Anthroposophie

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29.12.2012 Aufrufe

Gesamtbeurteilung des anthroposophischen Bibelverständnisses Das anthroposophische Bibelverständnis beruht auf den Forschungen und Schauungen von Rudolf Steiner. Es wurde von verschiedenen Autoren systematisiert und in zum Teil eigenständiger Form weiterentwickelt, doch grundsätzlich in Kontinuität, nicht im Widerspruch zu den Lehren Steiners. Unter den Schülern Steiners, die sich um eine theologische Vermittlung, Systematisierung und Vertiefung seiner Aussagen bemüht haben, ragen Friedrich Rittelmeyer, Emil Bock und Rudolf Frieling besonders hervor. Durch frühe übersinnliche Erlebnisse geprägt, fanden diese weder in der lutherischen, reformierten und pietistischen "Orthodoxie" noch in der liberalen Theologie, sondern erst in der Steinerschen Anthroposophie eine dauerhafte geistige Heimat (I.). Ihre Berechtigung und Notwendigkeit begründet die anthroposophische Exegese damit, daß die gängigen Systeme der Bibelauslegung dem Materialismus verfallen seien. Die Frage nach der spirituellen Dimension, die über den literalen Bibeltext hinausgehe, sei ihnen verlorengegangen. Das Anliegen der anthroposophischen Exegese sei es, die Wiedergewinnung der spirituellen Dimension zu ermöglichen. Die anthroposophische Kritik trifft jedoch nur teilweise zu. Zwar hat es im theologischen Liberalismus, insbesondere in der religionsgeschichtlichen Schule, Vertreter gegeben, welche die biblischen Schriften lediglich als Erzeugnisse menschlicher Religiosität und mythischer Poesie ohne transzendenten Offenbarungsbezug betrachtet haben. Gegen solche wenden sich Steiner und seine Schüler zu Recht. Derartige Einseitigkeiten sind jedoch seit dem Widerspruch insbesondere der Dialektischen Theologie weitgehend überwunden. Vertreter eben der dialektischen Wort-Gottes-Theologie und einer am Alten und Neuen Testament als Gottes Offenbarung orientierten Exegese betonen nachdrücklich die geistlich-christologische Dimension biblischer Texte. Die anthroposophische Exegese ist somit ganz gewiß nicht der einzige moderne Versuch, den Bereich des "Transzendenten" zu erschließen. Das Bemühen Steiners, "Erkenntnisse höherer Welten" zu gewinnen, erscheint in dieser Hinsicht nur als ein Sonderfall (H.A.). Ob der Weg der Anthroposophie in die "höheren Welten" und damit die Begründung eines neuen Bibel Verständnisses gelingen kann, darüber entscheidet die empirische und theologische Untersuchung ihrer methodischen und weltanschaulichen Grundlagen. Diesem Ziel versuchte die vorliegende Arbeit zu dienen. In empirischer Hinsicht erwies sich dabei der Anspruch Steiners, der Offenbarer neuer Wahrheiten zu sein und andere Menschen zu "Erkenntnissen 204

höherer Welten" zu führen, als unhaltbar. Steiners "Offenbarungen" sind in keiner Weise nachprüfbar, sein Erkenntnisweg läßt sich nicht nachvollziehen. Keiner außer Steiner selber ist ihn bis ans Ende gegangen. Anfangsweise "Erkenntnisse" seiner Schüler können sich nicht dem Verdacht der Suggestion aufgrund der Beschäftigung mit Steiners Lehren entziehen. Der Glaube an eine "Akasha-Chronik" als übersinnliche Quelle ist mit dem Glauben an Steiners Autorität und seine "Schauungen" gleichzusetzen. Wesentliche Elemente dieser "Schauungen" sind nachweislich von der kulturellen und historischen Umwelt Steiners beeinflußt und daher zeitbedingt. Zudem treten gravierende Unterschiede zu den "Schauungen" anderer "Visionäre" (etwa H. P. Blavatsky) auf, die ebenfalls in der Akasha-Chronik zu lesen beanspruchen. Dadurch wird die Lehre von der Existenz einer "Akasha-Chronik" ad absurdum geführt. Vor allem aber in theologischer Hinsicht ist der Steinersche Weg zur Erlangung neuer "Offenbarungen" abzulehnen. Der Hauptgrund für diese Ablehnung liegt darin, daß sich hier der Mensch anmaßt, auf methodischem Wege in Bereiche vorzudringen, deren Offenbarung sich der dreieinige Gott, den die Bibel bezeugt, in seiner Souveränität vorbehalten hat. Der anthroposophische Weg zur Erlangung von "Erkenntnissen höherer Welten " ist nicht der Weg des christlichen Glaubens, sondern der Weg alter gnostischer Systeme in neuer Gestalt. Nach biblisch-theologischem Schriftverständnis führt er zu einer Vergewaltigung der alt- und neutestamentlichen Texte und damit in die Irre. Die Akasha-Chronik als die materiale Quelle der anthroposophischen Schau kann nicht die Richterin der Bibel sein, da die Behauptung ihrer Existenz schon in empirischer Hinsicht unhaltbar ist und das "Lesen" in ihr durch verhüllt-spiritistische Praktiken zustande kommt, deren Methodik und Ergebnisse im Widerspruch zur Grundintention und zum Wesen der biblischen Offenbarung stehen (II.B.l. und 2.). Was nun die anthroposophische Interpretation der Bibel selber betrifft, so läßt sie sich als spirituell, okkult und allegorisch kennzeichnen. Sie ist spirituell, weil sie - im Unterschied zu den rationalistisch und "materialistisch" geprägten Auslegungsverfahren - eine höhere, "geistige" Dimension hinter den Texten sucht. An diesem Punkt deutet sie auf Defizite der liberalen Theologie am Ausgang des 19. Jahrhunderts (besonders um die Jahrhundertwende) hin. Sie ist okkult, weil sie diese höhere, "verborgene" Wirklichkeit- unabhängig von der Bibel - in der übersinnlich in der Geisterwelt geschauten Akasha-Chronik finden will. Und sie ist allegorisch, weil sie diese übersinnlich geschaute Wirklichkeit - ohne literale Grundlage in der Bibel selber - von außen an die Schrift heranträgt und Textaussagen häufig gewaltsam und gegen ihren Sinn uminterpretiert. Dabei erweist sich das "wörtliche Verstehen", wie es anthroposophische Exegeten unter Außerachtlassung des vom biblischen Kontext gebotenen Sinns praktizieren, zuweilen als eine Form versteckter Allegorese. 205

höherer Welten" zu führen, als unhaltbar. Steiners "Offenbarungen" sind in<br />

keiner Weise nachprüfbar, sein Erkenntnisweg läßt sich nicht nachvollziehen.<br />

Keiner außer Steiner selber ist ihn bis ans Ende gegangen. Anfangsweise<br />

"Erkenntnisse" seiner Schüler können sich nicht dem Verdacht der Suggestion<br />

aufgrund der Beschäftigung mit Steiners Lehren entziehen.<br />

Der Glaube an eine "Akasha-Chronik" als übersinnliche Quelle ist mit dem<br />

Glauben an Steiners Autorität und seine "Schauungen" gleichzusetzen. Wesentliche<br />

Elemente dieser "Schauungen" sind nachweislich von der kulturellen<br />

und historischen Umwelt Steiners beeinflußt und daher zeitbedingt. Zudem<br />

treten gravierende Unterschiede zu den "Schauungen" anderer "Visionäre"<br />

(etwa H. P. Blavatsky) auf, die ebenfalls in der Akasha-Chronik zu lesen<br />

beanspruchen. Dadurch wird die Lehre von der Existenz einer "Akasha-Chronik"<br />

ad absurdum geführt.<br />

Vor allem aber in theologischer Hinsicht ist der Steinersche Weg zur Erlangung<br />

neuer "Offenbarungen" abzulehnen. Der Hauptgrund für diese Ablehnung<br />

liegt darin, daß sich hier der Mensch anmaßt, auf methodischem Wege<br />

in Bereiche vorzudringen, deren Offenbarung sich der dreieinige Gott, den<br />

die Bibel bezeugt, in seiner Souveränität vorbehalten hat. Der anthroposophische<br />

Weg zur Erlangung von "Erkenntnissen höherer Welten " ist nicht der<br />

Weg des christlichen Glaubens, sondern der Weg alter gnostischer Systeme<br />

in neuer Gestalt. Nach biblisch-theologischem Schriftverständnis führt er zu<br />

einer Vergewaltigung der alt- und neutestamentlichen Texte und damit in die<br />

Irre. Die Akasha-Chronik als die materiale Quelle der anthroposophischen<br />

Schau kann nicht die Richterin der Bibel sein, da die Behauptung ihrer Existenz<br />

schon in empirischer Hinsicht unhaltbar ist und das "Lesen" in ihr durch<br />

verhüllt-spiritistische Praktiken zustande kommt, deren Methodik und Ergebnisse<br />

im Widerspruch zur Grundintention und zum Wesen der biblischen<br />

Offenbarung stehen (II.B.l. und 2.).<br />

Was nun die anthroposophische Interpretation der Bibel selber betrifft, so läßt<br />

sie sich als spirituell, okkult und allegorisch kennzeichnen. Sie ist spirituell,<br />

weil sie - im Unterschied zu den rationalistisch und "materialistisch" geprägten<br />

Auslegungsverfahren - eine höhere, "geistige" Dimension hinter den Texten<br />

sucht. An diesem Punkt deutet sie auf Defizite der liberalen Theologie am<br />

Ausgang des 19. Jahrhunderts (besonders um die Jahrhundertwende) hin. Sie<br />

ist okkult, weil sie diese höhere, "verborgene" Wirklichkeit- unabhängig von<br />

der Bibel - in der übersinnlich in der Geisterwelt geschauten Akasha-Chronik<br />

finden will. Und sie ist allegorisch, weil sie diese übersinnlich geschaute<br />

Wirklichkeit - ohne literale Grundlage in der Bibel selber - von außen an die<br />

Schrift heranträgt und Textaussagen häufig gewaltsam und gegen ihren Sinn<br />

uminterpretiert. Dabei erweist sich das "wörtliche Verstehen", wie es anthroposophische<br />

Exegeten unter Außerachtlassung des vom biblischen Kontext<br />

gebotenen Sinns praktizieren, zuweilen als eine Form versteckter Allegorese.<br />

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