missio magazin Ausgabe 1/2023
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NACHGEFRAGT BEI...<br />
„Es gibt ein massives<br />
Generationenproblem.“<br />
Bartholomäus Grill, 68<br />
Seit vier Jahrzehnten erzählt der Journalist Geschichten<br />
aus Afrika, das zu seiner Wahlheimat wurde. Er<br />
wünscht sich einen differenzierten Blick auf diesen so<br />
vielfältigen Kontinent und legt seine Hoffnung für die<br />
Zukunft vor allem in die Hände junger Menschen.<br />
INTERVIEW: NICOLE LAMERS<br />
Herr Grill, Sie bezeichnen es als<br />
unsere „Jahrhundertaufgabe“ Wohlstand<br />
zu „globalisieren“. Ist das realistisch?<br />
Die menschliche Geschichte ist eine ständige<br />
Auseinandersetzung mit Machtstrukturen,<br />
die man auch verändern kann. Deswegen<br />
gebe ich die Hoffnung nicht auf, trotz<br />
des momentan bedauernswerten Zustands<br />
der Welt. Ungleichheit zu beseitigen ist das<br />
Maximalziel, dem wir uns aber annähern<br />
können. Wir müssen das Ziel hoch setzen<br />
und das Ziel ist eine gerechtere Welt.<br />
Wie bleiben Sie zuversichtlich?<br />
Es gibt sehr viele junge Afrikaner und vor<br />
allem Afrikanerinnen, die mich optimistisch<br />
stimmen. Und was die Klimakrise angeht, sind<br />
da auf globaler Ebene Greta Thunberg und<br />
Fridays For Future. Es gibt eine junge Generation,<br />
die Fragen viel klarer und dezidierter<br />
stellt. Daher liegt meine Hoffnung auf den<br />
jungen Menschen. Auch in Afrika kann eine<br />
neue Elite die alten Machteliten, die sich vor<br />
allem durch Korruption hervortun, ablösen.<br />
Sind Sie angesichts der bereits spürbaren<br />
Folgen des Klimawandels manchmal<br />
deprimiert?<br />
Natürlich, denn manchmal hat man das Gefühl,<br />
wir hätten schon einen Kipppunkt erreicht.<br />
Zum Beispiel in der Sahelregion, wo<br />
seit Jahren immer härtere Dürren herrschen,<br />
sich die Wüste ausbreitet und es eine richtige<br />
Umweltmigration gibt. Menschen verlassen<br />
ihre Heimat, einfach weil die Ressourcen<br />
nicht mehr da sind – fruchtbarer Ackerboden,<br />
Weideland, Wasser. Allerdings mache<br />
ich als Afrikakorrespondent eine ständige<br />
Achterbahnfahrt durch zwischen Tagen, an<br />
denen ich zutiefst pessimistisch und solchen,<br />
an denen ich hoffnungsfroh gestimmt bin.<br />
Was sind Dinge, die Sie wieder hoffnungsfroh<br />
stimmen?<br />
Das können ganz verschiedene Themen<br />
sein. Eine Initiative von Landfrauen, die ein<br />
tolles Gemüsebauprojekt aufziehen oder<br />
auch junge IT-Experten in einer Großstadt,<br />
die Apps für die Landwirtschaft oder das<br />
Gesundheitssystem entwickeln. Das ist vielfältig<br />
wie das Leben.<br />
Fotos: Dominik Rößler, Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH Muenchen<br />
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| <strong>missio</strong> 1/<strong>2023</strong>