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missio magazin Ausgabe 1/2023

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MENSCHENHANDEL IN NEPAL<br />

von Damak an den Grenzübergang Kakarvitta,<br />

um sich mit der dortigen Grenzpolizei<br />

auszutauschen. Hunderte Motorradrikschas<br />

und Kleinbusse transportieren hier täglich<br />

die Menschen zwischen den beiden Ländern<br />

hin und her, es herrscht ein reger Austausch<br />

an Waren und Dienstleistungen. Seitdem die<br />

Regierung vor einigen Jahren Reisen in die<br />

Golfstaaten vor allem für junge Frauen strikt<br />

eingeschränkt und die Kontrollen an den<br />

Flughäfen verschärft hat, um damit etwas<br />

gegen die Ausbeutung als Haushaltshilfen zu<br />

unternehmen, boomt der Menschenhandel<br />

an den Grenzübergängen. „Der Landweg ist<br />

ideal, um nepalesische Frauen zuerst nach<br />

Indien und von den dortigen Flughäfen in<br />

die Golfregion zu schmuggeln“, erzählt Sunil<br />

Dahal, der verantwortliche Grenzpolizist in<br />

Kakarvitta. „Da es den Menschen natürlich<br />

nicht verboten ist, die Grenze zu passieren,<br />

ist es für uns sehr schwer, Menschenhändler<br />

aufzuhalten.“<br />

Den Angaben Dahals zufolge geben viele<br />

von ihnen an, sie würden mit ihren Schwestern<br />

oder Nichten die Familie in Indien besuchen<br />

oder sich zur medizinischen Behandlung<br />

in ein grenznahes Krankenhaus<br />

begeben. „Das Problem ist, dass von der Regierung<br />

immer noch viel zu wenig gegen die<br />

kriminellen Netzwerke getan wird“,<br />

schimpft Dahal. Devendra Pokhrel nickt<br />

vorsichtig: „Nepals Wirtschaft ist davon abhängig,<br />

dass die Einwohner im Ausland arbeiten.<br />

Eine steigende Zahl von Arbeitsmigranten<br />

bedeutet auch einen Anstieg der<br />

Geldüberweisungen nach Nepal. Und im<br />

Land selbst gibt es nicht genügend Arbeitsplätze“,<br />

stimmt der Caritas-Mitarbeiter dem<br />

Polizisten zu.<br />

Wenig später, eine gute Stunde Autofahrt<br />

entfernt, trifft Devendra Pokhrel den Bürgermeister<br />

von Jhapa: Jay Naragan Shah. Allein<br />

aus seinem Bezirk würden aktuell 4600<br />

Frauen und Männer im Ausland arbeiten<br />

Jay Naragan Shah<br />

– etwa jeder zehnte Bewohner. „Mein Ziel<br />

ist es, dass die Menschen im Land bleiben<br />

und hier eine Existenz gründen“, sagt der<br />

Bürgermeister. Seine Gemeinde habe daher<br />

Kreditprogramme für 120 junge Rückkehrer<br />

geschaffen. 80 000 Rupien, umgerechnet<br />

rund 600 Euro, gebe es pro Person, damit sie<br />

eine Viehzucht starten oder ein kleines Geschäft<br />

aufbauen könnten. „Wir setzen dabei<br />

auf die Zusammenarbeit mit der Caritas, die<br />

Leute betreut und reintegriert“, sagt Shah.<br />

Auf dem Nachhauseweg ins Caritasbüro<br />

nach Damak ist Devendra Pokhrel<br />

nachdenklich. Die vielen kleinen menschlichen<br />

Tragödien, die er hier miterlebt, gehen<br />

ihm nahe. „Durch die hohen Schulden<br />

geraten die Menschen in einen Teufelskreis,<br />

dem sie kaum entkommen können“,<br />

sagt er und hofft inständig, dass es Menschen<br />

wie Pabitra, Chandra oder Shyam<br />

schaffen werden. A<br />

Menschenhandel unter dem Deckmantel von<br />

Arbeitsmigration ist in Nepal ein ernstes Problem.<br />

Die Nationale Menschenrechtskom<strong>missio</strong>n<br />

des Landes schätzt in ihrem jüngsten Bericht,<br />

dass allein im Jahr 2019 von den knapp<br />

30 Millionen Einwohnern Nepals etwa 35 000<br />

Menschen Opfer von Menschenhandel wurden,<br />

weitere 1,5 Millionen Männer und<br />

Frauen seien „gefährdet“. Laut einem aktuellen<br />

Zeitungsartikel in der „Kathmandu Post“<br />

verlassen jeden Tag etwa 1500 Menschen<br />

Nepal allein per Flugzeug, um ihren zurückgelassenen<br />

Familien ein besseres Leben zu<br />

ermöglichen. „Obwohl vor der Ausreise für<br />

gesund erklärt, wurden zwischen 2008 und<br />

2019 7467 Wanderarbeiter aus Nepal in Särgen<br />

zurückgebracht. Diese düstere Statistik<br />

spiegelt nicht ganz das gesamte Bild wider.<br />

Die Zahl der Todesfälle berücksichtigt insbesondere<br />

nicht die undokumentierten Wanderarbeiter“,<br />

heißt es in dem Bericht. Die<br />

„Kathmandu Post“ ist eine der größten englischsprachigen<br />

Tageszeitungen des Landes.<br />

<strong>missio</strong> 1/<strong>2023</strong> |<br />

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