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Anthroposophie

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"Oft bin ich später dann doch mit einer Liste in der Tasche zu Rudolf Steiner gegangen,<br />

auf der die anfechtbaren Bibelauslegungen verzeichnet standen. Aber wenn ich<br />

mit ihm sprach, schien mir anderes viel wichtiger. Meine Bibelstellen blieben als<br />

unwesentlich in der Tasche gegenüber dem, was ich dann fragen und erfahren konnte"<br />

(ebd,22).<br />

Schritt für Schritt öffnete sich Rittelmeyer den Lehren Steiners. Dabei spielten<br />

die "Ratschläge für okkulte Übungen", die er von Steiner für seine<br />

Weiterentwicklung und zur Kräftigung seiner stets angeschlagenen Gesundheit<br />

- vollends nach einem Absturz im Gebirge im Jahre 1918 - erhielt, eine<br />

ausschlaggebende Rolle (ebd,37f f; Aus meinem Leben, 412ff). 62 "Mehr noch<br />

als das Lesen der anthroposophischen Werke führten mich die Erlebnisse an<br />

den Übungen in die neue Welt ein", schreibt er im Rückblick (Lebensbegegnung,<br />

42).<br />

Steiners Vortrag "Von Jesus zu Christus", den Rittelmeyer am Ende des Jahres-<br />

1911 63 in Nürnberg hörte und der eine Zusammenfassung des gleichlautenden<br />

und im gleichen Jahr gehaltenen Karlsruher Zyklus darstellte, war- trotz der<br />

anfänglichen "Enttäuschung" - die Grundlage für Rittelmeyers neues Lebensprogramm<br />

(ebd,33f). So beschrieb er in seinem 1936 veröffentlichten<br />

"Christus "-Buch seinen Lebensweg als "Weg 'von Jesus zu Christus'": vom<br />

Menschen Jesus im Sinn der liberalen Theologie zum kosmischen Christus<br />

im Sinne der <strong>Anthroposophie</strong> Rudolf Steiners. 64<br />

Dabei kann man, wie der Theologe Hanspeter Wulff-Woesten in seiner<br />

Dissertation gezeigt hat, doch eher von einer kontinuierlichen Entwicklung<br />

in Rittelmeyers Denken als von einem inneren Bruch sprechen: Rittelmeyer<br />

hat sich "auf Grund seiner Anlagen, Vorbildung und seiner mannigfachen<br />

Begegnungen zu Steiner 'hinentwickelt'". In seinem theologischen Denken<br />

und religiösen Anliegen findet sich "in der Hauptsache Kontinuität". 65 Das<br />

zeigt sich, wie Wulff-Woesten nachweist, vor allem in der durchgehenden<br />

Betonung der Begriffe "Ich" und "Licht - Leben - Liebe", der anthropozentrischen<br />

Haltung Rittelmeyers sowie der frühen Aufnahme platonischen<br />

und gnostischen Gedankenguts. 66 Neu kam in sein Denken durch Steiner vor<br />

allem die Reinkarnationslehre 67 , das spezifisch anthroposophische Welt- und<br />

Christusverständnis 58 und - wir ergänzen - die anthroposophische Bibelauslcgung,<br />

die ihn aus seiner Enttäuschung über den exegetischen Kahlschlag<br />

durch die liberale Theologie zu neuen Ufern führte. "Entweder hat dieser<br />

Mann gar keine Ahnung von dem, wie wir die Bibel als Theologen ansehen,<br />

oder er bringt ein völlig Neues!", notierte Rittelmeyer seinen Eindruck von<br />

der ersten Lektüre Steinerscher Vortragszyklen über biblische Themen (Lebensbegegnung,<br />

22).<br />

Als er im August 1916 auf die Pfarrstelle an der "Neuen Kirche " in Berlin<br />

berufen wurde (358.365), hatte er vorher niemanden im Unklaren darüber<br />

gelassen, daß er "in den letzten Jahren ... der anthroposophischen Geistes-<br />

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