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„huangart“ – röstfrisches Geschmackserlebnis<br />

Der ehemalige Banker Simon Lingscheidt aus Stuttgart wurde Kaffeeröster in Reutte<br />

Natürlich duftet es nach frischem<br />

Kaffee und natürlich<br />

nimmt man den von Kaffeeröster<br />

Simon Lingscheidt angebotenen<br />

Espresso liebend gerne entgegen.<br />

Am Boden stapeln sich<br />

Säcke mit Rohkaffee, das ganze<br />

Ambiente der Rösterei im Reuttener<br />

Ortsteil Kög passt, ein guter<br />

Start für das <strong>impuls</strong> Gespräch<br />

mit Simon Lingscheidt.<br />

Seit 2016 werden bei „huangart“<br />

Kaffeebohnen geröstet. Ursprünglich<br />

eine echte „Hinterhofrösterei“,<br />

übersiedelte der Betrieb 2018<br />

in größere Räumlichkeiten, in diesem<br />

Zuge wurden auch die Produktionskapazität<br />

angehoben und<br />

die Produktionsabläufe professionalisiert.<br />

Stolz ist der zum Diplom-Betriebswirt<br />

ausgebildete<br />

Inhaber auf seine „Ghibli“ R-15.<br />

Diese Röstmaschine ermöglicht<br />

die Produktion von bis zu fünf<br />

Tonnen Kaffee im Monat.<br />

Nur Spezialitätenkaffees<br />

Mit Quantität kann und will die<br />

kleine Reuttener Rösterei naturgemäß<br />

nicht punkten, andererseits<br />

müssen aber auch genügend Bohnen<br />

auf Lager sein, um die Nachfrage<br />

zu decken. Simon Lingscheidt<br />

erklärt sein Geschäftsmodell<br />

und da schwingt offenbar Begeisterung<br />

mit: „Bei unseren Rohkaffees<br />

greifen wir ausschließlich<br />

zu Spezialitätenkaffees, die unsere<br />

Qualitätsprüfung bestehen. Von<br />

18 getesteten Kaffees schafft es im<br />

Durchschnitt ein Kaffee in unser<br />

Stammsortiment. Besonderes Augenmerk<br />

richten wir bei unseren<br />

Gastronomiekaffees auf die Verfügbarkeit.<br />

Neben der außer -<br />

ordentlichen Qualität müssen die<br />

Kaffees in ausreichender Menge<br />

zur Verfügung stehen, damit wir<br />

unser Lieferversprechen auch<br />

halten können.“<br />

Von Stuttgart an den Lech<br />

Simon wuchs nahe Stuttgart auf<br />

und besuchte, was zur damaligen<br />

Zeit nicht alltäglich war, eine Waldorfschule.<br />

Ob er gerne zur Schule<br />

ging? „Na ja, ich ging eben“,<br />

hält er sich eher bedeckt. Nach<br />

Abschluss der Mittleren Reife<br />

Simon Lingscheidt, Kaffeeröster aus Leidenschaft: „Ich veredle und vertreibe ein<br />

Produkt, zu dem ich überzeugt ja sagen kann.“<br />

Foto: Bundschuh<br />

folgte eine kaufmännische Ausbildung,<br />

Abitur und Lehre zum<br />

Bankkaufmann, eine Ausbildung,<br />

die ihm durchaus entgegenkam,<br />

wie er sich erinnert. Mit Abschluss<br />

des Studiums Betriebswirtschaft<br />

landet Simon wieder im Bereich<br />

Bankwesen und Unternehmensberatung<br />

und gab ein „Gastspiel“<br />

in Hamburg. Ein Tiroler Geldinstitut<br />

holte den Banker von der<br />

Nordsee nach Reutte. Die Umstellung<br />

war kein Problem, betont<br />

Simon. „Es war toll in Tirol, so<br />

mitten in den Alpen anzukommen,<br />

ich hatte eine schöne Zeit<br />

und lernte meine spätere Frau in<br />

einem Kaffee in Reutte kennen<br />

und wir zogen bald zusammen.<br />

Beide waren wir fahrradfanatisch<br />

und wild auf Bergpässe, besonders<br />

in Südtirol.“<br />

Die Popcornmaschine<br />

Nach dem Bankjob nahm der heutige<br />

Kaffeeröster eine Stelle im Datenmanagement<br />

mit Schwerpunkt<br />

Europäische Normierung in Sachen<br />

Maschinensicherheit an. In<br />

dieser Zeit kam es zu einer Begegnung<br />

mit einem ehemaligen Studienkollegen,<br />

der Kaffee mitbrachte.<br />

„Ich hatte immer schon<br />

eine Schwäche für ein Tässchen<br />

Kaffee und irgendwie kam die Sache<br />

immer mehr ins Rollen, bis ich<br />

mir eine Popcornmaschine anschaffte<br />

und selbst zu rösten begann.<br />

Das Röstaroma war meiner<br />

schwangeren Frau aber zu heftig<br />

und so suchte ich nach einer anderen<br />

„Produktionsstätte“, die meine<br />

unmittelbare Umwelt entlastete<br />

und die ich auch im Rahmen meiner<br />

Familie fand.“ Auf das Experimentierstadium<br />

mit dem Popcornteil<br />

folgten der Ankauf einer<br />

kleinen Röstmaschine mit Kaminanschluss<br />

und ein Kaffeeröstkurs<br />

in Liechtenstein. Dann ging alles<br />

recht schnell. Kontakte zu Rohkaffeehändlern<br />

ergaben sich und wurden<br />

intensiviert. Die Sorten stammen<br />

beispielsweise aus Äthiopien<br />

und Brasilien. In Costa Rica half<br />

Simon selbst bei der Ernte der<br />

Kaffeekirschen mit, was ein ganz<br />

besonderes Erlebnis für ihn war.<br />

Nun konnte er sagen: „Ja, ich hab<br />

das Richtige gemacht.“<br />

Hoch die Tassen<br />

Lernen kann man aus Büchern<br />

oder auch Dr. Google gibt Antworten,<br />

aber mit Riechen und<br />

Schmecken ist bei Papier und Internet<br />

halt bald Sense. Selber machen<br />

und probieren sind da schon<br />

Argumente, wenn es mehr sein soll<br />

als Kapsel in den Schacht und<br />

Druck auf den Knopf. Der Reuttener<br />

Röster drückt es beinahe<br />

schon lyrisch aus, wenn er über<br />

den „Kaffeemachkurs“ meint:<br />

„Lerne in unseren Workshops die<br />

sinnliche Welt des Kaffees kennen<br />

und erfahre Dinge über Kaffee, die<br />

im Verborgenen und im Detail liegen.<br />

Wir nehmen dich mit auf<br />

eine Reise in die Welt des Kaffees<br />

und geben dir das Handwerkszeug<br />

in die Hand, um auch zuhause<br />

Kaffee noch mehr genießen zu<br />

können.“<br />

Huangart – feine Kaffeeröstung<br />

Kaffeerösterei ja, aber was heißt<br />

fein? Simon gibt Antwort: „Fein,<br />

weil wir mit jeder einzelnen Röstung<br />

in der Vergangenheit und in<br />

der Zukunft, mit einer grenzenlosen<br />

Faszination und Begeisterung,<br />

ja, mit Fanatismus versuchen, die<br />

vielen feinen Aromen aus jeder<br />

einzelnen unserer Kaffeebohnen<br />

herauszukitzeln und wir meinen,<br />

dass es zwischenzeitlich ganz gut<br />

funktioniert, einen einfach echt<br />

feinen Kaffee zu rösten.“<br />

Klare Ansage<br />

Und das wollte der Röster aus Leidenschaft<br />

immer schon sagen:<br />

„Wir wollen eine Kaffeerösterei<br />

frei von Allüren sein. Jeder so, wie<br />

er mag. Wir wollen unseren Kunden<br />

nicht sagen, wie sie ihren Kaffee<br />

zu trinken haben. Entweder er<br />

schmeckt, oder – zu unserem Bedauern<br />

– halt nicht. Wir wollen<br />

transparent sein und wir wollen<br />

keine Geheimniskrämerei betreiben.“<br />

Man könne ihn ruhig besuchen<br />

und Löcher in den Bauch fragen,<br />

er würde sich sogar darauf<br />

freuen, versichert Simon. Soweit<br />

also die Botschaft vom röstfrischen<br />

Kaffee Made im Außerfern. (pb)<br />

9. Juli <strong>2024</strong> 15

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