Anthroposophie
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Steinerschen Deutung abrückt und Gen 13,16; 15,5 und 22,17 ebenfalls<br />
numerisch deutet: "Unzählbar groß soll seine Nachkommenschaft sein -<br />
wie die Staubkörner der Erde, wie der Sand am Meeresufer, wie die Sterne<br />
des Himmels." 132<br />
e) Nach Steiner verlangt das griechische Wort "autön" in der ersten Seligpreisung<br />
(Mt5,3) folgende Deutung: "'In ihnen selbst' - oder 'durch sich<br />
selbst' - 'werden sie haben die Reiche der Himmel'" (123,270). - Diese<br />
Deutung widerspricht jedoch dem Wortsinn und Kontext, denn bei der<br />
Formulierung "autön estin" handelt es sich um einen Genitivus possesivus:<br />
"Ihrer ist [bzw. ihnen gehört] das Königtum [Singular!] der Himmel." 133<br />
Hätte Steiner recht, dann müßte es "en autois" o.a. heißen, was aber nicht<br />
der Fall ist.<br />
f) Der Ausdruck in Mt 7,29, daß Jesus lehrte "hös exusiah echön", bedeutet<br />
nach Steiner:"... er lehrte die, welche da in den Synagogen saßen, wie ein<br />
'Exusiai', wie eine Gewalt, wie eine Offenbarung" (124,1100- Die<br />
"Exusiai" sind ein Glied der anthroposophischen Geisterhierarchie (s. hierzu<br />
III.B.l.). - Doch auch diese "Übersetzung" Steiners hat keinerlei Anhaltspunkt<br />
im Text: "Exusian" ist nicht Nominativ, sondern Akkusativ,<br />
der von "echön" abhängt. Der Nominativ müßte zudem "exusfä" heißen.<br />
Die korrekte Übersetzung lautet: "Er lehrte sie wie einer, der Vollmacht<br />
hat" - im Gegensatz zu den Schriftgelehrten, die diese Vollmacht nicht<br />
haben, wie der matthäische Gesamtkontext ergibt. 134<br />
"Auslegungen" wie die eben beschriebenen kommen offensichtlich durch<br />
das Denken in "großen Zusammenhängen" und die damit verbundene Vernachlässigung<br />
der philologischen Detailarbeit im Ausbildungs- und Berufsgang<br />
der betreffenden Autoren zustande, wie sich etwa in den Biographien<br />
Steiners und Bocks deutlich zeigt (s. 1.1.2 und 3.3). Doch werden solche<br />
"Exegesen" häufig auch bewußt konstruiert. Wie das geschehen kann, hat<br />
Steiner selber an einer- gegen Arthur Drews gerichteten - "Satyre" aufgezeigt.<br />
Um zu "beweisen", daß Napoleon nie gelebt habe, könne man z.B.<br />
folgendermaßen verfahren:<br />
"'Napoleon' hat den Namen des Sonnengottes 'Apollon'. Nun bedeutet ein 'N' vor<br />
dem Namen im Griechischen nichteine Verneinung, sondern eine Verstärkung; daher<br />
wäre 'Napoleon' - N'Apollon - sogar eine Art 'Ueber-Apollon'. Dann kann man<br />
weiter gehen und eine merkwürdige Aehnlichkeit finden: Denken Sie daran, was der<br />
Erfinder des nichtexistierenden Jesus, der deutsche Philosophie-Professor Drews,<br />
herausfindet als Aehnlichkeit solcher Namen wie Jesus, Joses, Jason usw.... So kann<br />
man merkwürdige Namenanklänge herausfinden zwischen der Mutter des Napoleon<br />
- Lätitia - und der Mutter des Apollon - Lato. Man kann weiter gehen und sagen:<br />
Apollon, die Sonne hat um sich zwölf Sternbilder: Napoleon hatte um sich zwölf<br />
Marschälle, die nichts weiter sein sollen als symbolische Ausdrücke für die sich um<br />
die Sonne herumgliedernden Tierkreisbilder. Aber nicht umsonst hat der Held des<br />
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