Anthroposophie
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Die Aufwärtsentwicklung des Menschen nämlich wurde laut Steiner gestört,<br />
weil er zu früh - nämlich vor Ausbildung des Ich - nach Freiheit und Gottähnlichkeit<br />
strebte. 33 Schon vorher war es-und hier treten in der <strong>Anthroposophie</strong><br />
"höhere Geisteswelten" auf den Plan - zu einem Aufstand der in der Entwicklung<br />
zurückgebliebenen Mondenwesen gegen die guten, lebensspendenden<br />
Sonnenwesen gekommen - und wegen des Streits dieser Geister auch zur<br />
Trennung der Himmelskörper. Die aufrührerischen Monden wesen gössen dem<br />
Menschen (der erst aus Astralleib, Ätherleib und einem unsichtbaren physischen<br />
Leib bestand!) Leidenschaften, Triebe und Begierden in seinen astralischen<br />
Leib. Dieser Vorgang wird von Steiner als "Luzifer-Ereignis" bezeichnet und<br />
mit der Schilderung in Gen 3 gleichgesetzt. "Ihr werdet sein wie Gott" (Gen<br />
3,5) - wäre dieser Satz später - an das Ich gerichtet- gehört und befolgt worden,<br />
dann hätte er in ruhiger Weise die Entwicklung des Menschen zum Geistesmenschen<br />
fortgesetzt. So aber, an den astralischen Leib gerichtet, geriet die<br />
gesamte Entwicklung durcheinander. Der Mensch wurde tiefer als geplant<br />
in die Materie verstrickt, und Ahriman als polarer Gegensatz zum übergeistigen<br />
Luzifer redet ihm jetzt ein, es gäbe nichts als Materie. Der physische Leib<br />
wurde sichtbar. Egoismus, Krankheit, Lüge und die Möglichkeit zum Bösen<br />
traten in die Welt.<br />
"Der Christus " - Steiner gebraucht fast immer diese Bezeichnung mit Artikel-soll<br />
die Verstrickung in die Materie wieder aufheben und die Wiedervergeistigung<br />
des Menschen und des Kosmos einleiten. Wer ist "der Christus"<br />
nach anthroposophischem Verständnis? Er ist der "Logos", die "Summe<br />
der sechs Elohim [Mehrzahl; d. Verf.], die mit der Sonne vereinigt sind, die<br />
also die Erde mit ihren Gaben geistig beschenken" (103,130). Von ihnen hat<br />
sich Jahwe als siebter Elohim, als Beherrscher der Mondengeister, die als<br />
verhärtende, entwicklungshemmende Prinzipien tätig sind, abgespalten. Auch<br />
hier finden wir bei Steiner deutliche Anklänge an gnostische Anschauungen,<br />
etwa bei dem frühen Gnostiker Satornil (Anfang des 2. Jahrhunderts n.Chr.):<br />
"Satornil lehrt, gleich wie Menander, einen allen unbekannten Vater, der Engel,<br />
Erzengel, Kräfte und Gewalten gemacht hätte. Von sieben Engeln sei die Welt und<br />
alles in ihr entstanden, auch der Mensch sei ein Engelgebilde ... Und der Gott der<br />
Juden, sagt er, sei einer der Engel, und weil den Vater alle 'Mächte' vernichten wollten,<br />
sei Christus zur Vernichtung des Gottes der Juden erschienen und zur Rettung derer,<br />
die ihm glauben, das seien die, die den Lebensfunken in sich hätten." 34<br />
Solche gnostischen "Parallelen" ließen sich leicht vermehren. Aufs Ganze<br />
gesehen vertritt die <strong>Anthroposophie</strong> eine historisch gedehnte und in ihrer universalen<br />
Weite moderne Form des Synkretismus. Denn jene hohe<br />
Sonnenwesenheit, die sich als "der Christus" in "Jesus" verkörpert, hat<br />
vorher schon andere Figuren der Religionsgeschichte als Hüllen benutzt, um<br />
ihre lichtvollen Impulse in die Menschheitsgeschichte hineinzugeben, z.B.<br />
Vishva-Karman bei den Indern, Ahura-Mazdao bei den Persern, "Ich bin"<br />
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