Anthroposophie

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29.12.2012 Aufrufe

Der Erstsinn, der einem Text beigelegt wird, ist nun freilich auch keine "objektive" Größe, sondern hängt - um mit Th.S. Kuhn 106 zu reden - von dem "Bezugsrahmensystem" oder "Paradigma " ab, in dem der Interpret steht. Das Paradigma wiederum wird von der jeweiligen Weltanschauung bestimmt. Daraus folgt: was für Steiner der Erstsinn und somit "wörtlich" zu nehmen ist, wird von seiner Weltanschauung bestimmt. Daraus folgt weiter: wer in Steiners Weltanschauung nicht "drinnen" steht und etwa von einem "naiv-wörtlichen" Standpunkt herkommt, wird Steiners Auslegung nicht als "wörtliche", sondern als "symbolische" oder "allegorische" ansehen. Welche Bezeichnung gewählt wird, ist also eine Frage des Ausgangspunktes. Das erklärt nun auch ein Stück weit, warum Steiner wechselnde und scheinbar einander widersprechende Bezeichnungen für seine Auslegungsweise wählt (von seinem Denken in nichttheologischen Kategorien und einer generellen sprachlichen Ungenauigkeit - es handelte sich meist um freie Rede 107 - abgesehen; s.o.). Wir differenzieren folgendermaßen: Wenn Steiner vom Esoteriker (Eingeweihten) her denkt, spricht er von "wörtlicher" Auslegung. Wenn er vom Exoteriker (Nichteingeweihten) her denkt, spricht er von "symbolischer" Auslegung. Was dem Esoteriker wörtlich "einleuchtet", ist für den Exoteriker nur im Weg über das Symbol (andeutungsweise) zu verstehen. Was für den Esoteriker Erstsinn ist, ist für den Exoteriker (möglicher und durch den Esoteriker zu erschließender) Zweitsinn. Was für den Exoteriker Erstsinn ist, ist für den Esoteriker eine veräußerlichte, materialistische oder bestenfalls in der imaginativen Ebene des Symbols steckenbleibende Auslegung. 3.1.3 Zusammenfassung und Schaubild Folgendes Schaubild möge die Zusammenfassung des bisher Herausgearbeiteten illustrieren (s. nächste Seite). 104

(A) Esoteriker okkultwörtlich V symbolisch allegorisch A (B) Exoteriker (3) Erstsinn (okkultwörtlich) (2) Zweitsinn (allegorisch) (1) Erkenntnisse höherer Welten (2) Weltanschauung/ Paradigma spirituelle Interpretation (1) Erstsinn (naiv-wörtlich/ wissenschaftlich) (2) Zweitsinn (symbolisch) Akasha-Chronik Geist der Schrift Buchstabe/ Historie der Schrift Übereinstimmung 105

Der Erstsinn, der einem Text beigelegt wird, ist nun freilich auch keine "objektive"<br />

Größe, sondern hängt - um mit Th.S. Kuhn 106 zu reden - von dem<br />

"Bezugsrahmensystem" oder "Paradigma " ab, in dem der Interpret steht. Das<br />

Paradigma wiederum wird von der jeweiligen Weltanschauung bestimmt.<br />

Daraus folgt: was für Steiner der Erstsinn und somit "wörtlich" zu nehmen ist,<br />

wird von seiner Weltanschauung bestimmt. Daraus folgt weiter: wer in Steiners<br />

Weltanschauung nicht "drinnen" steht und etwa von einem "naiv-wörtlichen"<br />

Standpunkt herkommt, wird Steiners Auslegung nicht als "wörtliche", sondern<br />

als "symbolische" oder "allegorische" ansehen.<br />

Welche Bezeichnung gewählt wird, ist also eine Frage des Ausgangspunktes.<br />

Das erklärt nun auch ein Stück weit, warum Steiner wechselnde und scheinbar<br />

einander widersprechende Bezeichnungen für seine Auslegungsweise wählt<br />

(von seinem Denken in nichttheologischen Kategorien und einer generellen<br />

sprachlichen Ungenauigkeit - es handelte sich meist um freie Rede 107 - abgesehen;<br />

s.o.). Wir differenzieren folgendermaßen:<br />

Wenn Steiner vom Esoteriker (Eingeweihten) her denkt, spricht er von "wörtlicher"<br />

Auslegung. Wenn er vom Exoteriker (Nichteingeweihten) her denkt,<br />

spricht er von "symbolischer" Auslegung.<br />

Was dem Esoteriker wörtlich "einleuchtet", ist für den Exoteriker nur im<br />

Weg über das Symbol (andeutungsweise) zu verstehen.<br />

Was für den Esoteriker Erstsinn ist, ist für den Exoteriker (möglicher und<br />

durch den Esoteriker zu erschließender) Zweitsinn.<br />

Was für den Exoteriker Erstsinn ist, ist für den Esoteriker eine veräußerlichte,<br />

materialistische oder bestenfalls in der imaginativen Ebene des Symbols<br />

steckenbleibende Auslegung.<br />

3.1.3 Zusammenfassung und Schaubild<br />

Folgendes Schaubild möge die Zusammenfassung des bisher Herausgearbeiteten<br />

illustrieren (s. nächste Seite).<br />

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