Anthroposophie
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Rittelmeyer stellte diesen Aussagen die Frage entgegen, "ob die Erfahrung<br />
nicht erweitert und das Denken nicht gesteigert werden kann, so daß man<br />
auch die Mythologie 'ernst zu nehmen versteht' und der Allegorie auch außerhalb<br />
der Irrenhäuser ein Recht zugestehen kann" (417). Hier sprach er bereits<br />
als Anthroposoph. So nahm er dann im Herbst 1922 seinen Abschied vom<br />
Dienst in der evangelischen Kirche und gründete zusammen mit 45 meist<br />
jüngeren Persönlichkeiten die Christengemeinschaft (419 ff). t9 Sie versteht<br />
sich als "Bewegung für religiöse Erneuerung, als neue Kirche, wenn man so<br />
will, die ihr Christusverständnis aus den Erkenntnissen der <strong>Anthroposophie</strong><br />
bezieht" 70 . Friedrich Hey er bemerkt hierzu:<br />
"Eine Elitegruppe junger Theologen und mit ihnen suchender Künstler und Akademiker,<br />
erneuerungswillig wie keine andere Gruppe, verlor die Hoffnung, daß die<br />
Erneuerung innerhalb ihrer angestammten Kirche möglich sei. Man schloß sich zu<br />
einer eigenen Gemeinschaft zusammen, schwärmte in die deutschen Städte aus und<br />
schnappte gleichsam Menschen der deutschen Bildung, Generationsgenossen der<br />
Wandervogelbewegung, die sich nach der Erschütterung des Weltkriegs auf dem<br />
Rückweg befanden, knapp vorder Kirchentüre weg. Man sammelte sie in esoterischen<br />
Kleingruppen. Die 'Christengemeinschaft' entstand." 71<br />
Zum ersten Erzoberlenker ernannt, schrieb Rittelmeyer eine Reihe von<br />
Werken, in denen er sich um die Vermittlung zwischen Theologie und <strong>Anthroposophie</strong>,<br />
um ein neues Christusverständnis sowie um die Exegese verschiedener<br />
biblischer Schriften, insbesondere des Joh, bemühte. 72 Am<br />
23.3.1938 starb Friedrich Rittelmeyer während einer Vortragsreise in Hamburg<br />
(6).<br />
2. Emil Bock (1895 -1959) und die systematische<br />
Gesamtausformung des anthroposophischen<br />
Bibelverständnisses<br />
2.1 Werk<br />
"Mit Friedrich Rittelmeyer starb der Vater der Christengemeinschaft. Mit<br />
Emil Bock ging der Heros der Bewegung hinüber." 73 So charakterisiert der<br />
Anthroposoph Wilhelm Kelber in einem Nachruf den zweiten Erzoberlenker<br />
der Christengemeinschaft, Emil Bock. "Heros" der Christengemeinschaft<br />
war Bock in mehrfacher Hinsicht: nicht nur als Sprecher des Gründerkreises,<br />
der "die entscheidenden Fragen an den großen Lehrer" Rudolf Steiner fand<br />
und formulierte (so Wilhelm Kelber) 74 , sondern auch im Blick auf die Ausformung<br />
des anthroposophischen Bibelverständnisses. War er es doch, der<br />
in einem umfassenden exegetischen, historischen und systematischen Gesamtwerk<br />
Steiners Erkenntnisse zum ersten Mal auf fast die ganze Bibel anwandte<br />
und theologisch abzusichern versuchte.<br />
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