09.07.2024 Aufrufe

missio magazin Ausgabe 1/2022

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

MISSIO STIFTUNGEN<br />

Feuerlöscher gegen<br />

die Brandstifter<br />

Wie lässt sich in einem Land der Frieden<br />

erhalten, wenn in den Nachbarländern<br />

Fundamentalismus und Terrorismus wachsen? Wie gelingt es, unterschiedliche Gruppen und Religionen<br />

davor zu bewahren, gegeneinander ausgespielt zu werden? Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft<br />

nahmen diese Fragen anhand des westafrikanischen Landes Senegal in einer von <strong>missio</strong> München und der<br />

Hanns-Seidel-Stiftung organisierten, hoch spannenden Podiumsdiskussion in den Blick.<br />

HASSBOTSCHAFTEN und Fake<br />

News beschädigten in Westafrika zunehmend<br />

auch die noch stabilen Länder,<br />

sagte Matthias Duchscherer von Common<br />

Effort, einem deutsch-niederländischen<br />

Zusammenschuss aus militärischen<br />

und zivilgesellschaftlichen Organisa -<br />

tionen. Länder wie Senegal, Ghana,<br />

Elfenbeinküste, Togo und Senegal hätten<br />

berechtigte Sorge, dass die Gewalt aus<br />

Ländern wie Mali, Niger und Burkina<br />

Faso zu ihnen überschwappe. Daher<br />

müsse der Blick sich vor allem auf die<br />

Länder richten, die noch nicht so stark im<br />

Fokus der Extremisten seien.<br />

Die Grenze zu Mali sei die gefährdetste<br />

Region in seinem Heimatland, sagte André<br />

Guèye, Bischof der Diözese Thiès im<br />

Senegal. Noch werde Senegal durch seine<br />

stabile Demokratie mit ihren Institutionen<br />

bewahrt. Vor dem Islamismus, der sich<br />

ausbreite, schütze das Land vor allem sein<br />

toleranter, offener Islam. 95 Prozent der<br />

Bevölkerung sind Muslime. Die Chefs der<br />

Sufi-Bruderschaften wachen als religiöse<br />

Führer über ihre Anhänger.<br />

Dass die Sufi-Bruderschaften den Extremisten<br />

langfristig viel entgegenzusetzen<br />

hätten, bezweifelte hingegen Markus Grübel,<br />

Beauftragter der Bundesregierung für<br />

weltweite Religionsfreiheit. Die Gewaltbereitschaft<br />

sei enorm. Die Klimakrise und<br />

das Bevölkerungswachstum verschärften<br />

die bestehenden Probleme noch.<br />

Dem entgegnete Kalif Mountaga Tall,<br />

der in der muslimischen Gesellschaft des<br />

Senegals für die einflussreiche Familie<br />

Omarienne spricht, dass die Chefs der<br />

Bruderschaften nach wie vor großen Einfluss<br />

auf Gläubigen hätten. Eine Gefahr<br />

sei vielmehr, dass schlafende Zellen der<br />

Dschihadisten die Politik infiltrierten.<br />

Auf die Frage von Moderator Christian<br />

Selbherr, der das Gespräch immer<br />

wieder auf aktuelle Fragestellungen<br />

lenkte, ob die Region zu einem zweiten<br />

Afghanistan werden könne, sagte Klaus<br />

Steiner, Landtagsabgeordneter und entwicklungspolitischer<br />

Sprecher der CSU,<br />

dass in Mali aus seiner<br />

Sicht nicht der<br />

Militäreinsatz gescheitert<br />

sei, sondern<br />

die korrupte Regierung<br />

das Land zugrunde<br />

gerichtet<br />

habe. Bildung und<br />

Wertschöpfung vor<br />

Ort seien grundlegend wichtig.<br />

Melanie Huml, bayerische Staatsministerin<br />

für Europaangelegenheiten und<br />

Internationales, betonte, dass das Augenmerk<br />

auf Reformpartnerschaften erfolgen<br />

müsse, also der Zusammenarbeit mit<br />

Ländern, die auf einem guten, demokratischen<br />

Weg seien. Die Führer der Religionsgemeinschaften<br />

seien dabei wichtige<br />

Oben: Die Diskussionsteilnehmer (v. l.) Matthias Duchscherer,<br />

Klaus Steiner, Melanie Huml, Christian Selbherr, Msgr.<br />

Wolfgang Huber, Bischof André Guèye, Kalif Mountaga Tall,<br />

Erzbischof Ludwig Schick und Markus Grübel<br />

Kontakte vor Ort. Gerade über zuverlässige<br />

Partner wie <strong>missio</strong> München sei sie<br />

sehr froh. Es gehe darum, dass Länder wie<br />

Senegal den Frieden exportierten und<br />

nicht die instabilen Regionen den Terror.<br />

Gut funktionierende interreligiöse<br />

Gruppen seien ein wichtiger Feuerlöscher<br />

gegen die Brandstifter des Terrors, betonte<br />

der Bamberger Erzbischof Ludwig<br />

Schick, dessen Bistum eine enge Partnerschaft<br />

mit dem Senegal pflegt. Bildung sei<br />

dabei ein Wall gegen Radikalisierung. Er<br />

rief in Erinnerung: „Ein unruhiges Afrika<br />

ist immer auch ein unruhiges Europa“. A<br />

BARBARA BRUSTLEIN<br />

<strong>missio</strong> 1/<strong>2022</strong> |<br />

41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!