11.07.2024 Aufrufe

missio magazin Ausgabe 6/2022

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hausbewohner gegangen<br />

DE GAULE AKEL<br />

„Das ist für mich<br />

wie betteln.“<br />

geprägt hatte. Schon lange ist nichts mehr<br />

vom einstigen Glanz Beiruts übrig. Bürgerkrieg,<br />

Krisen und Misswirtschaft haben<br />

tiefe Spuren im ganzen Land hinterlassen.<br />

Zuletzt zwangen die Beschränkungen<br />

der Pandemie die Bürger wirtschaftlich<br />

in die Knie. Und als die Beiruter<br />

dachten, dass nichts mehr ihre miserable<br />

Lage toppen könne, explodierten im August<br />

vor zwei Jahren knapp 3000 Tonnen<br />

nachlässig gelagertes Ammoniumnitrat<br />

im Hafen. Die Wunden klaffen bis heute<br />

tief, im Stadtbild und in den Herzen der<br />

Bewohner.<br />

De Gaule Akel lebt noch immer in dem<br />

Haus, in dem er vor 70 Jahren geboren<br />

wurde. Dreimal ging es in Flammen auf,<br />

zum Beispiel als es während des Bürgerkriegs<br />

Anfang der 1980er Jahre plötzlich<br />

nahe der Frontlinie lag, die Beirut in einen<br />

muslimisch geprägten Westen und einen<br />

christlichen Osten teilte. Dreimal half er<br />

mit, das Haus wieder aufzubauen. Heute<br />

ist er der letzte Bewohner. Er hat sich in<br />

jene drei Zimmer zurückgezogen, die früher<br />

einmal Dachboden waren. Bunte Plastikeimer<br />

stehen herum; es regnet durch das<br />

marode Dach. In einer alten, aber sorgsam<br />

polierten Vitrine erinnern Bilder an die<br />

guten Jahre: Al Burj, der märchenhafte<br />

Platz. Der Vater. Nichten, die längst im<br />

Ausland leben.<br />

Zahllose Graffiti entlang der Hafenmauer klagen die Missstände an.<br />

<strong>missio</strong> 6/<strong>2022</strong> |<br />

17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!