Alstertal Magazin 07/2024
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MAGAZIN<br />
„ES IST WICHTIG,<br />
DEN EINZELNEN<br />
MENSCHEN ZU<br />
SEHEN”<br />
Leiter des Gabentisches:<br />
Nils Rahe (l.)<br />
und Bernd Lehmann.<br />
Fotos: Nils Rahe<br />
Arbeitslosigkeit, kleine Renten oder andere Schicksalsschläge - viele Menschen in Deutschland<br />
leiden unter finanziellen Nöten und sind auf Hilfe angewiesen. Beim <strong>Alstertal</strong>er Gabentisch e.V.<br />
finden sie seit 20 Jahren Unterstützung. Nils Rahe war von Anfang an dabei.<br />
ALSTERTAL MAGAZIN: 10 Jahre nach der Gründung<br />
der Hamburger Tafel haben Sie sich entschieden, auch im<br />
<strong>Alstertal</strong> bedürftige Menschen mit Lebensmitteln zu unterstützen.<br />
Wie kam es dazu?<br />
NILS RAHE (ERSTER VORSITZENDER): Mit einer<br />
Gruppe aus der Christengemeinde ARCHE ALSTERTAL<br />
haben wir den ALSTERTALER GABENTISCH e.V. gegründet,<br />
weil uns deutlich wurde, dass es auch im vergleichsweise gut<br />
situierten <strong>Alstertal</strong> nicht wenige Menschen gibt, denen es<br />
nicht so gut geht. Sie treten in der Öffentlichkeit oft nicht in<br />
Erscheinung und man kann sie schnell übersehen: Menschen<br />
mit tragischen Lebensgeschichten, mit Krankheiten, Arbeitslosigkeit,<br />
etc... Diesen Menschen wollten wir mit der Ausgabe<br />
von Lebensmitteln helfen, aber auch einen Raum für soziale<br />
Kontakte und persönliche Verbindungen schaffen.<br />
Die hilfsbedürftigen Menschen, die zu Ihnen kommen, sehen<br />
sich in der Gesellschaft oft mit negativen Vorurteilen konfrontiert.<br />
Womit würden Sie gerne aufräumen?<br />
In unserer Gesellschaft ist bekanntermaßen eine wachsende<br />
Polarisierung zu beobachten, die mit zunehmenden Pauschalisierungen<br />
und Pauschalurteilen einhergeht. Dabei wird<br />
hilfsbedürftigen Menschen schnell vorgeworfen, sie sollten sich<br />
selbst mehr bemühen. Es wird aber gar nicht gesehen, welche<br />
Schwierigkeiten, Probleme oder persönlichen Geschichten sie<br />
in diese Lage gebracht haben. Es ist immer wichtig, den einzelnen<br />
Menschen zu sehen, ihm mit Wertschätzung zu begegnen<br />
und sich bewusst zu machen, dass auch der eigene Lebensweg<br />
ganz anders verlaufen sein könnte. Daher begegnen wir unseren<br />
Kunden auf Augenhöhe - ohne Massenabfertigung. Jeder Einzelne<br />
soll sich als Person willkommen fühlen.<br />
Derzeit versorgt<br />
der <strong>Alstertal</strong>er<br />
Gabentisch e.V. rund<br />
500 Personen mit<br />
Lebensmitteln.<br />
Die Tafel berichtet vermehrt von Problemen - Mehr<br />
Kunden, weniger Spenden und Mitarbeiter am Limit.<br />
Haben sich Ihnen ähnliche Schwierigkeiten geboten?<br />
Auch wir spüren, dass die uns zur Verfügung gestellten Lebensmittelmengen<br />
zurückgegangen sind, allerdings ist es noch<br />
nicht so stark wie bei anderen Tafeln. Die Anzahl der Kunden<br />
hat auch bei uns in den letzten Jahren zugenommen und zwischenzeitlich<br />
konnten wir uns nur mit einem Aufnahmestopp<br />
behelfen. Zurzeit ist die Lage wieder etwas entspannter. Bei den<br />
Mitarbeitern gibt es hingegen keinen größeren Engpass, wir<br />
freuen uns allerdings trotzdem über weitere Helfer.<br />
Welche Hilfe bekommen Sie aus dem Umfeld im <strong>Alstertal</strong>?<br />
Neben der Unterstützung von Geschäften, die uns Lebensmittel<br />
spenden, erhalten wir in den letzten Jahren mehr Support von<br />
Privatleuten, Schulen oder Vereinen. Viele Menschen wollen<br />
helfen, was ein deutlich gestiegenes Verantwortungsbewusstsein<br />
für die Schwächeren in unserer Gesellschaft dokumentiert.<br />
Da wir finanziell neben den symbolischen Beiträgen<br />
der Kunden von Spenden leben und keine staatlichen Gelder<br />
erhalten, freuen wir uns auch immer über finanzielle Unterstützung.<br />
Wie nehmen Sie den oft achtlosen Umgang mit Lebensmittel<br />
in Deutschland wahr?<br />
Die reine Überschussproduktion oder Fehldisposition in den<br />
Geschäften ist in den letzten Jahren spürbar zurückgegangen,<br />
allerdings stellen die ausgesteuerten Lebensmittel eine Anfrage<br />
an uns Verbraucher und unser Anspruchsdenken beim Einkauf<br />
bezüglich immer superfrischer und tadelloser Ware. In den<br />
Haushalten werden ebenfalls erhebliche Mengen noch nutzbarer<br />
Lebensmittel vernichtet. Bezüglich der Nachhaltigkeit ist also<br />
noch deutlich mehr erreichbar.<br />
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des <strong>Alstertal</strong>er<br />
Gabentisch e.V.?<br />
Neben immer genügend Lebensmitteln, Helfern und Unterstützern<br />
wünschen wir uns, dass wir irgendwann nicht mehr so<br />
stark gebraucht werden, weil die Zahl der Hilfsbedürftigen in<br />
unserer Gesellschaft abgenommen hat.<br />
Am 24. August lädt der Verein alle Interessierten herzlich<br />
zur Jubiläumsfeier ein. Mehr Informationen finden Sie auf<br />
www.alstertaler-gabentisch.de<br />
24 | ALSTERTAL MAGAZIN