Anthroposophie
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die unmittelbare Erkenntnis des Geistigen, das "Zeitalter des Geistes" u. ä.<br />
kommt). So bemerkt Kurt Hütten:<br />
"Es wiederholt sich dann, wie die Erfahrung zeigt, immer derselbe Vorgang: Die<br />
'Ergänzung' wird zum Prokrustesbett, auf das die Schrifttexte gespannt werden. Was<br />
nicht zur neuen Lehre paßt, wird ausgeschieden oder umgebogen oder als überholt<br />
bezeichnet." 79<br />
Wir sahen bereits, wie sich diese Vorstellungen in ihren Grundzügen bei der<br />
<strong>Anthroposophie</strong> finden (s. II. B.2. und 3.).<br />
3.1.3 Zusammenfassung<br />
a) Die anthroposophische Bibelauslegung betrachtet die Bibel als zeitbedingt<br />
und relativ in dem Sinne, daß diese nur die Offenbarungen einer "bestimmten<br />
Epoche" im Entwicklungsgang der Menschheit erfaßt und daß dieser<br />
Epoche "geistige Grenzen" gesetzt sind.<br />
b) Der auferstandene Christus gibt aber durch seinen Geist von Epoche zu<br />
Epoche neue Offenbarungen, die nicht durch das Kleben am "Buchstaben"<br />
der Bibel, sondern nur "geistig" erfaßt werden können. Im "Zeitalter des<br />
Geistes" geht die "Buchstabenreligion" zu Ende.<br />
c) Die <strong>Anthroposophie</strong> vertritt somit die Lehre von einer "fortschreitenden<br />
Offenbarung", die mit der Lehre von der "direkten Offenbarung" gekoppelt<br />
ist.<br />
3.2 Theologische Kritik der anthroposophischen Auffassung<br />
3.2.1 Die Einheit von Wort und Geist<br />
Während der Spiritualismus den Geist vom Wort lösen will, sind Wort und<br />
Geist in biblisch-theologischer Sicht eine Einheit. Wort und Geist können<br />
nicht - wie bei Steiner - gegeneinander ausgespielt werden, sondern "Gott<br />
gibt seinen Geist nicht anders als so, daß das äußere Wort vorangeht; also<br />
nicht unmittelbar, 'ohn Mittel', sondern mittelbar" 80 . Wäre der Geist nicht<br />
mehr an das durch die Überlieferung der prophetischen und apostolischen<br />
Zeugen entstandene Bibelwort gebunden, dann wäre der Willkür, der Uneindeutigkeit<br />
und damit der Heillosigkeit Tür und Tor geöffnet. Gott aber "will,<br />
daß alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen"<br />
(l.Tim 2,4) - und das kann nur ermöglicht werden, wenn die Offenbarung<br />
Gottes innerlich klar und eindeutig ist Mit Luther sprechen wir deshalb<br />
von einer "litera spiritualis", einem geisthaltigen Wort und einem wortgebundenen<br />
Geist (s. II. B. 3.). Eine "direkte Offenbarung", ein Sprechen des<br />
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