Anthroposophie
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2.4 Die anthroposophische Zeit (1916-1959)<br />
Bock war durch Friedrich Rittelmeyer zur <strong>Anthroposophie</strong> gekommen. Im<br />
Spätsommer 1916 geriet er durch Zufall in die Antrittspredigt Rittelmeyers<br />
in der "Neuen Kirche" Berlins. Im Winter 1916/17 nahm Rittelmeyer Bock<br />
zu Vorträgen Rudolf Steiners mit, woraufhin ein intensives Studium der<br />
<strong>Anthroposophie</strong> begann (5Iff) 96 . Bock schreibt: "... ich war sicher: hier ist<br />
der geistige Boden, auf dem ich meinen Weg finden kann" (53).<br />
Nach der Begegnung mit Rittelmeyer widmete sich Bock noch eingehender<br />
dem Studium der Theologie. Im Winter 1916/17 warf er sich "mit Feuereifer<br />
auf das Erlernen des Hebräischen". Er ging an diese Sprache "ohne jede fremde<br />
Anleitung" heran und unterzog sich, wie er schreibt, bereits "fünf Wochen",<br />
nachdem er das hebräische Alphabet kennengelernt hatte, der Universitätsprüfung.<br />
97 Wichtig für unsere weitere Untersuchung ist folgende Aussage,<br />
die Bock im Blick auf sein Erlernen der biblischen Sprachen macht:<br />
"Ich glaube, daß die Kenntnis, die ich mir so, ähnlich wie früher im Griechischen,<br />
angeeignet habe, zwar nicht so schulmäßig und philologisch-wissenschaftlich unterbaut,<br />
aber recht lebendig - weil aus eigenem Interesse geboren - und unverlierbar<br />
ist." 98<br />
1917 fand anläßlich des 400. Jahrestages von Luthers Thesenanschlag eine<br />
große Reformationsfeier an der Universität Berlin statt, bei welcher der<br />
Kirchenhistoriker Karl Holl den Festvortrag hielt (16). Holl beschrieb Luthers<br />
reformatorische Leistung und betonte insbesondere Luthers Ablehnung der<br />
bei den Mystikern und Schwärmern begegnenden Annahme des "Göttliche[n]<br />
in der eigenen Brust":<br />
"Und das Beherrschende ist jener selbstsüchtige Naturtrieb. Er ist der wirkliche<br />
Seelengrund. Von dorther wird auch das Edelste im Menschen regelmäßig überlistet<br />
und in den Dienst des Ich niedergezogen. Durch keine noch so hochgemute Selbstanstrengung<br />
vermag sich der Mensch aus dieser Umklammerung zu lösen. Paulus<br />
behält recht: kein Gesetz gibt dem Menschen Freiheit. Denn auch das sittliche Streben<br />
ist, sofern es doch nur auf die Erhöhung der eigenen Persönlichkeit abzielt, zuletzt<br />
nichts anderes als veredelte Selbstliebe." 99<br />
Bock - so berichtet sein Freund Eberhard Kurras - war bei dieser Feier "über<br />
den Stand des reformatorischen Christentums, über die Äußerlichkeit der historischen<br />
Anknüpfung und die Unlebendigkeit des religiösen Impulses tief<br />
enttäuscht worden". Durch seine spätere intensive Beschäftigung mit Schleiermacher<br />
und einen Besuch der historischen Lutherstätten in Wittenberg gelangte<br />
er zur Ansicht, daß die Reformation fortgesetzt werden müsse. Luther habe<br />
"nicht alle Aufgaben, die ihm das damalige Zeitalter stellte, befriedigend ...<br />
lösen können". Besonders bedauerte Bock "Luthers Abwendung von den großen<br />
Humanisten seiner Zeit und die Einseitigkeit seiner Betonung des allein<br />
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