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Anthroposophie

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) von den Mysterien her auf das Leben Jesu ("Wir könnten also das Jesus-<br />

Leben beschreiben, wenn wir angeben die Stufen, die sonst bei den Einweihungen<br />

durchgemacht wurden"; ebd).<br />

"Deshalb nehmen sich die Evangelien aus wie sozusagen in Weltgeschichte<br />

umgesetzte Einweihungsvorschriften", folgert Steiner (ebd). Am Leben Jesu<br />

läßt sich der Weg der "Einweihung" verfolgen, besonders an Kreuzigung und<br />

Auferstehung, die dem "Stirb und Werde" bei der Mysterieninitiation entsprechen<br />

(vgl. 619,107.126).<br />

Steiner bestreitet somit nicht den historischen Gehalt der biblischen Schriften,<br />

aberer relativiert ihn. Er möchte durch die Historie hindurch in die "Mysterientraditionen"<br />

blicken: "Man schöpfte nicht aus der Geschichte, sondern aus den<br />

Mysterientraditionen" (619,112). K. v. Stieglitz hat Steiners Auffassung von<br />

den Evangelien so kennzeichnen wollen: "Sie sind historischer Bericht im<br />

Mysteriengewand." 30 Wir treffen den Sachverhalt besser, wenn wir diese<br />

Formulierung umdrehen: Die Evangelien sind für Steiner Mysterienmitteilungen<br />

im historischen Gewand. Die Mysterien sind der Kern; das Historische<br />

ist nur die Schale, durch die es vorzustoßen gilt.<br />

2.1.3 Die anthroposophische Definition von "Meditation"<br />

Den Kern, den "Geist" der Schrift nun entdeckt man nicht durch Kritik, sondern<br />

durch Meditation. Der Anthroposoph Rudolf Meyer ruft dazu auf, "das<br />

Bewußtsein aus den Fesseln eines erdverhafteten Intellektualismus freizukämpfen",<br />

um in die Bezirke hinaufzuwachsen, "aus denen Offenbarung<br />

fließt". Das leistet "die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners". "Man kann es<br />

auf die Formel bringen: wo der voreilige Intellekt meint, kritisieren zu müssen,<br />

beginnt sie zu meditieren."* 1<br />

"Meditation" ist ein vielgebrauchtes und vieldeutiges Wort. Was ist in der<br />

<strong>Anthroposophie</strong> damit gemeint? G. Wehr trifft folgende Unterscheidung:<br />

"An dieser Stelle sei nur gesagt, daß unter Meditation nicht das verstanden wird, was<br />

als 'Predigtmeditation' in die theologische Fachsprache Eingang gefunden hat und<br />

dort sachgemäßer als Besinnung über den Text beziehungsweise über die Situation<br />

der Predigthörer bezeichnet würde. Der geisteswissenschaftliche Meditationsweg ist<br />

ein Übungsweg zur Stärkung der Seele ... Rudolf Steiner ... nennt als erste Eigenschaft,<br />

die ausgebildet und geübt werden kann, 'die rückhaltlose, unbefangene Hingabe<br />

an dasjenige, was das Menschenleben oder auch die außermenschliche Welt<br />

offenbaren'." 32<br />

Dann beschreibt Wehr weitere Stufen des Steinerschen Erkenntnisweges, die<br />

durch meditative "Übungen" erstiegen werden sollen. 33 "Meditation" im anthroposophischen<br />

Sinn ist also ein Ausdruck für die Übungshaltung, die auf<br />

das Erringen der "Erkenntnisse höherer Welten" hinzielt - eine Haltung, in<br />

der man sich - wie Steiner schreibt - "zum völlig leeren Gefäß" macht, "sich<br />

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