missio magazin Ausgabe 5/2023
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VOR ORT INDIEN SYRIEN<br />
Unterwegs im Zentrum von Damaskus, wo die Armut nicht immer gleich offensichtlich ist.<br />
postens wird nun täglich Nachhilfe angeboten<br />
– für so viele Kinder im Viertel, wie<br />
möglich: Mathe, Arabisch, Englisch, Physik,<br />
was eben ansteht. Für viele von ihnen<br />
ist es der einzige hochwertige Unterricht<br />
am Tag. Als Lehrer sind die „Ehemaligen“<br />
im Einsatz, Studierende wie Katia, die sich<br />
dadurch etwas Geld für ihre Familie verdienen<br />
können. So schließt sich ein gut<br />
durchdachter Kreis.<br />
Darüber hinaus kommt Katia selbst<br />
gerne zum Lernen hierher. Zuhause gibt es<br />
kaum Strom und im Winter keine Heizung.<br />
„Wer friert, der kann nicht gut lernen“,<br />
sagt Leen Abou Sekka, noch eine<br />
einstige Don-Bosco-Jugendliche, die heute<br />
das Haus in Jaramana leitet. Bis zu 250<br />
Kinder kommen regelmäßig. Erst um 22<br />
Uhr löscht Leen das Licht. „Wir könnten<br />
uns um noch so viel mehr Kinder und Jugendliche<br />
kümmern. Die regulären Schulen<br />
in Syrien haben kein gutes Niveau. Außerdem<br />
geht es vielen Mädchen und Jungen<br />
nicht gut. Sie haben schlimme Dinge<br />
erlebt. Einige stottern, manche sind gewalttätig,<br />
andere ziehen sich komplett zurück.<br />
Der Krieg wirkt nach bis heute.“<br />
Leen wünscht sich mehr Platz, ein größeres<br />
Team. Aber es fehlt am Geld. Trotzdem<br />
gibt das Team täglich eine kleine Mahlzeit<br />
aus. Nichts Warmes, meistens Sandwiches,<br />
was sich gerade günstig organisieren lässt.<br />
Einen Dollar pro Jahr verlangt das Zentrum<br />
als symbolischen Beitrag von den Familien.<br />
„Die Mütter und Väter müssen<br />
schauen, wie sie Geld verdienen“, weiß<br />
Leen. „Dadurch können viele nicht für ihre<br />
Kinder da sein. Wir balancieren das aus.“<br />
Am anderen Tag zurück im Zentrum.<br />
Auch hier wird heute wieder ausbalanciert.<br />
An der Grundschule nebenan fällt der Unterricht<br />
aus, wie so oft. Es ist gute Tradition,<br />
dass die Kinder den Hof der Salesianer<br />
zum Spielen nutzen dürfen. Es gibt<br />
nicht viele gute Orte für Kinder in Damaskus.<br />
„Die Kirche leistet in Syrien täglich soziale<br />
und humanitäre Hilfe“, sagt P. Dany<br />
Kerio, Direktor der Salesianer-Gemeinschaft<br />
in Damaskus. „Aber wir brauchen<br />
irgendwann eine Perspektive.“<br />
Kerio wünscht sich, dass die internationale<br />
Isolation Syriens und die wirtschaftlichen<br />
Sanktionen aufgehoben werden. Andere<br />
Forderungen kann er nicht stellen,<br />
will er weiter seine Arbeit in diesem Land<br />
tun. Vielleicht sei das Erdbeben der Anfang<br />
von Syriens Wiederauferstehung gewesen,<br />
sagt Kerio zynisch. „Wir wollen, dass die<br />
junge Generation ihre Träume wieder hier<br />
verwirklichen kann.“ Damit Syrien kein<br />
verlorenes Land bleibt. A<br />
Team-Meeting in Jaramana, wo sich „Ehemalige“ um die Projekte kümmern, z.B. Leen Sakka (vorne)<br />
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| <strong>missio</strong> 5/<strong>2023</strong>