tz-EM-Journal

Das tz-EM-Journal blickt auf die Deutsche Nationalmannschaft und deren Erfolgsaussichten mit Trainer Julian Nagelsmann. Zudem werden die Mannschaften aller Teilnehmer unter die Lupe genommen inklusive herausnehmbaren Innenteil mit Deutschem Mannschaftsfoto und Spielplan. Das tz-EM-Journal blickt auf die Deutsche Nationalmannschaft und deren Erfolgsaussichten mit Trainer Julian Nagelsmann. Zudem werden die Mannschaften aller Teilnehmer unter die Lupe genommen inklusive herausnehmbaren Innenteil mit Deutschem Mannschaftsfoto und Spielplan.

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34 UEFA EM 2024 So oder so? Fans bestimmen, welches Bild von einem Turnier entsteht. Was kommt auf die EURO 2024 zu? as Schönste, was von der EM 2012 in Erinnerung geblieben ist? Die irischen Fans. Zu ehntausenden begleiteten sie ihr eam, manche trafen sich mit den pielern im Ostseebad Sopot an der otelbar. Und dass die Mannschaft portlich nichts zerriss, bekümmere sie wenig. Im letzten Spiel, in em die Iren gegen Spanien kaum inen Ball sahen, sangen die Menchen „Fields of Athenry“, ein Freieitslied aus der Heimat. Sie bekaen dafür einen Fair Play Preis. der 2016: Frankreich ein gutes albes Jahr nach den Terroranchlägen von Paris. Kritische Sichereitslage, Angst, Patrouillen von oldaten mit Maschinenpistolen, berall Kontrollen. Und dann kam sland. Und mit der Mannschaft das albe Land. Und eine neue Art zu eiern. Die Spieler stellten sich vor en Block, die Arme ausgebreitet ie bei einem Ypsilon. Und dann as Zusammenführen, das Klatchen, rhythmisch, immer schneler, unterlegt von einem „Hu“. Die ochbelastete EM hatte auf einmal ine heitere Seite. Island, das dann auch noch bis ins Viertelfinale kam, rettete das Turnier. Fans können mächtig sein. Auf der anderen Seite allerdings auch zerstörerisch. Das hat Frankreich gleichermaßen erleben müssen. Prügelbereite Neonazis, in Deutschland mit Stadionverboten aus dem Verkehr gezogen, tauchten im Nachbarland auf – und erinnerten auf unselige Art an die WM 1998, als Hooligans den Gendarmen Daniel Nivel in die Invalidität geschlagen hatten. Zu einer regelrechten Schlacht kam es zwischen Engländern und Russen am Hafenbecken von Marseille. Die Russen wurden sogar von politischer Seite angefeuert, ein Minister aus Putins Kabinett gratulierte zum klaren Sieg der durchtrainierten Kampfbrigaden gegen die bierbäuchigen Engländer. Selbst 2021 kam es zu Gewalt, obwohl die um ein Jahr verschobene paneuropäische Veranstaltung noch von Corona-Einschränkungen betroffen war. Und es bleibt haften, wenn Fans sich scharenweise rassistisch, fremdenfeindlich und homophob benehmen wie damals die aus Ungarn. Wie wird es 2024 werden? Erwartet uns ein Problemturnier oder ein friedlicher Austausch der Kulturen? Es könnte ein Sowohl-als-auch-Turnier werden. Die Unbedenklichen Ohne Iren, Nordiren („Will Grigg’s on fire“, der Hit von 2016) und Isländer haben die Schotten beste Chancen, Fan-Europameister zu werden. Ihr Team ist nicht oft dabei, also muss man die Gelegenheit wahrnehmen, wenn die Qualifikation gelungen ist. Die Schotten nennen sich die „Tartan Army“, 100.000 Fans werden in Deutschland erwartet. Wenn sie es nicht mit den Engländern zu tun bekommen, sind sie garantiert friedfertig, selbstironisch, sangesfreudig, zahlkräftig (vor allem in der Gastronomie). Viele werden Kilt tragen, das wird ein Fest. Die Dänen darf man auch in dieser Kategorie führen. Gelassene Menschen, für die ein Wettstreit niemals Krieg ist. „Danish Dynamite“ aus den 80er-Jahren steht sogar so etwas wie die Urheberschaft für internationalen Fußballtourismus zu. In Scharen unterwegs sein werden die Niederländer. Zu manchen Turnieren gab es ein offizielles „Oranjecamping“. Mit Blaskapellen, Perücken, Tanzchoreografien haben die Holländer seit Jahrzehnten ihren Stil gefunden. Problemfans bleiben lieber zuhause, sie passen da nicht rein. Deutschland hofft auf Reaktivierung seines „Schland-Publikums“: hoher weiblicher Anteil, viele Familien, alle getragen von der Bereitschaft, Sommernachtsträume zu erleben. Es ist ein anderes Publikum als im Ligabetrieb, Ultras interessieren sich für die Nationalmannschaft nicht. Pyrotechnische Auswüchse sind schon durch die diverse Ticketvergabe ausgeschlossen. Albanien war 2016 schon mal am Start – unterstützt von zahlreichem Mitreißende Fankultur wie 2016 von Island (links) ist die schöne Seite der EM... Foto: Imago

UEFA EM 2024 35 ... Gewalt wie zwischen Russen und Engländern die hässliche. Foto: Imago Anhang. Die Erfahrung von damals: positiv. Die Fans verstanden das Turnier als festlichen Anlass. Die möglichen Problemfälle Der „schwarze Block“ der Ungarn ist in den vergangenen drei Jahren wohl nicht sympathischer geworden, er steht für die restriktive Politik seines auch in der EU zunehmend isolierten Landes. Polen hat eine Hooligan-Szene, die aus dem Kampfsport rekrutiert wurde. England steht einerseits für erstrebenswerte Fankultur, sorgt bei internationalen Anlässen allerdings auch verlässlich für Negativschlagzeilen. Auf großen Support vor Ort darf das türkische Team hoffen. Das sollte der Stimmung meist zuträglich sein. Allerdings wird Unterwanderung durch die rechtslastigen „Grauen Wölfe“ befürchtet. Belgien ist belastet, weil in Brüssel rund um das Spiel gegen Schweden zwei auswärtige Fans von einem islamistischen Attentäter erschossen wurden – auch wenn der Bezug zum Fußball ein willkürlicher war. Stadionausschreitungen kennt man aus Frankreich, Tschechien (gerade wieder beim Pokalfinale). Serbien – es wird sich zeigen, ob die Club-Klientel auch die Bühne sucht, die die Nationalmannschaft bereitet. Vieles hängt davon ab, ob es im Turnierverlauf zu brisanten Partien kommt. Der Balkan und seine Historie bieten einige Konstellationen an, die die Behörden beobachten müssen. Im Normalfall passiert nichts. So ist etwa Kroatien eine sichere Nummer, was die Zugkraft und auch das gesittete Auftreten angeht. Viele der Fans leben in Deutschland. Wen es sonst noch gibt Fans aus Spanien und Portugal sind bei den Turnieren natürlich sichtbar – doch ihre Zahl hält sich in Grenzen. Auch die Italiener – gemessen an der Größe und Geschichte ihres Fußballs überschaubar. Sie sind immer da – aber nie in Scharen wie Niederländer, Briten oder kleine Länder, in denen ein Boom ausbricht. Slowenien, Slowakei, Rumänien – schwer einzuschätzen. Die Schweizer treten abseits von ein bisschen Kuhglockenfolklore diskret auf. Gespannt sein darf man auf die Österreicher, die sich stets mit sanfter Selbstironie in die Rolle des ewigen Verlierers gefügt haben. Jetzt aber haben sie eine Anspruchshaltung. Kommen also mehr? Werden sie feuriger auftreten? Reagieren sie wütend, falls ihre Mannschaft scheitert? Georgien ist weit weg, in Deutschland gibt es keine nennenswerte georgische Community – was Fankultur bei der EM betrifft, wird der Neuling wohl nicht sehr sichtbar werden. Ein Sonderfall ist die Ukraine. Fußballtourismus aus einem Kriegsland wird es nicht geben, aber gewiss Unterstützung von Landsleuten, die das Schicksal in den Westen verschlagen hat. Und überhaupt sollte den sportlichen Vertretern der Ukraine Sympathie von vielen Seiten entgegenschlagen. Damit das auch die spüren, die nicht kommen können. ■ ERLEBE DAS SOMMERMÄRCHEN 2.0 HANS-JOCHEN-VOGEL-PLATZ • EINTRITT FREI 14. 06. – 14. 07. • TÄGLICH AB 13 UHR FAN ZONE OLYMPIAPARK: 31 TAGE FUSSBALL, FESTIVAL & FUN Lokale Förderer der Host City Munich:

34 UEFA <strong>EM</strong> 2024<br />

So oder so?<br />

Fans bestimmen, welches Bild von einem Turnier entsteht.<br />

Was kommt auf die EURO 2024 zu?<br />

as Schönste, was von der <strong>EM</strong><br />

2012 in Erinnerung geblieben<br />

ist? Die irischen Fans. Zu<br />

ehntausenden begleiteten sie ihr<br />

eam, manche trafen sich mit den<br />

pielern im Ostseebad Sopot an der<br />

otelbar. Und dass die Mannschaft<br />

portlich nichts zerriss, bekümmere<br />

sie wenig. Im le<strong>tz</strong>ten Spiel, in<br />

em die Iren gegen Spanien kaum<br />

inen Ball sahen, sangen die Menchen<br />

„Fields of Athenry“, ein Freieitslied<br />

aus der Heimat. Sie bekaen<br />

dafür einen Fair Play Preis.<br />

der 2016: Frankreich ein gutes<br />

albes Jahr nach den Terroranchlägen<br />

von Paris. Kritische Sichereitslage,<br />

Angst, Patrouillen von<br />

oldaten mit Maschinenpistolen,<br />

berall Kontrollen. Und dann kam<br />

sland. Und mit der Mannschaft das<br />

albe Land. Und eine neue Art zu<br />

eiern. Die Spieler stellten sich vor<br />

en Block, die Arme ausgebreitet<br />

ie bei einem Ypsilon. Und dann<br />

as Zusammenführen, das Klatchen,<br />

rhythmisch, immer schneler,<br />

unterlegt von einem „Hu“. Die<br />

ochbelastete <strong>EM</strong> hatte auf einmal<br />

ine heitere Seite. Island, das dann<br />

auch noch bis ins Viertelfinale kam,<br />

rettete das Turnier. Fans können<br />

mächtig sein.<br />

Auf der anderen Seite allerdings<br />

auch zerstörerisch. Das hat Frankreich<br />

gleichermaßen erleben müssen.<br />

Prügelbereite Neonazis, in<br />

Deutschland mit Stadionverboten<br />

aus dem Verkehr gezogen, tauchten<br />

im Nachbarland auf – und erinnerten<br />

auf unselige Art an die WM<br />

1998, als Hooligans den Gendarmen<br />

Daniel Nivel in die Invalidität<br />

geschlagen hatten. Zu einer regelrechten<br />

Schlacht kam es zwischen<br />

Engländern und Russen am Hafenbecken<br />

von Marseille. Die Russen<br />

wurden sogar von politischer Seite<br />

angefeuert, ein Minister aus Putins<br />

Kabinett gratulierte zum klaren<br />

Sieg der durchtrainierten Kampfbrigaden<br />

gegen die bierbäuchigen<br />

Engländer.<br />

Selbst 2021 kam es zu Gewalt, obwohl<br />

die um ein Jahr verschobene<br />

paneuropäische Veranstaltung<br />

noch von Corona-Einschränkungen<br />

betroffen war. Und es bleibt haften,<br />

wenn Fans sich scharenweise<br />

rassistisch, fremdenfeindlich und<br />

homophob benehmen wie damals<br />

die aus Ungarn.<br />

Wie wird es 2024 werden? Erwartet<br />

uns ein Problemturnier oder ein<br />

friedlicher Austausch der Kulturen?<br />

Es könnte ein Sowohl-als-auch-Turnier<br />

werden.<br />

Die Unbedenklichen<br />

Ohne Iren, Nordiren („Will Grigg’s<br />

on fire“, der Hit von 2016) und Isländer<br />

haben die Schotten beste<br />

Chancen, Fan-Europameister zu<br />

werden. Ihr Team ist nicht oft dabei,<br />

also muss man die Gelegenheit<br />

wahrnehmen, wenn die Qualifikation<br />

gelungen ist. Die Schotten<br />

nennen sich die „Tartan Army“,<br />

100.000 Fans werden in Deutschland<br />

erwartet. Wenn sie es nicht<br />

mit den Engländern zu tun bekommen,<br />

sind sie garantiert friedfertig,<br />

selbstironisch, sangesfreudig, zahlkräftig<br />

(vor allem in der Gastronomie).<br />

Viele werden Kilt tragen, das<br />

wird ein Fest.<br />

Die Dänen darf man auch in dieser<br />

Kategorie führen. Gelassene Menschen,<br />

für die ein Wettstreit niemals<br />

Krieg ist. „Danish Dynamite“<br />

aus den 80er-Jahren steht sogar so<br />

etwas wie die Urheberschaft für internationalen<br />

Fußballtourismus zu.<br />

In Scharen unterwegs sein werden<br />

die Niederländer. Zu manchen Turnieren<br />

gab es ein offizielles „Oranjecamping“.<br />

Mit Blaskapellen, Perücken,<br />

Tanzchoreografien haben<br />

die Holländer seit Jahrzehnten<br />

ihren Stil gefunden. Problemfans<br />

bleiben lieber zuhause, sie passen<br />

da nicht rein.<br />

Deutschland hofft auf Reaktivierung<br />

seines „Schland-Publikums“:<br />

hoher weiblicher Anteil, viele Familien,<br />

alle getragen von der Bereitschaft,<br />

Sommernachtsträume<br />

zu erleben. Es ist ein anderes Publikum<br />

als im Ligabetrieb, Ultras<br />

interessieren sich für die Nationalmannschaft<br />

nicht. Pyrotechnische<br />

Auswüchse sind schon durch die<br />

diverse Ticketvergabe ausgeschlossen.<br />

Albanien war 2016 schon mal am<br />

Start – unterstü<strong>tz</strong>t von zahlreichem<br />

Mitreißende Fankultur wie 2016 von Island (links) ist die schöne Seite der <strong>EM</strong>... Foto: Imago

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