeinschaft.<br />
Taco Bay beschreibt das Leben Frielings als "religiös, aber ungeheuer frei"<br />
(138).<br />
Am Gymnasium lernte Frieling auch die "liberaltheologische Bibelkritik"<br />
kennen. Er äußert sich darüber nicht weiter, sondern bemerkt nur, daß sie<br />
ihm "zu schaffen machte". 108<br />
Dennoch nahm er 1920 das Studium der evangelischen Theologie auf, das<br />
ihn an folgende Universitäten führte: Rostock (Wintersemester 1920/21),<br />
Marburg (Sommersemester 1921) und Leipzig (vom Wintersemester 1921/<br />
22 bis zum Doktorexamen 1925; dort studierte er auch Philologie). 109 Über<br />
sein Verhältnis zu den Professoren und zu dem, was er an den Universitäten<br />
hörte, hat er nichts Näheres berichtet, doch wird deutlich, daß ihn das Gehörte<br />
nicht befriedigte.<br />
Nur so ist es nämlich erklärlich, daß er schon am Anfang seines Studiums<br />
Ausschau nach Menschen hielt, die sich "um das Verständnis der Geisteswissenschaft<br />
Rudolf Steiners und der Theologie" bemühten (88). Auf die<br />
Namen Rudolf Steiners, Friedrich Rittelmeyers und Christian Geyers war er<br />
erstmals 1917 in Zeitschriften gestoßen (ebd). 1918 hatte er Vorträge Steiners<br />
gehört (138). Im März 1920 hatte er einen Aufsatz mit dem Titel "Das Johannes-Evangelium<br />
im Lichte des Expressionismus" in der von Geyer und<br />
Rittelmeyer herausgegebenen Zeitschrift "Christentum und Gegenwart" veröffentlicht.<br />
110 Seine endgültige Entscheidung für die<strong>Anthroposophie</strong> fielje-<br />
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