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Anthroposophie

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In ähnlicher Weise spricht E. Bock im Blick auf die Evangelien im Neuen<br />

Testament von "Kunstwerken" und ihrer Komposition durch übersinnliche<br />

Welten:<br />

"Die Evangelien sind Kunstwerke; aber sie sind zugleich unendlich viel mehr: sie<br />

sind Kunstwerke Gottes. Wer ihre höhere Figur erkennt, schaut in ein Symbolum<br />

hinein, das in seiner Ordnung und Komposition die heiligen Ordnungen und Gesetze<br />

einer höheren, göttlichen Welt offenbart, die wesenhaft in und über der Sinneswelt<br />

den großen Leib Gottes bildet" (Ev,45).<br />

Treten solche Ausführungen in Gegensatz zur historisch-kritischen Exegese<br />

- insbesondere zur formgeschichtlichen Forschung - in der Theologie? G.<br />

Wehr verneint dies und versucht, eine "Synthese" herbeizuführen, die freilich<br />

in Wirklichkeit eine Abgrenzung der jeweiligen "Zuständigkeitsbereiche"<br />

darstellt. Er schreibt:<br />

"Zweifellos hat jede historisch-kritische Arbeit ihre Berechtigung, solange die aus<br />

ihren Ergebnissen zu ziehenden Schlüsse keine Metabasis, keine Grenzüberschreitungen<br />

in einen anderen Zuständigkeitsbereich hinein bedeuten. Die Frage nach dem<br />

Geistursprung eines Textes, sowohl seines Sinngehaltes nach [sie] wie im Hinblick<br />

auf die 'spirituell-künstlerische' Seite seiner Gestaltung, bleibt noch unbeantwortet,<br />

wenn der Literarhistoriker sein Votum über eine Perikope abgegeben hat." 1<br />

Der exoterisch arbeitende Theologe - dieser Gedanke steckt dahinter - sei<br />

nämlich nicht in der Lage, hinter die literarische Gestalt und schon gar nicht<br />

hinter die mündliche Tradition zurückzufragen, was der Esoteriker hingegen<br />

aufgrund seiner übersinnlichen Erkenntnis ohne weiteres könne. So schreibt<br />

Wehr weiter:<br />

"Die literarische Gestalt, selbst - sofern erschließbar - die Form der mündlichen<br />

Tradition, ist bereits ein Fertiges, Abgeschlossenes. Der schöpferische Impuls, die<br />

wortschöpferische Inspiration, das 'bibelstiftende Bewußtsein' muß zuvor am Werk<br />

gewesen sein ... Die eigentliche Autorschaft liegt gar nicht beim Aufschreibenden,<br />

sondern kommt durch Wirkungen aus einer anderen Sphäre zustande... So kann sich<br />

die formgeschichtliche Forschung ... von einer spirituellen Betrachtung befruchten<br />

lassen, die über die literarische und mündliche Überlieferung der Evangelien hinaus<br />

zu dem ewigen Evangelium des Christus vorstoßen will." 2<br />

Zwei wichtige Begriffe sind hier angeklungen: "Inspiration" und "ewiges<br />

Evangelium". Wir betrachten zunächst den zweiten Begriff.<br />

1.1.2 Das "ewige Evangelium" hinter den Evangelien<br />

Die anthroposophische Bibelauslegung geht davon aus, daß hinter den geschriebenen<br />

"Evangelien" 3 ein einheitliches, nicht schriftlich fixiertes, nur<br />

in den höheren Welten existierendes Ur-Evangelium, das "ewige Evangelium<br />

" steht, aus dem die einzelnen Evangelisten und Verfasser heiliger Schrif-<br />

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