8-2024
Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik
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Künstliche Intelligenz<br />
Effiziente Kontrolle durch synthetisch generierte Trainingsdaten<br />
Der KI auf die Sprünge helfen<br />
Damit KI-Anwendungen auch in der verarbeitenden Industrie Fuß fassen können, muss sich deren Training leichter<br />
gestalten – beispielsweise mit synthetisch generierten Trainingsdaten. Alle Bilder © Fraunhofer IGD<br />
Autor:<br />
Prof. Dr.-Ing. André Stork<br />
Branchenleiter Automotive<br />
Fraunhofer IGD<br />
www.igd.fraunhofer.de<br />
Künstliche Intelligenz (KI) kann<br />
Produktionsprozesse effizienter,<br />
flexibler und zuverlässiger machen.<br />
Für ihr Training benötigen Unternehmen<br />
üblicherweise jedoch große<br />
Datenmengen von fehlerhaften und<br />
einwandfreien Produkten. Neue<br />
Methoden bei der Erstellung von<br />
Trainingsdaten für neuronale Netze<br />
lösen diese Herausforderung. Für<br />
die Industrie bedeutet dies einen<br />
bedeutenden Schritt nach vorn: KIbasierte<br />
Qualitätssicherung wird<br />
zugänglicher und erschwinglicher.<br />
Herausforderung:<br />
KI trainieren<br />
Generative KI bereichert bereits<br />
den Alltag vieler Menschen, Industrieunternehmen<br />
stehen bei der Implementierung<br />
dieser Technologie<br />
jedoch vor einer Herausforderung:<br />
Für das Training der KI benötigen<br />
sie nicht nur Bilder einwandfreier<br />
Produkte (OK-Daten) – sondern<br />
auch hunderte Bilder von Mängelexemplaren<br />
(NOK-Daten). Was<br />
eigentlich von Vorteil ist, wird in diesem<br />
Fall zur Hürde. Denn grundsätzlich<br />
soll die Produktion möglichst<br />
wenig mangelhafte Stücke hervorbringen.<br />
Ansätze wie das Training<br />
allein mit OK-Daten und die synthetische<br />
Generierung von Trainingsdaten<br />
auf Basis von CAD-Daten<br />
können die Herausforderung lösen.<br />
Mit CAD-Daten künstliche<br />
Trainingsbilder generieren<br />
Stehen Anwender zu Beginn eines<br />
Fertigungsprozesses, existieren noch<br />
keine realen Fotos – weder OK- noch<br />
NOK-Daten. Das Fraunhofer-Institut<br />
für Graphische Datenverarbeitung<br />
IGD forscht an Verfahren, mit virtuellen<br />
Kameras aus diversen Perspektiven<br />
und Orientierungen Bilder<br />
der dreidimensionalen Modelle auf<br />
Basis von CAD-Daten zu generieren.<br />
Anschließend versehen sie<br />
das Bauteil virtuell mit unterschiedlichen<br />
Materialien und dann einer<br />
Vielzahl an Hintergründen. „So lassen<br />
sich innerhalb kürzester Zeit<br />
zahlreiche Bilder erzeugen und<br />
Trainings datenbanken aufbauen,<br />
ohne je reale Fotos hinzufügen zu<br />
müssen“, erklärt Holger Graf, Abteilungsleiter<br />
Virtual und Augmented<br />
Reality am Fraunhofer IGD.<br />
Beispiele<br />
Das Prüfsystem hat im Betrieb<br />
den realen Aufbau und die Produktkonfiguration<br />
noch nie zuvor ge sehen<br />
– und kann dennoch das Objekt<br />
erkennen, klassifizieren und dessen<br />
Lage schätzen. Zudem verkürzt<br />
der Ansatz die Umrüstzeit des Prüfsystems<br />
auf beliebige Varianten.<br />
Das Fraunhofer IGD entwickelte<br />
die Technologie insbesondere für<br />
die Zusammenbau- oder Bauzustandskontrolle<br />
im Automobilund<br />
Nutzfahrzeug-Bau sowie bei<br />
der Betriebsmittel fertigung. Ein<br />
weiteres Beispiel zeigt die Anwendung<br />
der Lösung in der Fertigung<br />
von Airbagzündern: Hier kommt der<br />
automatisierten, optischen Qualitätskontrolle<br />
eine besondere Bedeutung<br />
zu: Das Endprodukt hat eine hohe<br />
Sicherheitsrelevanz und kann zudem<br />
nicht abschließend getestet werden<br />
– die Airbags sind nach einmaligem<br />
Auslösen nicht mehr zu verwenden.<br />
Optimal klassifizieren<br />
allein mit OK-Daten<br />
In anderen Anwendungsfällen kann<br />
die Qualitätsprüfung nicht anhand<br />
der CAD-Daten erfolgen. Das liegt<br />
daran, dass diese entweder nicht<br />
vorliegen oder dass nicht das Produkt<br />
in seinem Ursprungszustand,<br />
sondern sein Erscheinungsbild nach<br />
einer Belastungsprobe beurteilt werden<br />
soll. In der Konsequenz müssen<br />
die Unternehmen ihre KI-Systeme<br />
mit Realdaten trainieren. Um auf die<br />
Vielzahl an NOK-Daten verzichten zu<br />
können, entwickelte Ulrich Krispel mit<br />
seinem Team von Fraunhofer Austria<br />
eine Lösung, die allein aus OK-<br />
Daten lernt. Diese wurden im Sinne<br />
des Produktionsbetriebes als „in<br />
Ordnung“ qualifiziert, müssen also<br />
nicht nachbearbeitet oder aussortiert<br />
werden. Das Verfahren lernt<br />
also eine Variation der Normalität<br />
und erkennt schließlich auch Abweichungen<br />
davon. So kann die KI auch<br />
zuvor nicht ge sehene Fehler finden.<br />
Denn wird die KI klassisch mit NOK-<br />
Daten trainiert, ist das ein bekanntes<br />
Problem: Sie kann nicht angemessen<br />
reagieren, wenn sie mit einem<br />
Bild konfrontiert wird, das außerhalb<br />
der bekannten Fehlerklassen<br />
10 PC & Industrie 8/<strong>2024</strong>