Anthroposophie
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1.1.6 Zusammenfassung<br />
a) Anthroposophische Ausleger betrachten die Bibel als etwas "Ganzes" und<br />
betonen die "Einheitlichkeit" der biblischen Schriften.<br />
b) Sie gelangen zu dieser Ansicht aufgrund ihrer Vorstellung über die Entstehung<br />
der Bibel: Die Verfasser haben Erkenntnisse höherer Welten gehabt<br />
und Einblick in die Akasha-Chronik besessen.<br />
c) Die Akasha-Chronik wird - unter Aufnahme joachimitischer Gedanken<br />
und Berufung auf Apk 14,6 - auch mit dem Namen "ewiges Evangelium"<br />
belegt.<br />
d) Die innere Einheit der biblischen Schriften erklärt sich aus dem "einheitlichen<br />
Geist", der in der Akasha-Chronik bzw. in dem "ewigen Evangelium"<br />
herrscht und zu dem die biblischen Verfasser aufgrund ihres "erhöhten<br />
Bewußtseins" Zugang gehabt haben.<br />
e) Äußere Unterschiede im biblischen Schrifttum rühren von der Unzulänglichkeit<br />
des "gewöhnlichen Sinnes- und Verstandesbewußtseins" und den<br />
unterschiedlichen Stufen der Erkenntnis her, welche die biblischen Verfasser<br />
erstiegen haben.<br />
f) Der einheitliche Geist der biblischen Schriften ist nur für den Esoteriker<br />
erkennbar, der ebenfalls den Erkenntnisweg geht und dabei die Bibel "in<br />
einer ganz neuen Weise" liest, nämlich als "Erkenntnisbuch" (139,30 f).<br />
g) Der Exoteriker jedoch, der sie nur hier und da "in einer etwas süßlichsentimentalen<br />
Art" als "Gebrauchsbuch" aufschlägt (naiv-wörtlicher Zugang)<br />
oder mit seiner bibelkritischen "Gelehrsamkeit" in "lauter Fragmente<br />
" auflöst (wissenschaftlicher Zugang), kann schwerlich zur Erkenntnis<br />
ihrer Einheit gelangen (ebd; vgl. II. B. 3.).<br />
1.2 Theologische Kritik der anthroposophischen Auffassung<br />
1.2.1 Die Unvereinbarkeit von anthroposophischem und<br />
biblisch-theologischem Inspirationsbegriff<br />
Die anthroposophische "Inspiration" ist eine Stufe des Steinerschen Erkenntnisweges,<br />
eine "Stufe des erhöhten Bewußtseins und Erkennens, in das<br />
der Mensch sich erheben kann" (Ev,48). Manche biblischen Verfasser seien<br />
bis zu dieser Stufe, manche auch zu anderen Stufen übersinnlicher Erkenntnis<br />
(Imagination, Intuition) emporgestiegen. Sie seien Eingeweihte gewesen,<br />
die in Kontinuität zu den Eingeweihten der heidnischen Mysterienreligionen<br />
gestanden hätten (s. o.).<br />
Im Gegensatz hierzu ist der biblisch-theologische Inspirationsbegriff nicht<br />
auf einzelne Teile der Bibel beschränkt. Der Geist Gottes läßt sich nicht<br />
quantifizieren und in unterschiedlichem Maß auf verschiedene biblische<br />
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