Anthroposophie
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Verfasser in ein starres, dem Reichtum der Textaussagen widersprechendes<br />
Schema, das der Souveränität und geschichtlichen Lebendigkeit der göttlichen<br />
Offenbarung nicht gerecht wird. Auf den inneren Widerspruch in der<br />
Darstellung Bocks (er unterteilt die Evangelien an einer Stelle in imaginativ,<br />
inspirativ und intuitiv empfangene und ordnet sie an einer anderen Stelle<br />
allesamt der Ebene der "Imagination" zu) haben wir bereits oben im Rahmen<br />
der Darstellung hingewiesen. Ein zusätzliches Beispiel zeigt die Unhaltbarkeit<br />
des anthroposophischen Schemas noch deutlicher auf.<br />
Wie Bock schreibt, findet sich nur in den Schlußkapiteln des Johannesevangeliums<br />
"das NäheTGeheimnis, das der Sphäre der Intuition innewohnt" 21 . Zur<br />
Intuition, zum Einswerden mit dem Geistwesen des Christus (vgl. 601,264f)<br />
komme es durch Berührung mit diesem, etwa als der Lieblingsjünger "an Jesu<br />
Brust" liege (Joh 13,23.25) oder der zweifelnde Thomas den Auferstandenen<br />
"berühren" dürfe (Joh 20,24ff). 22 Die anderen Evangelisten seien höchstens<br />
bis zur Ebene der "Inspiration" aufgestiegen. - Nun findet sich aber nicht nur<br />
im Joh, sondern auch am Ende des Lk die Aufforderung des Auferstandenen,<br />
ihn zu berühren, und damit (gemäß anthroposophischer Definition) der Sachverhalt<br />
der "Intuition": "Sehet meine Hände und Füße, ich bin's selber. Fühlet<br />
mich an (psylaphe"sate) und sehet; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein,<br />
wie ihr sehet, daß ich habe" (Lk 24,39). 23<br />
Die anthroposophische Vorstellung von der Entstehung der biblischen<br />
Schriften ist somit in sich widersprüchlich und darüber hinaus mit dem<br />
biblisch-theologischen Inspirationsverständnis unvereinbar. Sie entspricht<br />
nicht der biblischen Offenbarung, sondern dem anthroposophischen<br />
Erkenntnisweg.<br />
1.2.3 Die Unhaltbarkeit der anthroposophischen Lehre vom<br />
"ewigen Evangelium"<br />
Das "ewige Evangelium", aus dem die einzelnen Evangelisten geschöpft<br />
hätten, ist folgerichtig in der <strong>Anthroposophie</strong> nur eine andere Bezeichnung<br />
für die hellseherisch geschaute Akasha-Chronik. Der in Apk 14,6 gebrauchte<br />
Begriff "euangelion aiönion" läßt sich aber mit der anthroposophischen<br />
Akasha-Chronik nur gewaltsam - durch allegoristische "Eisegese" - in Verbindung<br />
bringen.<br />
Vom gesamtbiblischen Kontext her ergibt sich nämlich, daß das "euangelion<br />
aiönion" die "Wiederaufnahme der Missionspredigt am Ende der Tage" bedeutet<br />
Sie enthält die letzte, gnadenvolle "Aufforderung, Gott als den Schöpfer<br />
der Welt zu fürchten und zu ehren, begleitet von dem Hinweis auf den nahen<br />
Tag des Gerichts" 24 . Die Kennzeichnung dieser Predigt als "aiönios" gibt der<br />
"Einheitlichkeit, Unveränderlichkeit, unvergänglichen Gültigkeit des göttlichen<br />
Ratschlusses" Ausdruck. 25 Eine zeitliche Vorverlegung der Enthüllung<br />
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