missio magazin Ausgabe 3/2022
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der Missionskaufmann<br />
aufdrängen. Was hat ihr Großonkel vor mehr als 100 Jahren in Kamerun<br />
Schweiz.<br />
man getrocknete Bananen in Holzkistchen.<br />
Zurück zu Hause verpacke ich vorsichtig<br />
meinen Medizinmann. Mein Vater<br />
kennt einen professionellen Einrahmer. Er<br />
hat versprochen, sich darum zu kümmern,<br />
dass das Bild einen hochwertigen Schutz<br />
bekommt. Ich rufe bei der Basler Mission<br />
in der Schweiz an und stelle eine Rechercheanfrage.<br />
Schon am nächsten Tag die<br />
Antwort des Archivars von „Mission 21“,<br />
wie sich das Haus inzwischen nennt: Er<br />
habe über den Einsatz des Heinrich Rügner<br />
ab 1909 leider nur rudimentäre Angaben.<br />
Über Heinrichs Arbeitgeber, die Missionshandelsgesellschaft<br />
(MHG), erfahre<br />
ich schon mehr. Sie sorgte in Indien, Ghana<br />
oder Kamerun dafür, dass die Stationen<br />
der Basler Mission mit Baumaterial versorgt<br />
wurden, verkaufte europäische Lebensmittel<br />
und Gebrauchswaren an Missionare.<br />
Ich erinnere mich an ein Foto von<br />
einem Laden in Bonaku. Es gibt Fahrräder<br />
zu kaufen. Hat Heinrich hier gearbeitet?<br />
Ich finde heraus, dass die MHG auch mit<br />
Palmöl, Kakao und Baumwolle handelte –<br />
und dass sie Sparkasse für Missionare und<br />
Einheimische war. Die Geschäfte in<br />
Deutsch-Kamerun liefen offenbar gut. Die<br />
MHG investierte in Handwerksbetriebe<br />
und ließ Limonade herstellen, um gegen<br />
den Alkoholverkauf vorzugehen. Und: Sie<br />
rüstete „Expeditionen“ der Kolonialverwaltung<br />
aus. Immer mehr Stationen wurden<br />
entlang des Eisenbahnnetzes gegründet,<br />
immer weiter ins Landesinnere. Mit<br />
dem Ersten Weltkrieg verlor die MHG jeglichen<br />
Besitz. Zu diesem Zeitpunkt war<br />
Heinrich schon zwei Jahre zurück in<br />
Deutschland.<br />
Mir wird klar, wie verwoben alles miteinander<br />
war, damals in Kamerun: die Missionsbewegung,<br />
die Absichten der Kolonialisten,<br />
das Voranschreiten des westlichen<br />
Lebensstils. Es gab auch Konflikte, wie<br />
ich lese. So wollten die Missionare in ihren<br />
Schulen in indigener Sprache unterrichten,<br />
die Kolonialisten forderten Deutsch. Das<br />
wurde offenbar gut gelernt, wie eine Postkarte<br />
zeigt: „Lieber Massa Rügner“ schreibt<br />
jemand 1913 an Heinrich, der inzwischen<br />
für eine Zigarrenfabrik arbeitet. „Massa“<br />
vom englischen „Master“. „Dass Sie uns<br />
alle, ihre schwarzen Freunde und Mitarbeiter<br />
so bald vergessen haben, tut mir ordentlich<br />
leid. Doch glaube ich – es liegt am<br />
Zeitmangel. Hoffentlich geht es Ihnen gut.<br />
Ihr E. Dipoko.“<br />
Mein Medizinmann findet sich inzwischen<br />
hinter Glas. Er ist ein Stück (Familien-)<br />
Geschichte, die es weiterzutragen<br />
gilt. A<br />
BASLER MISSION<br />
Reformierte Pfarrer und Laien aus der<br />
Schweiz gründeten 1815 mit dem pietistischen<br />
Pfarrerssohn Christian F. Spittler aus<br />
Württemberg die evangelische Basler Mission.<br />
Um die Jahrhundertwende waren mehr<br />
als die Hälfte aller Basler Missionare Württemberger.<br />
Neben der Evangelisierung standen<br />
christliche Handelsbetriebe im Zentrum,<br />
um die Mission zu finanzieren. Heute ist die<br />
Basler Mission mit anderen Missionsgesellschaften<br />
und verschiedenen Partnerkirchen<br />
in Afrika, Asien und Südamerika zu einer<br />
ökumenischen Organisation zusammengeschlossen.<br />
<strong>missio</strong> 3/<strong>2022</strong> |<br />
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