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Aktuell Obwalden | KW 28 | 11. Juli 2024

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AKTUELL<br />

IM ARCHIV<br />

DieSache mitdem «s»<br />

Werinalten Medien wiedem «Volksfreund» blättert,tut sich zuweilen<br />

etwasschwermit flüssigemLesen.Ein Grund dafürist dieFrakturschriftmit<br />

drei unterschiedlichen Variantendes Buchstabens«s».<br />

Deutsche Staatsbürger, die in die<br />

Schweiz ziehen, können eine Rechtschreibregel,<br />

die ihnen in der Schule<br />

eingetrichtert wurde, getrost vergessen. Den<br />

Buchstaben «ß»–auch Eszett oder scharfes<br />

Sgenannt –gibtesbei uns nicht. Statt«Fußball»<br />

schreibt man bei uns einfach «Fussball».<br />

InDeutschland heisst es im Präsens<br />

«wir essen», im Präteritum dagegen «wir<br />

aßen». In der Schweiz bleibt die Schreibweise<br />

gleich:«wiressen»und «wir assen».<br />

Das «ß» nutzt man inDeutschland nach<br />

einem langen Vokal –deshalb «aßen» nach<br />

langem «a», aber «essen» nach kurzem «e».<br />

Zudem braucht es ein «ß» nach einem Doppelvokal<br />

(Diphthong) wie etwa in den Wörtern<br />

«Fleiß»oder«außen».Inder Schweizist<br />

das alles einerlei. Unsinnig ist der Gebrauch<br />

des «ß» aber keineswegs. Inder Schweiz<br />

ist das geschriebene Wort «Busse» ohne<br />

Kontext zweideutig. Es kann die Mehrzahl<br />

von«Bus» sein,aberaucheineStrafzahlung<br />

(z.B.Parkbusse). In Deutschlandgibteskein<br />

Missverständnis. Die Mehrzahl von «Bus»<br />

heisst «Busse» (kurzes «u»), eine Strafzahlung<br />

dagegenist eine «Buße» (langes«u»).<br />

Verfaſſung,nicht Verfaffung<br />

Interessanterweise war das «ß» in der<br />

Schweiz nicht immer fremd. Wer beispielsweise<br />

inalten Zeitungen wie dem «Obwaldner<br />

Volksfreund» oder inamtlichen Dokumenten<br />

im Staatsarchiv schmökert, trifft<br />

sehr wohl aufdas Eszett. Damitnicht genug:<br />

Neben dem «ß» entdeckt man auch das «ſ»<br />

(langes «s») sowie das bis heute gebräuchliche<br />

«s»(rundes «s»).Insgesamt begegnen<br />

uns also drei Varianten. Für ungeübte Leser<br />

erschwert vor allem das lange «s» den Lesefluss,<br />

weil es dem «f» sehr ähnlichsieht.<br />

Das Wort «Verfaſſung» (siehe Titel der Beispielnachricht)<br />

gerät dann schnell zu«Verfaffung»,<br />

obwohl «Verfassung»gemeint ist.<br />

DieVerwendungwar klar geregelt<br />

Was hat es damit auf sich? Der Buchstabe<br />

«s» hat nicht nur aus gestalterischer, sondern<br />

auch aus phonetischer Sicht über die<br />

Jahrhunderte hinweg einige Wandlungen<br />

durchgemacht. Das Wort «essen» zum Beispiel<br />

wurde im Althochdeutschen noch als<br />

«eʒʒan» geschrieben, also mit Doppel-z. Die<br />

Aussprache unterscheidet sich (bis heute)<br />

von einem stimmhaften «s» wie etwa im<br />

Wort «Sonne». Auch die Buchstabenkombination<br />

«ſʒ» (aus heutiger Sicht: sz) wurde<br />

früher häufig für einen bestimmten s-Laut<br />

verwendet. Wer genau hinschaut, sieht die<br />

Verwandtschaft: Aus den beiden Buchstaben<br />

ſʒ(sz) entstand der Buchstabe ß(Eszett),einesogenannteLigatur<br />

(Verbindung).<br />

Die Verwendung von «ſ» und «s» unterlag<br />

ebenfalls klaren Regeln und war nicht<br />

sinnlos. Sokonnte man beispielsweise unterscheiden<br />

zwischen «Kreiſchen» (lautes<br />

Schreien)und «Kreischen»(einkleiner Kreis).

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