Anthroposophie
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und die Ergebnisse der [anthroposophischen; d. Verf.] Geistesforschung"<br />
(11,27). Diese Tendenz der umfassenden, höchst spekulativen, angeblich<br />
"organischen" Harmonisierung ist typisch für die <strong>Anthroposophie</strong>.<br />
Da diese Harmonisierung, wie gezeigt, jedoch nicht ohne weiteres gelingt,<br />
muß die Akasha-Chronik die Rolle der "Richterin" übernehmen. Die biblischen<br />
Texte sind daraufhin so lange "aufzufüllen" (bzw. ihr Wortlaut ist so<br />
lange umzudeuten), bis sie den Mitteilungen aus der Akasha-Chronik entsprechen.<br />
R. Frieling formuliert das so:<br />
"Das Zunächstliegende soll man nicht weg-deuten, man soll es nur tief genug nehmen.<br />
Man braucht nichts Fremdes in die Dinge hineinzuinterpretieren, aber das Vergängliche<br />
ist Gleichnis, und hinter dem Vordergründigen erscheint in der Ferne das<br />
Ungeheure, das Weltengroße." 123<br />
Wenn diese "Tiefendeutung" jedoch in so große "Ferne" zum biblischen<br />
Wortlaut gerät, daß ihr nicht nur jeder inhaltliche Bezug zu diesem fehlt,<br />
sondern sie darüber hinaus in direkten Widerspruch zu ihm tritt, dann führt<br />
sie sich selber ad absurdum. Dann zeigt sich, daß doch Fremdes an das "Zunächstliegende"<br />
des Wortlauts herangetragen worden ist.<br />
3.2.5 Philologische Fehler<br />
Das "Auffüllen" der "altheiligen Texte" geschieht, indem die "schöpfungsgemäße<br />
Bedeutungs-Fülle" der darin enthaltenen Begriffe wieder hergestellt<br />
werden soll:<br />
"Nicht darauf kommt es an, jeweils eine bestimmte Bedeutung lexikologisch zu fixieren<br />
und etikettenmäßig aufzukleben, sondern darauf, die schöpfungsgemäße<br />
Bedeutungs-Fülle wieder herzustellen." 124<br />
Wo jedoch einem Wort eine Fülle von Bedeutungen beigelegt wird, steht<br />
die Tür zu subjektiv-willkürlicher Auslegung weit offen. Eindeutigkeit- und<br />
damit die Möglichkeit zur Argumentation - wird hingegen nur durch die<br />
lexikologische und kontextuale Festlegung des Wortsinns gewährleistet.<br />
Da die anthroposophische Exegese die Tätigkeit "blossefrj Philologen" geringachtet<br />
(vgl. z. B. 103,17f)» verwundert es nicht, daß ihr Fehler unterlaufen,<br />
die bei einem Ernstnehmen des Wortsinns und ernsthaftem philologischen<br />
Bemühen so kaum geschehen würden. Darauf haben Werner Foerster und<br />
Guenther Siedenschnur anhand mehrerer Beispiele aus der anthroposophischen<br />
Literatur hingewiesen. 125 Foerster bemerkt im Blick auf die anthroposophische<br />
Auslegungsmethode:<br />
"Will man hier folgen, so muß man allerdings seine griechischen und hebräischen<br />
Kenntnisse und was man aus der Zeitgeschichte weiß, zu Hause lassen und sich den<br />
Geistesforschungen Steiners willig und kritiklos beugen." 126<br />
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