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Anthroposophie

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Wenn die Weltzeit des Geistes da ist, wird der Geist ein "ewiges Evangelium"<br />

offenbaren. Dieses wird durch die vollkommene, "geistbestimmte Erkenntnis"<br />

(intelligentia spiritualis) erfaßt. In Apk 14,6 ist von dem Engel die Rede, der<br />

ein ewiges Evangelium bringt. "Ein geschriebenes Evangelium ist dann unnötig<br />

... Doch ist zu beachten, daß es sich [sc. beim 'ewigen Evangelium']<br />

wesentlich nicht um ein anderes, sondern um ein tiefer verstandenes Evangelium<br />

gegenüber der Zeit des Sohnes handelt." 6<br />

Wir entdecken bei J. v. Fiore mehrere Kennzeichen einer spirituellen Interpretation,<br />

die uns sowohl in der späteren Kirchengeschichte 7 als auch in der<br />

anthroposophischen Bibelauslegung 8 immer wieder begegnen:<br />

a) Es gibt ein unsichtbares "ewiges Evangelium" als Urbild der geschriebenen<br />

Evangelien.<br />

b) Das "ewige Evangelium" wird erkannt, indem uns der "Geist" zur "vollkommenen<br />

Erkenntnis" führt.<br />

c) Im Zeitalter des Geistes oder der "johanneischen Kirche" 9 ist die "Buchstabenreligion"<br />

zu Ende 10 .<br />

d) Die geschriebenen Evangelien und die anderen biblischen Urkunden sind<br />

für denjenigen im Grunde unnötig, der den direkten Zugang zum Geist hat.<br />

e) Dennoch treten sie (als unvollkommene Abbilder) nicht in Widerspruch<br />

zum "ewigen Evangelium" (als vollkommenem Urbild), sondern werden<br />

von letzterem her erst in ihrem eigentlichen, tieferen Sinn erschlossen. Ihre<br />

zunächst noch verborgene innere Einheit wird offenbar.<br />

1.1.3 Der anthroposophische Inspirationsbegriff<br />

Der zweite wichtige Begriff im Text von G. Wehr lautet "Inspiration". Was<br />

ist in der <strong>Anthroposophie</strong> damit gemeint?<br />

E. Bock definiert "Inspiration" als "eine Stufe des erhöhten Bewußtseins<br />

und Erkennens, in das der Mensch sich erheben kann" (Ev,48). "Inspiration"<br />

wird also ganz im Steinerschen Sinn aufgefaßt: als eine Stufe des anthroposophischen<br />

Erkenntnisweges (s. II.B.l.). Der Mensch erweitert sein Bewußtsein<br />

und dringt dadurch in die übersinnlichen Welten ein.<br />

Auch die biblischen Schriften sind nach Bocks Ansicht so entstanden - und<br />

können auch nur so verstanden werden: "Man muß selber Anteil haben an<br />

der Welt eines inspirierten Erkennens, um den inspirierten Charakter einer<br />

Schrift oder eines Kunstwerkes erkennen und Grade der Inspiration unterscheiden<br />

zu können" (Ev,70). Diese Fähigkeit jedoch ist "in inspirationslosen<br />

Zeiten" und "im Zeitalter materialistischen Denkens" verlorengegangen, so<br />

daß man mehr und mehr von einer organischen zu einer mechanischen<br />

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