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8-2024

Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik

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Quantencomputing<br />

Quantencomputing – Hope oder Hype?<br />

Der Versuch eines neutralen Blicks auf eine mögliche Zukunftstechnologie<br />

Im Juni 2021 wurde in Deutschland bei IBM<br />

der erste Quantencomputer eingeweiht. Das<br />

Interesse war riesengroß. Große Summen an<br />

Forschungsgeldern werden bereitgestellt, denn<br />

Quantencomputern werden unvorstellbare Leistungen<br />

nachgesagt oder besser vorhergesagt.<br />

Quantische Nobelpreisträger unter sich. Vlnr: Walther Nernst (Chemie 1920 - Thermomagnetischer<br />

Effekt), Albert Einstein (Physik 1921 - Photoelektrischer Effekt), Max Planck (1918 - Wirkungsquantum),<br />

Robert Millikan (Physik 1923 - Elektronenladung), Max von Laue (Physik 1914 - Interferenz der<br />

Röntgenstrahlen) © Gemeinfrei; mit freundlicher Genehmigung der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

Vergangenes Jahr wurden drei Wissenschaftler<br />

mit dem Nobelpreis für Physik geehrt. Ihr gemeinsames<br />

Verdienst: In grundlegenden Experimenten<br />

haben sie weit verbreitete und populäre<br />

Zweifel an der Struktur und an der Interpretation<br />

der Quantentheorie ausgeräumt. Ihre Arbeiten<br />

haben zu technischen Umsetzungen geführt,<br />

die früher einfach nicht vorstellbar waren. Eine<br />

Nachrichtenübermittlung, die aus Gründen von<br />

Naturgesetzen abhörsicher ist, oder das Beamen,<br />

gab es zuvor nur in Science-Fiction-Filmen. Vor<br />

allem trugen ihre Versuche für ein besseres Verständnis<br />

grundlegender Wirk mechanismen bei.<br />

So zeigten sie, dass die Quantentheorie nicht<br />

auf den Bereich Mikrophysik beschränkt ist, sondern<br />

dass Quanten effekte auch über mehrere<br />

hundert Kilometer Entfernung auftreten.<br />

Autoren:<br />

Günter Kornmann<br />

Tom Weber<br />

Der Anfang<br />

Der Einstieg in die Quantentheorie begann<br />

1899. Max Planck (Bild 1) zeigte, dass Strahlung<br />

nur in Quanten emittiert werden kann und<br />

entdeckte damit das Wirkungsquantum als fundamentale<br />

Naturkonstante. Einstein postulierte<br />

1905, dass Strahlung auch als ein Strom von Teilchen<br />

verstanden werden muss. Damit beschrieb<br />

er den photoelektrischen Effekt, wofür er 1921<br />

den Physik-Nobelpreis erhielt (und nicht, wie oft<br />

behauptet, für seine Relativitätstheorien), Bild 2.<br />

Die Beziehung zwischen Teilchen und Wellen<br />

- der Dualismus - ist der eigentliche Kern der<br />

Quantenstrukturen. Auf dieser Grundlage wurden<br />

technische Lösungen entwickelt, die unseren<br />

Alltag seitdem stark verändert haben: Computer<br />

und Smartphones oder medizinische Geräte<br />

wie Kernspin-Tomographen.<br />

Bild 1: Prinzip des (äußeren) photoelektrischen<br />

Effekts: Die Bestrahlung mit kurzwelligem Licht<br />

löst Elektronen aus einer Oberfläche heraus. Auf<br />

diesem Effekt beruht jede Solarzelle.<br />

© Energie-experten.org<br />

Was hat es mit der Quantentheorie<br />

auf sich?<br />

Ist das jetzt eine begründete Hoffnung auf eine<br />

neue Ära der Computertechnik oder ein bloßer<br />

Hype, der bald vorübergeht? Damit jeder sich sein<br />

eigenes Bild machen kann, fokussiert sich dieser<br />

Artikel auf die grundlegenden Voraus setzungen<br />

und Strukturen auf Grundlage der physikalischen<br />

Zusammenhänge. Daraus ergeben sich die für<br />

diese Technologie erforderlichen Rechner-Architekturen,<br />

welche hier ebenfalls möglichst einfach<br />

und anschaulich umrissen werden.<br />

Quantentheorie<br />

Die Quantentheorie basiert auf Effekten, welche<br />

in der klassischen Physik nicht vorkommen und<br />

damit auch nicht sofort verständlich sind. Ein<br />

erstes Beispiel: Die Messung eines Quantenzustands<br />

beeinflusst die Messung selbst. Auf<br />

der Quantenebene kann man also nicht sicher<br />

sagen, welchen Einfluss der Messaufbau auf<br />

das Ergebnis hat.<br />

Moleküle<br />

Ein weiteres Beispiel: Moleküle, aufgebaut aus<br />

Atomen und über quantentheoretische Mechanismen<br />

entstanden, kann man daher auch als<br />

quantenmechanische Objekte verstehen. Sie<br />

haben oft völlig andere Eigenschaften als die<br />

ursprünglichen Atome. Wasser verhält sich völlig<br />

anders als Wasserstoff und Sauerstoff. Beispielsweise<br />

ist es nicht brennbar - was weder<br />

für Sauerstoff noch für Wasserstoff gilt. Daher<br />

wird die Quanten theorie oft auch die Physik der<br />

Chemie bezeichnet.<br />

Zurück zum eigentlichen Thema und unserer<br />

Einschätzung: Quantencomputer werden die<br />

klassischen Rechner nicht ersetzen - aber die<br />

Ko existenz wird sehr fruchtbar sein. Wie wir zu dieser<br />

Einschätzung kommen, lesen Sie nachfolgend.<br />

Quantencomputing –<br />

ein spannendes Konzept<br />

Für die Forschung an Quantencomputern<br />

stehen weltweit Milliarden zur Verfügung - entsprechend<br />

wird intensiv geforscht und an den<br />

technischen Herausforderungen gearbeitet.<br />

Das ist offensichtlich auch nötig. So beschreibt<br />

etwa Wikipedia einen Quantencomputer als „ein<br />

überwiegend noch theoretisches Konzept mit<br />

ersten speziellen und funktional eingeschränkten<br />

Prototypen”.<br />

20 PC & Industrie 8/<strong>2024</strong>

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