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Anthroposophie

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klar und deutlich von zwei Jesusknaben, von einer Trennung zwischen Jesus<br />

und Christus, von Christus als Sonnen- und Erdgeist und ähnlichem die Rede<br />

wäre. Nicht einmal das Einfließen des Blutes in die Erde wird in den Evangelienberichten<br />

über die Kreuzigung ausdrücklich erwähnt, obwohl dies durchaus<br />

so geschehen sein mag (vgl. Joh 19,34) und obwohl dem Blut Jesu in der<br />

biblischen Sühnetradition eine zentrale Bedeutung zukommt (s.u.). Daß aber<br />

die Evangelien den Vorgang des Einfließens des Blutes in die Erde, der Steiner<br />

so wichtig ist, mit Stillschweigen übergehen, weist auf ein grundsätzlich<br />

anderes Verständnis des Golgatha-Ereignisses bei Steiner hin - und dieses<br />

andere Verständnis des Ereignisses von Golgatha beruht auf einem völlig<br />

anderen Verständnis des Christuswesens und -weges.<br />

4.3.4 Die Unvereinbarkeit naturhaft-magischer Vorstellungen<br />

mit den neutestamentlichen Berichten vom Kreuzestod<br />

Das "Mysterium von Golgatha" 103 bei Steiner ist ein naturhaft-magischer<br />

Prozeß. Es tritt mit einer geradezu naturgesetzlichen Notwendigkeit im Laufe<br />

eines Evolutionsprozesses ein. Nach Steiner besitzt das Blut des "Christus<br />

Jesus" an sich eine Kraftwirkung, die sich beim Blut-Erde-Kontakt auf magisch-alchemistische<br />

Weise entfaltet und der sich kein Mensch entziehen<br />

kann. Jeder Mensch, ganz gleich ob er es weiß oder nicht, wird nun im Evolutionsprozeß<br />

fortschreiten und seine höheren Wesensglieder entwickeln. In<br />

der Vorstellung, daß Christus der "Geist der Erde" wird, mündet der Steinersche<br />

emanative "Polytheismus" in einen Pantheismus 104 ein, und die Lehre<br />

vom Abstieg in die Materie und der darauffolgenden Wiedervergeistigung,<br />

die durch den Logos in Gang gerät, entspricht in ihren Grundzügen gnostischer<br />

Spekulation (s.u.).<br />

Vom neutestamentlichen Schriftverständnis her hingegen ist der Kreuzestod<br />

Jesu Christi und das Verhältnis zwischen Gott und Mensch insgesamt als<br />

personales Geschehen zu betrachten. Der Mensch, der sich als Geschöpf von<br />

seinem Schöpfer lossagt, verfällt der Sünde, und "der Lohn der Sünde ist<br />

Tod" (Rom 6,23). Das Todesurteil über die Menschen, die allesamt abgewichen<br />

und unter der Sünde sind und von denen keiner nach Gott fragt (Rom<br />

3,9ff), kann nur durch Sühne aufgehoben werden. Sühne ist "die von Gott<br />

her ermöglichte, im kultischen Geschehen Wirklichkeit werdende und hier<br />

dem Menschen zugute kommende Aufliebung des Sünde-Unheil-Zusammenhangs"<br />

(Bernd Janowski) 105 .<br />

Da es "unmöglich [ist], durch das Blut von Ochsen und Böcken Sünden<br />

wegzunehmen", hat Gott seinen einziggeborenen Sohn Jesus Christus gesandt,<br />

der "durch sein eigenes Blut ein für allemal in das Heilige eingegangen" ist<br />

und "eine ewige Erlösung erworben" hat (Joh 3,16; Hebr 9,12.22; 10,4). Die<br />

Erlösung, die durch dieses stellvertretende Sühnopfer des unschuldigen Got-<br />

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