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Anthroposophie

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Im Frühherbst 1915 holte er beim Provinzial-Schulkollegium in Koblenz die<br />

Reifeprüfung in Latein und Griechisch nach, dunkel fühlend, daß "das Gebiet<br />

der Theologie" ihn rief (277). Kurz darauf wurde er von der Reichswehr<br />

in der Postzensurstelle in Berlin eingesetzt, wo er zum ersten Mal mit Rudolf<br />

Steiner in Berührung kam. Durch die Schweizer Drucksachenabteilung nämlich<br />

"liefen sämtliche Bücher- und Zyklensendungen, die vom Berliner<br />

Anthroposophischen Verlag nach Dornach gingen". Bocks Interesse wurde<br />

zunächst rein äußerlich durch die große Zahl der Schriften geweckt, die alle<br />

den Namen des gleichen Verfassers trugen. Doch bald sprach ihn auch innerlich<br />

Steiners Gedankenwelt an: "Eine Denkungsart schien mir da zu walten,<br />

die alles Abstrakte überwunden und sich zu einer gesunden Konkretheit durchgerungen<br />

hatte." Als Bock nach einigen Wochen in eine andere Abteilung<br />

versetzt wurde, "versank" diese Gedankenwelt jedoch vorläufig wieder (278f).<br />

Noch während der Tätigkeit in der Postüberwachungsstelle, die bis Ende 1918<br />

dauerte, nahm Bock im Sommersemester 1916 das Studium der Germanistik,<br />

der Religionswissenschaften und der evangelischen Theologie an der Universität<br />

Berlin auf (304f) 82 . Die Hochschullehrer, die ihn in dieser Zeit am<br />

meisten beeindruckten, waren Adolf von Harnack, Ernst Troeltsch und Adolf<br />

Deißmann:<br />

"Harnack setzte mich durch seine geschliffene Intelligenz in Erstaunen, Deißmann<br />

lehrte mich, in Ehrfurcht die Räume des griechischen Neuen Testamentes zu betreten.<br />

Troeltsch aber zündete in mir das Feuer einer lodernden Erkenntnisbegeisterung<br />

an." 83<br />

Bei A. v. Harnack hörte Emil Bock die "Einführung in das Neue Testament"<br />

und eine Vorlesung über Kanonsgeschichte, doch war ihm "sofort klar", daß<br />

die Betrachtungsweise v. Harnacks "nicht in die Tiefe zu dringen geeignet<br />

war" (335). Bock ging damals "durch Gedankengänge hindurch, die Anklänge<br />

hatten an die liberale Theologie", und doch ließ ihn diese wegen ihrer<br />

"intellektualistischen Kälte und Hintergrundlosigkeit" unbefriedigt. Da ein<br />

"dogmatischer religiöser Standpunkt", wie er ihn im Wuppertaler Kirchentum<br />

und Pietismus kennengelernt hatte, für ihn auch nicht in Frage kam, mußte<br />

er sich auf die Suche nach einem ganz neuen Zugang zur Bibel und zum<br />

Christentum begeben (361).<br />

Dazu verhalf ihm zunächst Ernst Troeltsch, der 1914 vom Heidelberger theologischen<br />

auf den Berliner philosophischen Lehrstuhl übergewechselt war.<br />

In Troeltschs Kolleg über die "Geschichte der Philosophie im Zeitalter von<br />

Reformation und Renaissance" wurde Bock der "mystische Untergrund des<br />

abendländischen Geisteslebens" klarer als je bewußt. Das Gedankengut von<br />

Persönlichkeiten wie Sebastian Franck, Valentin Weigel, Jakob Böhme und<br />

Giordano Bruno lernte er kennen. Bei Sebastian Franck z.B., so schildert<br />

Troeltsch, vermag "erst der Geist... die Bibel zu deuten, die die ewigen inneren<br />

Wahrheiten des Geisterlebnisses als historische Mythen des Sündenfalls<br />

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