LE-3-2024 - HANDEL & DISTANZHANDEL
LOGISTIK express Journal 3/2024: Titel: Leiden(schaft) im Handel Themen & Inhalte: eCommerce-Studie 2024 // Aufruf für faire Wettbewerbsbedingungen // Omni-Channel: es führt kein Weg dran vorbei // Handelsflächen: Lage weiterhin herausfordernd // Wer sich wissentlich betrügen lasst, ist selbst schuld // Haus-Paket-Fach-Anlagen (HPFA) // Retouren im Einzelhandel // eCommerce Day: Der wichtigste Online-Handelskongress // Austrian Trustmark Awards 2024 // Der Tag, an dem es an der Kassa erstmals piepte // Deloitte KI-Report // Generative KI-Tools für Amazon Verkaufspartner // Die Post – schafft alles // 25 Jahre Hermes Paket-Shops // Mit Amazon ist die Tafel gedeckt
LOGISTIK express Journal 3/2024: Titel: Leiden(schaft) im Handel
Themen & Inhalte: eCommerce-Studie 2024 // Aufruf für faire Wettbewerbsbedingungen // Omni-Channel: es führt kein Weg dran vorbei // Handelsflächen: Lage weiterhin herausfordernd // Wer sich wissentlich betrügen lasst, ist selbst schuld // Haus-Paket-Fach-Anlagen (HPFA) // Retouren im Einzelhandel // eCommerce Day: Der wichtigste Online-Handelskongress // Austrian Trustmark Awards 2024 // Der Tag, an dem es an der Kassa erstmals piepte // Deloitte KI-Report // Generative KI-Tools für Amazon Verkaufspartner // Die Post – schafft alles // 25 Jahre Hermes Paket-Shops // Mit Amazon ist die Tafel gedeckt
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HANDEL & DISTANZHANDEL LE 3/2024
LEIDEN(SCHAFT) IM HANDEL
Norbert Scheele, C&A Head of European
Expansion & Handelsverband Vize Präsident
zu Herausforderungen der Branche.
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S2
LOGISTIK express
HANDEL &
DISTANZHANDEL
Auf einen Blick:
02 Inhalt / Impresum
04 eCommerce-Studie 2024
08 Aufruf für faire
Wettbewerbsbedingungen
10 Omni-Channel
14 Handelsflächen: Lage herausfordernd
16 Wer sich betrügen lasst ...
18 Haus-Paket-Fach-Anlagen (HPFA)
20 Retouren im Einzelhandel
22 eCommerce Day 2024
28 Austrian Trustmark Awards 2024
30 Der Tag, an dem es an der Kassa
erstmals piepte
32 Deloitte KI-Report
34 Generative KI-Tools für Amazon
Verkaufspartner
36 Die Post – schafft alles
38 25 Jahre Hermes Paket-Shops
40 Mit Amazon ist die Tafel gedeckt
LE 3/2024
IMPRESSUM
Medieninhaber, Herausgeber:
Markus Jaklitsch
Fotos: istockphoto.com
LOGISTIK express / MJR MEDIA WORLD
Hameaustraße 44, 1190 Wien
+43 676 7035206 / info@logistik-express.at
www.logistik-express.com
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S4
Handel & Distanzhandel
eCommerce-Studie
2024: Ausgaben im
Onlinehandel steigen
um 5% auf 10,6 Mrd.
Euro
Die renommierteste Studie des österreichischen
Onlinehandels liefert erstmals einen
10-Jahres-Vergleich. Das Umweltbewusstsein
der Österreicher leidet unter der Inflation. Die
Retourenquote klettert auf 42%.
GERALD KÜHBERGER
Zuwachs von 36 Prozent. Mobile Kauftransaktionen
nehmen damit rapide zu. Für 2025 erwarten
wir eine anhaltend positive Umsatzentwicklung",
kommentiert Rainer Will, Geschäftsführer
des freien, überparteilichen Handelsverbandes,
die zentralen Ergebnisse der Studie.
Im gesamten Distanzhandel (Versandhandel,
Interneteinzelhandel, Mobile Commerce) beläuft
sich das Plus heuer ebenfalls auf 5%, die
Ausgaben belaufen sich damit auf 11 Milliarden
Euro. Die Zahl der aktiven heimischen Webshops
steigt auf über 12.000.
Top-Warengruppen im Distanzhandel 2024:
Bekleidung, Elektro & Möbel
"2024 kaufen rund 6 Millionen Österreicher im
Distanzhandel. Die Top-Warengruppen sind
heuer Bekleidung mit 2,4 Milliarden Euro
Umsatz, Elektrogeräte mit 1,3 Milliarden und
Möbel mit 0,9 Milliarden Euro Umsatz", erklärt
Studienleiter Wolfgang Ziniel, Senior Researcher
bei der KMU Forschung Austria.
GERALD KÜHBERGER
Die brandneue 15. Ausgabe der bundesweiten
"eCommerce-Studie Österreich"
des Handelsverbandes in
Kooperation mit der KMU Forschung
Austria belegt das wirtschaftliche Comeback
des Onlinehandels sowie ein massives Wachstum
von +36% im Mobile Shopping. Deutliche
Steigerungen der Käuferzahlen treffen heuer
auf moderat steigende Pro-Kopf-Ausgaben.
Voice Commerce (Alexa & Co.) bleibt weiterhin
ein Nischenprogramm.
Mehr Umsatz, mehr Kundschaft, gute Aussichten:
eCommerce-Ausgaben bei 10,6
Milliarden Euro
"Der Onlinehandel ist wieder auf der wirtschaftlichen
Überholspur, allerdings fließt ein Gutteil
der Umsätze ins Ausland. Bis Ende April 2024
sind die eCommerce-Ausgaben der Österreicherinnen
und Österreicher im Vorjahresvergleich
um 5 Prozent auf 10,6 Milliarden Euro
angestiegen. Der Überflieger ist heuer das
Smartphone-Shopping mit einem gewaltigen
Den höchsten prozentuellen Online-Anteil an
den gesamten einzelhandelsrelevanten Konsumausgaben
kann im Branchenvergleich der
Spielwarenhandel (35%) verbuchen. Auf den
Plätzen folgt der Handel mit Sportartikeln (34%),
Bekleidung (30%) und Elektrogeräten (29%).
Dramatisch: Kaufkraftabfluss der heimischen
Shopper ins Ausland steigt auf 54%
Der tatsächliche Sitz der Handelsunternehmen
spielt für die Käufer:innen im Internet und Versandhandel
keine maßgebliche Rolle. Dennoch
greifen 17% nur auf Anbieter aus Österreich
zurück. Ein Fünftel (19%) bestellt die gewünschten
Produkte ausschließlich im ausländischen
Distanzhandel.
"Der Kaufkraftabfluss der heimischen Shopper
ins Ausland steigt auf 54 Prozent. Die Gesamtausgaben
der heimischen Konsumentinnen
und Konsumenten im ausländischen Distanzhandel
liegen 2024 bereits deutlich über jenen
im inländischen Online- und Versandhandel.
Mittlerweile fließen fast 6 Milliarden Euro, deutlich
mehr als die Hälfte der Umsätze, an ausländische
Webshops. Die Österreicherinnen und
Österreicher finanzieren damit rund 150.000
Jobs im Ausland, auch aufgrund unfairer
gesetzlicher Rahmenbedingungen und
mangelhafter Zollkontrollen", moniert
Handelssprecher Rainer Will.
"Jüngere Zielgruppen kaufen deutlich häufiger
bei ausländischen Anbietern ein als ältere.
Der Ausgabenanteil beim ausländischen
Distanzhandel liegt bei der jungen Generation
zwischen 15 und 29 Jahren bei 58 Prozent und
sinkt kontinuierlich mit dem Alter.
Von der Generation 50+ kauft nur mehr die
Hälfte bei ausländischen Anbietern ein", ergänzt
Harald Gutschi, Geschäftsführer der Otto Austria
Group sowie Vizepräsident des Handelsverbandes
und Leiter der Plattform "eCommerce,
Marktplätze & Versandhandel".
Retourenquote steigt von 38% auf 42% –
befeuert durch Inflation & Boom bei Fernost-Plattformen
"Rund 13% der gesamten Einzelhandelsausgaben
der österreichischen Privathaushalte
fließen in den Distanz- und Onlinehandel.
Im Schnitt gibt jede Kundin und jeder Kunde
1.840 Euro pro Jahr über diesen Vertriebskanal
aus. Der Einkauf im klassischen Versandhandel
– also das Bestellen von Waren per
Telefon, Post oder Fax – hat sich seit dem Jahr
2015 auf 10 Prozent halbiert", sagt Gutschi.
Einen doch überraschend starken Anstieg
verzeichnet heuer die Retourenquote. 2023
retournierten noch 38% der Distanzhandelskäufer:innen
zumindest einen Teil der bestellen
Produkte, 2024 sind es allerdings 42%. In
absoluten Zahlen bedeutet dies, dass von den
6 Millionen Österreicher:innen, die im Distanzhandel
einkaufen, rund 2,5 Millionen bestellte
Einzelhandelsware(n) zumindest einmal im
Kalenderjahr wieder retournieren.
Paradox: Nachhaltigkeitsaffine GenZ mit
höchster Retourenquote
"Nach dem Tiefststand 2023 mit 38% ist die
Retourenquote heuer wieder auf das durchschnittliche
Niveau der Vorjahre gestiegen.
42% der Distanzhandelsshopper senden bestellte
Einzelhandelswaren zumindest einmal
pro Jahr zurück. Hauptgrund dafür könnte das
gestiegene Bestellvolumen bei QuickCommerce-Plattformen
aus Asien sein, verbunden
mit einer oft schlechteren Produktqualität und
dementsprechend unzufriedenen Kundinnen
und Kunden", ist Harald Gutschi überzeugt.
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S6
Paradox: Die Retourenquote fällt just bei den
– vorgeblich nachhaltigkeitsaffinen – jungen
Konsument:innen (zwischen 15 und 29 Jahren)
am höchsten aus: 59% dieser Alterskohorte
senden zumindest einen Teil der bestellten Waren
zurück. "Gerade bei der jungen Generation
hat sich die Rücksendetendenz im Vergleich
zum Vorjahr erheblich erhöht. Obwohl der GenZ
der Faktor Nachhaltigkeit laut Eigenauskunft
sehr wichtig ist, zeigt die Realität hier ein
anderes Bild", stellt Rainer Will klar.
Voice Commerce: Sprachassistenten bleiben
im eCommerce ein Nischenprogramm
Der in den letzten 10 Jahren medial gehypte
Voice Commerce hat in Österreich weiterhin
mit Schwierigkeiten zu kämpfen: "Zwar verfügen
16% bzw. 1,4 Millionen Konsument:innen
in ihrem Haushalt über eine digitale Assistenz
wie Amazon Echo, Google Home, etc. Allerdings
verwenden nur 60.000 Menschen ihre persönlichen
digitalen Assistenten für Bestellungen
im Onlinehandel. Immerhin 200.000 Personen
nutzen diese Tools zur Verwaltung ihrer Einkaufslisten",
so Wolfgang Ziniel.
Die Sprachassistenten bleiben beim Kaufabschluss
zwar ein Nischenprogramm, jedoch darf
der Grad der Beeinflussung vor der Kaufentscheidung
durch personalisierte Werbung und
technisch immer versiertere Sprachassistenten
im höchstpersönlichen Umfeld nicht unterschätzt
werden.
Umweltbewusstsein: Geringerer finanzieller
Spielraum dämpft Öko-Kaufverhalten
Die Teuerung der vergangenen beiden Jahre
schlägt sich mittlerweile in einem gesunkenen
Umweltbewusstsein der österreichischen
Konsument:innen nieder: Die Inkaufnahme von
Nachteilen, wenn man von gewohnten Produkten
auf umweltfreundlichere wechseln würde,
hat sich 2024 um 18 Prozentpunkte reduziert,
der Anteil jener Personen, die dies tun, liegt nun
bei 47% (Vorjahr: 65%). "Es zeigt sich generell
bei Fragen zum umweltbewussten Kaufverhalten
im Internet, dass die Österreicher:innen aufgrund
des engeren finanziellen Spielraums in
den letzten 12 Monaten Abstriche beim eigenen
Umweltbewusstsein gemacht haben", ist Ziniel
überzeugt.
Unterschiede im umweltfreundlichen Verhalten
zeigen sich sowohl beim Geschlecht – Frauen
weisen höhere Werte auf als Männer – als auch
hinsichtlich des Alters: Personen im Alter von 60
Jahren oder älter gewichten einkaufsrelevante
Umweltaspekte überraschenderweise meist
höher als die Altersklasse der 15-29-Jährigen.
"Da umweltrelevante Aspekte mit fortschreitendem
Alter immer wichtiger erscheinen, besteht
also nach wie vor Potenzial, den österreichischen
eCommerce zukünftig noch umweltfreundlicher
zu gestalten", hofft Harald Gutschi.
"Man sieht, die Österreicherinnen und Österreicher
geben heuer mehr online aus, allerdings
für billigere Waren aus dem Ausland. Daher
setzt sich der Handelsverband vehement für
mehr FairCommerce im europäischen Handel
ein. Die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen
sowie die Abschaffung der 150
Euro-Zollfreigrenze bis spätestens 2026 sind
alternativlos", so das Fazit von HV-Geschäftsführer
Rainer Will.
Über die Studie
Die "eCommerce-Studie Österreich -
Konsumentenverhalten im Distanzhandel"
wird jährlich von der Plattform "eCommerce,
Marktplätze & Versandhandel" des Handelsverbands
bei der KMU Forschung Austria in Auftrag
gegeben. Im Mittelpunkt der Studie stehen
Fragestellung zu Ausgaben im österreichischen
eCommerce, Verteilung nach Bestellkanälen,
Warengruppen, Bezahlformen, Retouren etc.
Methode: Die Ergebnisse der Studie basieren
für jeden Analysezeitraum auf einer umfangreichen,
telefonischen Befragung von 950 Österreicher
(ab 15 Jahren), auf Basis eines standardisierten
Fragebogens mit geschlossenen Fragen.
Die Stichprobenziehung erfolgt im Quotenverfahren
nach Geschlecht, Alter, Bundesland –
repräsentativ für die österreichische Bevölkerung
ab 15 Jahre. Die Daten werden einer
Plausibilitätsprüfung unterzogen und statistisch
ausgewertet. Die Feldphase dauerte von Mai
2023 bis April 2024.
Sie haben die Möglichkeit, die Studie zu bestellen.
Weitere Informationen erhalten Sie direkt
vom Handelsverband Österreichs. (RED)
#ECOMLOG24
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9. ECOMMERCE
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LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S8
Handel & Distanzhandel
Europäische Verbände
starten dringenden
Aufruf für faire Wettbewerbsbedingungen
und
effektive Durchsetzung
der EU-Vorschriften im
E-Commerce
In einem offenen Brief fordert der Handelsverband
gemeinsam mit dem europäischen
Dachverband Ecommerce Europe und seinen
Schwesterverbänden gleiche Bedingungen für
alle E-Commerce-Akteure, die in der EU tätig
sind. MANUEL FRIEDL
MANUEL FRIEDL
Heute haben der europäische E-Commerce-Dachverband
Ecommerce
Europe und viele seiner nationalen
Mitgliedsverbände, darunter auch
der österreichische Handelsverband, einen
offenen Brief an Entscheidungsträger, Behörden
und Interessenvertreter sowohl auf EU- als
auch auf nationaler Ebene veröffentlicht, in dem
sie die dringende Notwendigkeit betonen, faire
Wettbewerbsbedingungen für alle E-Commerce-Akteure
im EU-Binnenmarkt zu gewährleisten
und für eine effektive Durchsetzung des
EU-Rechts zu sorgen.
„In jüngster Zeit sind neue E-Commerce-
Akteure von außerhalb der EU in die Union
eingetreten, die großen Druck auf den Binnenmarkt
und auf jene Unternehmen ausüben, die
bereits in der EU ansässig sind. Wir haben uns
immer für einen offenen und wettbewerbsfähigen
Markt eingesetzt und werden dies
auch weiterhin tun, denn der E-Commerce ist
ein globaler Wirtschaftszweig. Die politischen
Entscheidungsträger und die zuständigen
Behörden müssen jedoch sicherstellen, dass
dieser Wettbewerb fair ist“, erklärt Luca Cassetti,
Generalsekretär von Ecommerce Europe.
Viele Fragen hinsichtlich der Einhaltung der
EU-Rechtsvorschriften
Unternehmen, die bereits in der EU ansässig
sind, unterliegen zahlreichen Vorschriften, und
die Kosten für deren Einhaltung sind in der
Regel hoch, da die Vorschriften komplex und
oft nicht vollständig auf EU-Ebene harmonisiert
sind. Daher ist es für in der EU ansässige
Akteure schwierig geworden, mit den neuen
Akteuren von außerhalb der EU auf gleicher
Augenhöhe zu konkurrieren. „Die Geschäftspraktiken
dieser neuen Marktteilnehmer werfen
viele Fragen hinsichtlich der Einhaltung der
EU-Rechtsvorschriften auf, insbesondere in den
Bereichen Verbraucherschutz, Produktsicherheit,
Produktfälschung, Datenschutz, Schutz der
Privatsphäre, Umwelt und Steuern. Die Nichteinhaltung
dieser Vorschriften kann nicht nur zu
unlauterem Wettbewerb führen, sondern auch
dazu, dass potenziell gefährliche Produkte auf
den EU-Markt gelangen“, kritisiert Rainer Will,
Geschäftsführer des freien, überparteilichen
Handelsverbandes.
Wenn Unternehmen, die in der EU ansässig sind,
Regeln verletzen, hat dies Konsequenzen und
die Behörden können Zwangsmaßnahmen gegen
sie ergreifen. Die EU hat bereits Vorschriften
eingeführt, die für mehr Gerechtigkeit sorgen
sollen. „Das Problem liegt in der unzureichenden
Durchsetzung dieser EU-Regeln gegenüber
Akteuren, die außerhalb der EU ansässig sind“,
präzisiert Handelssprecher Rainer Will. Die
nationalen Behörden sind oft unterfinanziert,
unterbesetzt und unkoordiniert. Dies verschafft
Akteuren mit Sitz außerhalb der EU, die sich
nicht an die Regeln halten, einen unfairen
Wettbewerbsvorteil. „Monat für Monat fließen
Milliarden Euros an Kaufkraft aus der EU ab –
mit entsprechenden Folgen für unsere
Volkswirtschaften. Zuerst verlieren wir die
Wettbewerbsfähigkeit, danach den Wohlstand.
Daher machen wir gemeinsam mit 16 anderen
Verbänden klar, dass entschlossen gegengesteuert
werden muss.“
Drei Kernforderungen
Angesichts des sehr schnellen Wachstums
einiger dieser neuen Akteure fordern die Mitunterzeichner
des offenen Briefes die Entscheidungsträger
auf EU- und nationaler Ebene auf,
so schnell wie möglich zu handeln, um
• alle notwendigen Mittel bereitzustellen, um
die Aktivitäten von Akteuren mit Sitz außer
halb der EU ebenso gründlich zu prüfen wie
die von Unternehmen, die bereits in der EU
ansässig sind.
• diese Akteure im Falle von Problemen mit der
gleichen Entschlossenheit zu sanktionieren
wie bei Verstößen von Akteuren mit Sitz in
der EU.
• eine engere Zusammenarbeit und
Koordnierung zwischen den EU-Mitgliedstaaten
und deren Behörden zu fördern
und zu erleichtern.
„Wir sind der Ansicht, dass die EU-Gesetzgebung
bereits alle notwendigen Instrumente
bereitstellt, um ein hohes Verbraucherschutzniveau
in Europa zu gewährleisten, und dass
keine zusätzlichen Verpflichtungen für Händler
eingeführt werden sollten, solange die bestehenden
Vorschriften nicht in der gesamten EU
und gegenüber Akteuren mit Sitz außerhalb
der EU wirksam und effizient durchgesetzt
werden“, erklärt Luca Cassetti, Generalsekretär
von Ecommerce Europe „Wenn jedoch neue
Gesetze in Betracht gezogen werden, sollten
deren Auswirkungen auf gleiche Wettbewerbsbedingungen
und die Voraussetzungen für eine
erfolgreiche Durchsetzung gründlich geprüft
werden, bevor neue Gesetzgebungsvorschläge
vorgelegt werden.“
Offene Brief
Neben dem Handelsverband für Österreich
haben den offenen Brief auch Partnerverbände
aus Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland,
Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, den
Niederlanden, Norwegen, Polen, Rumänien,
Schweden, der Schweiz und Tschechien sowie
der europäische Dachverband Ecommerce Europe
unterzeichnet. Link https://bit.ly/3RGukAk
Auf nationaler Ebene hat der Handelsverband
bereits im April einen Acht-Punkte-Aktionsplan
für Fairness im digitalen Handel vorgelegt. (RED)
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S10
Handel & Distanzhandel
Omni-Channel: es führt
kein Weg dran vorbei
Der Mode-Handel ist im Umbruch: war früher
Amazon die Bedrohung, sind es nun Shein,
Temu & Co. Kann der stationäre Handel da
überhaupt noch bestehen? Mit welchen
Strategien kann man zukünftig Erfolg haben,
und wohin geht die Reise? Logistik express im
Gespräch mit Norbert Scheele, Head of
European Expansion, C&A und Vizepräsident
des Österreichischen Handelsverbands.
ANGELIKA GABOR
Durch die Covid-Pandemie hat sich
vieles geändert. Früher war das
Rezept einfach: möglichst große Filialen
in jedem Einkaufszentrum, dazu
vielleicht ein Flagship-Store an prominenter
Adresse in der Wiener Innenstadt. Dann kam der
Lockdown und wenig später der Ukraine-Krieg,
mit drastischen Folgen für die Energiepreise
und damit die überhöhte Inflation. Alles in allem
schlechte Karten für eine so schnelllebige Branche
wie Fashion und Textil. Denn auch wenn die
Läger voll sind – wer kauft schon eine Skijacke
im Mai? Angesichts gestiegener Mieten ist die
Standortfrage ein immer wichtigeres Kriterium.
Scheele: „Man muss sich als Unternehmen die
Frage stellen: sind wir überall richtig vertreten?
Gerade bei Einkaufszentren hat sich einiges getan.
Es gibt immer weniger Geschäfte, die noch
größer als 4.000 m2 sind. Auf dem Land haben
Filialen in Einkaufszentren und Fachmarktzentren
aber durchaus noch ihre Berechtigung.“
Zwischen 2019 und 2023 sind die Kosten bei
Personal und Mieten um mehr als 20 Prozent
gestiegen, gleichzeitig galt es, einen Umsatzrückgang,
etwa durch Lieferunterbrechungen
und damit geringere Warenverfügbarkeit, zu
verkraften. In diesem Zeitraum hat laut Studie
des Handelsverbands der gesamte stationäre
Handel 6,2 Prozent an Haushaltsausgaben
eingebüßt, wohingegen der Onlinehandel um
beinahe +23 Prozent zulegen konnte. „Die große
Herausforderung war und ist, die Kostenstruktur
entsprechend anzupassen. Ein großes Problem,
das mit politischem Willen aber einfach zu
lösen wäre, ist beispielsweise die Mietvertragsgebühr,
die Neueröffnungen erschwert“, meint
Scheele.
NORBERT SCHEELE
Ein weiteres Problemfeld: die Suche nach
geeignetem Personal. „Es ist heute noch viel
schwieriger als vor der Pandemie, Mitarbeiter
für Vollzeitstellen zu finden. Viele wären bereit,
mehr Stunden zu arbeiten, wenn es sich
auszahlen würde“, seufzt Scheele. So würde
man beispielsweise in Ungarn bei 30 Prozent
mehr Arbeitszeit auch 30 Prozent mehr Gehalt
bekommen. In Österreich hingegen fressen
die Lohnnebenkosten einen Teil davon wieder
auf, und den Leuten sei ihre Freizeit mehr wert
geworden.
Scheele: „Nach Frankreich hat Österreich die
größte Regulierungswut. Der Handelsverband
hat ein Maßnahmenpaket vorgestellt, wie man
der Wirtschaft helfen und Bürokratie abbauen
kann, indem man beispielsweise bestehende
Rahmenrechtsprobleme löst – es fehlt allerdings
an der Umsetzung.“ Bei C&A versucht
man, durch flexible Arbeitszeitmodelle als
Arbeitgeber attraktiv zu sein, so dürfen Verwaltungsmitarbeiter
im Homeoffice arbeiten
und bei Teilzeitkräften werden die Stunden auf
möglichst wenige Tage aufgeteilt, damit die
Mitarbeiter nicht nur für wenige Stunden
kommen müssen.
Fertigung: Asien vs. Europa
Der überwiegende Teil der Kleidung, Textilien
kommt aus Ländern wie China, Bangladesch
und Taiwan und von dort via Schiffscontainer
nach Europa. „Diese langen Transportwege bedeuten
natürlich gewisse Unsicherheiten. Wie
fährt der Container? Ist meine Ware wirklich
auf dem Schiff? Das Modegeschäft ist saisonal
geprägt, beispielsweise zu Ostern wird viel
Kindermode gekauft und auch Weihnachten ist
besonders umsatzstark. Kommt die Ware nun zu
früh, fallen Lagerkosten an. Kommt sie jedoch
zu spät, ist die Saison vorbei und das Geschäft
verloren. Deshalb sind zuverlässige Partnerschaften
so wichtig“, erläutert Scheele. Die
Alternative wäre die Produktion in Europa –
und geht es nach Scheele, wird das in Zukunft
auch vermehrt zur Realität werden: „Schon
heute werden für C&A in Mönchengladbach
900.000 Jeans unter Einhaltung sämtlicher
Umweltauflagen gefertigt, und die kosten nicht
mehr als die anderen. Meiner Meinung nach
wird die Textilindustrie wieder nach Europa
zurückkehren, das Transportrisiko ist einfach
viel geringer.“
Temu, Shein & Co als rotes Tuch
Vor exakt 30 Jahren wurde Amazon gegründet,
vor 25 Jahren startete die österreichische
Website. Der Siegeszug war rasant und Amazon
wurde schnell als Bedrohung des heimischen
Handels betrachtet.
Heute ist Amazon der führende Online-Händler
in Österreich, gefolgt von Zalando, Otto-
Group und Shop-Apotheke. Doch während
Amazon inzwischen nach einigen rechtlichen
Streitereien Steuern zahlt und die Verantwortung
für die auf der Plattform verkauften
Waren übernommen hat, überfluten nun die
Onlineplattformen Temu und Shein den
europäischen Markt. „Temu kommt mit 15 bis
20 Flugzeugen voller Waren täglich. Die Waren
haben keine CE-Zertifikate und das Unternehmen
umgeht den Zoll, indem Pakete falsch
ANGELIKA GABOR
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S12
OMNI-CHANNEL: ES FÜHRT KEIN
WEG DRAN VORBEI
deklariert werden. Bei der Produktion werden
keinerlei europäische Standards eingehalten
– weder was die Punkte wie Kinderarbeit und
Umweltschutz, noch den Einsatz von Chemikalien
anbelangt. Von den Abgaben für die
Verpackungsentsorgung ganz zu schweigen.
Diese Praxis kann und wird den europäischen
Markt nachhaltig schaden, wenn die EU hier
nicht rasch handelt“, ist Scheele überzeugt. Persönlich
hat er nichts gegen neue Wettbewerber,
aber „der Wettbewerb muss fair sein – und das
ist er aktuell nicht.“
Auch die „Gamification“, die Shein und Temu
nutzen, sieht er als Problem: „Der Kunde wird
durch spielerische Angebote und damit einhergehende
extreme Rabatte dazu gebracht,
immer mehr Zeit in der App zu verbringen und
immer neue Waren auszuprobieren. Je aktiver
man ist, desto mehr Bonusse erhält man“,
erläutert Scheele. Das kann beispielsweise ein
Glücksrad sein (bei dem man zufällig immer den
höchsten Rabatt erdreht), oder Angebote, die
(scheinbar) in wenigen Minuten ablaufen, um
den Kaufanreiz zu erhöhen. Und das mit Erfolg:
Temu, kapitalstarke Tochter der chinesischen
Pinduduo Holding, hat 2023 weltweit mehr als
30 Milliarden Dollar umgesetzt und ist in weniger
als einem Jahr Platz vier der Online-Marktplätze
in Deutschland vorgerückt.
Das Konzept dahinter ist clever: die Produkte
kommen direkt aus der Fabrik, der Zwischenhändler
wird umgangen. Die EU möchte bis
2027 eine entsprechende Regelung finden –
bis dahin könnte es für viele Händler aber
schon zu spät sein.
Ist der stationäre Handel nun verloren?
„Nein“, ist Scheele überzeugt, „der stationäre
Handel wird immer seine Berechtigung haben,
aber als Unternehmen muss man heute mehr
bieten.“ Das Zauberwort lautet „Omni-Channel“,
man muss die Kunden auf allen Kanälen erreichen
– stationär, online, mit Mobile-Apps
und auch mit Mischformen wie Click & Collect.
Je besser das Online-Angebot, desto erfolgreicher
ist auch das Unternehmen. Dazu zählt
etwa eine Warenverfügbarkeitsanzeige, damit
man sieht, in welchen Filialen etwas vorrätig ist.
Ganz wichtig ist auch ein breites Angebot an
Bezahlmöglichkeiten, damit es für die Kunden
möglichst bequem ist. Aber klar sei auch, dass
die Rentabilität der einzelnen Standorte auf
dem Prüfstand stehen wird. Als Folge kann es
durchaus sein, dass Filialen schließen müssen,
oder übersiedeln.
Das Problem mit dem Lieferkettengesetz
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – kurz
Lieferkettengesetz – ist an und für sich eine
gute Idee, es hat nur einen entscheidenden
Haken: es gilt nur für Unternehmen in der EU.
Asiatische Unternehmer bekommen vermutlich
einen Lach-Flash wenn sie sehen, mit welch
zusätzlichem bürokratischem Aufwand sich
die Unternehmen nun herumschlagen müssen.
Bislang nur die großen, aber schrittweise wird
es irgendwann jedes Unternehmen treffen.
„Es ist äußerst schwierig, sämtliche Teile der
Kette bis hinunter zum Baumwollpflücker zu
prüfen“, gibt Scheele zu bedenken, „insbesondere
für kleinere Betriebe ist das aus praktischen
und finanziellen Gründen extrem mühselig.“
Auch sei es schwierig, den Lieferanten all
die nötigen Schritte und Formulare zu erklären,
denn „für den amerikanischen Kunden muss er
das alles nicht ausfüllen“. Seiner Meinung nach
wäre es besser, wenn jeder nur jeweils ein bis
zwei Schritte zurück in seiner Lieferkette prüfen
müsste, um zu sehen, ob Standards eingehalten
würden.
Wie sagte schon der berühmte Dramatiker
Johann Nestroy? „Zu Tode gefürchtet ist auch
gestorben.“ Natürlich wird es in Zukunft einige
Konkurse bei Modeunternehmen geben, aber
das ist nichts Neues, die gab es auch vor der
Pandemie und bevor der E-Commerce Einzug
hielt. Wer seine Kostenstruktur im Griff hat,
sich gut um seine Mitarbeiter kümmert (damit
sie bleiben) und seinen Kunden verschiedene
Bezugskanäle und möglichst viel Service (zB
einfache Retouren) bietet, der hat durchaus gute
Chancen, auch in den nächsten Jahrzehnten
noch erfolgreich Geschäfte zu machen. (RED)
#austrianretailsummit
Austrian Summit
for Retail &
Branded Goods
ZUM WARENKORB
tagdeshandels.at
TAG DES
HANDELS
GMUNDEN, (OÖ)
10. & 11. OKTOBER
2024
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S14
Auch Online-Handel schrumpft
Im Jahr 2023 hat sich der Rückgang im Bereich
„eCommerce“ deutlich beschleunigt und ist um
-7,5 % im Vergleich zu 2022 zurückgegangen.
Vorkrisenniveau bei Pleiten
führt zu Schließungen
944 Handelsunternehmen schlitterten 2023
in die Insolvenz (+14 %). Die Zahl der Pleiten
insgesamt für Q1/2024 stieg im Vergleich zum
Vorjahresquartal um +27 % auf 1.688 an.
Handel & Distanzhandel
Handelsflächen:
Lage weiterhin
herausfordernd
Situation im Handel nach wie vor sehr
herausfordernd. Umsätze schrumpfen
stationär und online. Das Stimmungsbild
im Handel bleibt pessimistisch. REDAKTION
Die schwache Konjunktur hat
sich auch auf die privaten Konsumausgaben
in Österreich ausgewirkt,
die im Vergleich zum
Vorjahr um -1,1 % zurückgegangen sind.
Die Reduktion der gesamten Konsumausgaben
hat sich auch auf die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze
negativ ausgewirkt.
„Die anhaltende Teuerung, sinkende Konsumausgaben,
steigende Betriebskosten (Energie
etc.) stellen den stationären Handel nach wie
vor auf eine harte Probe“, stellt Mag. Stefan
Krejci von RE/MAX Commercial Austria fest.
Expansive Diskonter
Diskont-Konzepte wie KIK, TEDI, Action, Thomas
Philipps und die deutsche Warenhauskette
Woolworth suchen nach wie vor neuen Filialstandorten.
Im Bekleidungsbereich konnten
Unternehmen wie TK Maxx oder Only im
abgelaufenen Jahr ihre Filialanzahl
weiter steigern. Die Firma Deichmann,
hat angekündigt, sein
Konzept MyShoes aufzugeben
und dadurch 29 Filialen zu
schließen.
Weiterhin expansiv unterwegs
sind Shops mit Luxuslabels.
Hermès, Dior oder Longines
haben neue Standorte an Topadressen
in Wien eröffnet oder nach
Umbauten wiedereröffnet. Gleichzeitig ist
auch eine Flächennachfrage in innerstädtische
Toplagen und Einkaufszentren bei E-Auto-
Anbietern (BYD) zu erkennen.
Herausforderung: Handel nach wie vor
eher pessimistisch eingestellt
Nach einer Umfrage von Standort + Markt im
Frühjahr 2024 gehen nur rund 15 % der befragten
Unternehmer davon aus, das Jahr 2024 mit
Gewinn abzuschließen, aber 42% mit Verlust.
Kürzere Öffnungszeiten
gegen Betriebskosten
Die hohen Energiepreise treffen Händler je
nach Branche ebenfalls an unterschiedlichen
Fronten, unter anderem im Bereich des eigenen
Transports. Aber auch Einkaufszentren spüren
den Druck steigender Betriebskosten, weshalb
erste Standorte bereits eine Reduktion der
Öffnungszeiten umgesetzt haben.
Konsumausgaben gefallen –
Erholung könnte 2024 hilfreich sein
Der private Konsum ist im Jahr 2023 leicht
gesunken. Aufgrund der neuerlich hoch
ausgefallenen Lohnabschlüsse rechnen die
Wirtschaftsforscher 2024 und 2025 jedoch mit
einer höheren Konsumnachfrage. Diese werden
sich positiv auf die Einzelhandelsumsätze, aber
negativ auf die Kostenstruktur auswirken.
Auch in Toplagen neue Konzepte möglich
Neueinstiege kommen aus der reinen „Marken-Welt“
zwecks klassischen Branding oder
aus Trendbereichen wie der E-Mobilität. Auch
im Bereich der Gastro- und Freizeitindustrie ist
steigendes Interesse zu verzeichnen, vor allem
aus der Systemgastronomie (KFC, McDonalds,
LeBurger). Allein im Mode- und Schuhhandel
sind im letzten Jahrzehnt rund -18 % der
Verkaufsfläche verschwunden. Das nützen viele
Händler, die Verträge entsprechend nachzuverhandeln.
„Deckelungen von Betriebskosten oder
Einschleifregelungen sind bereits gang und
gäbe“, so Krejci.
Handelsflächenreduktion geht weiter
Der Standort + Markt City-Retail Studie 2024
zufolge sind rund 9.000 m2 erkaufsfläche
verschwunden. Dennoch hat sich die Leerstandsrate
in den heimischen Städten nur
unwesentlich auf 6,7 % reduziert, weil in den
letzten Jahren Verkaufsflächen in Summe
zurückgegangen sind und anderwertig genutzt
werden. „Gastronomie, Sport- und Wellnessangebote
wie Fitnessstudios, sowie öffentliche
Einrichtungen und Dienstleistungen können
eine wichtige Rolle bei möglichen Umnutzungen
spielen“, meint Raimund Baumgarten, MBA,
RE/MAX Commercial, Experte für Hotel und
Gastronomie.
Branchenmix entscheidet
Sowohl bei Mietern als auch Investoren weiterhin
hoch im Kurs stehen Fachmarktagglomerationen,
die ein großes Angebot an krisenfesten
Gütern des täglichen Bedarfs (Lebensmittelhandel,
Drogerien, Apotheken, Tierbedarf etc.) aufweisen.
2023 kaum Veränderungen zum Vorjahr
– Prognosen für 2024 gehen aber von teilweise
rückläufigen Spitzenmieten aus.
(RED)
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S16
Handel & Distanzhandel
Wer sich wissentlich
betrügen lasst, ist selbst
schuld
Paketflut aus Süd-Ost Asien führt angeblich
zu Abgabenhinterziehung und Zollbetrug.
Auch sollen die importierten Waren nicht den
europäischen Produktrichtlinien entsprechen,
oder auch Markenrechte verletzten.
WALTER TREZEK
Wie gedenkt die Finanzaufsicht
dem Treiben entgegen zu wirken
und damit wieder Wettbewerbsneutralität
herzustellen?
Was kann der österr. Zoll tun?
Die österreichische Aussichtbehörde steht vor
der Herausforderung, dass der überwiegende
Teil der Importsendungen gar nicht in Österreich
verzollt wird. Importiert wird die Masse der
Sendungen als Warensendungen mit geringem
Wert über andere EU-Staaten, wie etwa Be-Ne-
Lux oder Ungarn.
Die Warensendungen werden bereits verzollt
(von der Einfuhrumsatzsteuer befreit, nach
dem IOSS System, als weil Warensendungen
unter einem Warenwert von 150 EUR), und zu
individuell vereinbarten Tarifen an die österreichischen
Paketdienste übergeben. Derzeit vor
allem Österreichische Post und DPD, zunehmend
auch AMAZON.
Es gibt, wohl auch teilweise zu Recht, daran
Kritik, da der Zoll in Be-Ne-Lux mit der gesamteuropäischen
Einfuhrverzollung überfordert
zu sein scheint. Die Herausforderungen (Abgabenhinterziehung
wegen missbräuchlicher
IOSS MwSt. ID Nummer Nutzung, fehlerhafter
Deklarationen, Produktfälschungen, mangelnder
Zertifikate, etc.) können bei dem extrem
hohen Warensendungsaufkommen täglich aus
Süd-Ost Asien, wenn überhaupt nur mangelhaft
gelöst werden. Das liegt wohl an mangelnden
Ressourcen, insbesondere aber an den digitalen
Rahmenbedingungen. Der Datenzugriff auf die
vorab, den Fiskalbehörden im EU-Mitgliedsstaat
in dem der Abgabenpflichtige registriert ist,
elektronisch zu übersenden Einfuhrdokumente
funktioniert nicht. Trotz Abmahnungen und
Aufforderungen zwischen den Fiskalbehörden,
die notwendigen Daten für eine rechtskonforme
Zollprüfung und Risikomanagement zugänglich
zu machen scheint es am politischen Willen zu
mangeln.
Abgabenhinterziehung, Produktfälschung
und Sicherheitsprobleme auf Grundlage der
bestehenden Möglichkeiten entschlossen
anzugehen“.
Hat der österr. Zoll wirklich nichts mit
Sendungen aus Drittstaaten zu tun?
Der Großteil der Warensendungen aus Fernost
geht derzeit am österreichischen Zoll vorbei. Sie
werden von der zuständigen Aufsichtsbehörde
in Österreich nicht beachtet. Es wird auf Brüssel
und die großen Import-Länder (Be-Ne-Lux)
gezeigt. Behauptet wird: „Österreich hätte keine
Möglichkeit hier aktiv zu werden“.
Fiskalpolizeiliche Maßnahmen
werden nicht genutzt
Es gibt Behörden (Zollamt etc.), die in Österreich
jederzeit mobile Kontrollen durchführen
könnten, mit dem Fokus Betrugsbekämpfung.
[1] Auch sind die Zugangsorte der potentiell
überprüfungswürdigen Warensendungen nach
Österreich bekannt -> (Übergabe- und Verteilzentren
der großen Logistiker). Damit könnten
alle Importpaketsendungen nach Österreich,
unabhängig von einer Verzollung in Österreich,
ohne wesentlich erhöhten Abwand überprüft
werden.
Naturgemäß benötigt der Zoll hier ergänzende
Ressourcen und vor allem technische / digitale
Lösungen (mit nur mehr Zöllnern, die manuell
kontrollieren, ist das definitiv nicht zu lösen).
Was hier für Österreich beschrieben wurde gilt
auch in ähnlicher Form für Deutschland. Hier
sieht das Bild aktuell vergleichbar aus.
Die logistic-natives mit Ihrem internationalen
Netzwerk stellen ihre tiefe Expertise zur
Verfügung und arbeiten partnerschaftlich an
praxistauglichen Lösungsvorschlägen.
Wer sich daran beteiligen möchte, kann sich
gerne im logistic-natives e.V. engagieren.
E-Mail: Florian.Seikel@logistic-natives.com
WALTER TREZEK
Mangelnden Ressourcen?
Technische Lösungen und Automaten gibt es
Natürlich müssten diese Überprüfungen automatisiert/digital
unterstützt werden. Manuelle
Stichproben (sind zwar besser als keine Kontrollen,
aber höchst ineffizient) wären aufgrund
der Masse ineffizient und nicht zielführend.
In der EU gibt es digitale und technische Lösungen
die das ermöglichen. Das Argument des
Zolls: „Keine Ressourcen, keine Daten, keinen
Zugang“, ist wohl eine Schutzbehauptung.
Aktive Fiskalpolizeiliche Aufsicht:
Schutz des Handels vor
wettbewerbswidrigen Praktiken
Der Zoll möge laufende, flächendeckende
Schwerpunktkontrollen an den Eingangspunkten
für chinesische Warensendungen
nach Österreich, die nicht in Österreich verzollt
werden, durchzuführen. Allein „mit dem Finger
ins EU-Ausland zu zeigen“, ist zu wenig. Besser
ist es die bestehenden Werkzeuge des Zoll zu
nutzen und „aktiv zu werden und die Themen
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S18
Handel & Distanzhandel
Haus-Paket-Fach-
Anlagen (HPFA) – Paketfachinfrastruktur
wird
Teil der notwendigen
Zustellinfrastruktur
Unbeaufsichtigte Zustellung in Paketfachanlagen:
Wandel in der Rechts- &
Regulierungslandschaft hin zu offenem
Zugang für registrierte Zusteller zum Nutzen
der Endempfänger. FLORIAN SEIKEL
Das Fach in der unbeaufsichtigten Zustellinfrastruktur
wird dem identifizierten Empfänger
(Identifikation des Empfängers erforderlich) pro
Zeit/pro Platz vermietet. Das Zahlungskonto ist
mit dem elektronischen Endgerät des
Empfängers verknüpft.
2. Hardware ist genormt: Hardware kann überall
und von Dritten hergestellt werden. Entspricht
den vorgegebenen Spezifikationen, die vom
Gesamtsystemvermittler (der das datenzentrierte
Netzwerk betreibt) festgelegt wird. Harmonisierte
Standards für den technischen und
digitalen Zugang sind entscheidend und
werden in Europa und weltweit überarbeitet.
3. Offener Netzwerkansatz: Das Netzwerk der
unbeaufsichtigten Zustellinfrastruktur steht
allen Zustelldiensten auf gleichberechtigter/
neutraler Basis offen. Dies umfasst auch den
Zugang für den lokalen Einzelhandel oder weiteren
identifizierten Dritten, die Warensendungen
an registrierte Endempfänger senden.
Die weltweit größten Anbieter unbeaufsichtigter
Zustelllösungen
bündeln ihre Kräfte.
Als Mitglieder im
beratenden Gremium der
Weltpostverein (UPU
Consultative Committee)
arbeiten auch
die logistic-natives
an der weltweiten
Neuausrichtung
des Marktes nach
den Bedürfnissen der
Empfänger von Warensendungen.
Nachhaltige
und solide Grundlagen für die
bevorstehende Neuausrichtung orientieren sich
an 5 Prinzipien:
1. Empfängergesteuert: Das digitale Verwaltungssystem
einer allen Zustelldiensten
offenstehenden Fachinfrastruktur steht im
Zentrum der Entwicklung. Entscheidend ist die
elektronische Kommunikationsschnittsteller
zu Empfängern und privaten Absendern
von Warensendungen (inkl. Retouren). Der
Empfänger ist über sein persönliches digitales
Endgerät (PDA, Smartphone) verbunden.
4. Europäischer Normungsausschuss: Ziel von
CEN/TC331 WG5 ist die Festlegung vollständig
harmonisierter, offen zugänglicher technischer
und Datenaustauschstandards. Bestehende
technische Spezifikationen werden
im CEN überarbeitet. Internationale
Weltpost-Standards müssen an die
CEN-Standards angepasst werden.
Der datenzentrierte Ansatz ist am
globale Postmodell vom Weltpostverein
(UPU) und dem Zolldatenmodell
der Weltzollorganisation
(WCO) und der EU angepasst.
5. Vorab auf Artikelebene ausgetauschte
Daten: Vollständige digitale
Transparenz pro Sendung (eingehend/ausgehend)
ist ein MUSS. Daten zu den Waren/Handelsgütern
in Sendungen, die für die unbeaufsichtigte
Zustellung bestimmt sind, müssen
vollständig vorab vorliegen und mit den
Wirtschaftsbeteiligten und auch zuständigen
Behörden ausgetauscht werden, oder auch zu
Prüf- und Auditzwecken archiviert werden.
Wer Interesse hat, aktiv an der Gestaltung
mitzuwirken, ist herzlich eingeladen, dem
Netzwerk des logistic-natives e.V. beizutreten
(Florian.Seikel@logistic.natvives.com).
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LE-1-2024
LE-2-2024
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S20
Handel & Distanzhandel
Retouren im
Einzelhandel:
Reaktion auf die
steigenden Kosten
Die Lieferkette im Einzelhandel wird durch
die Zunahme des Online-Shoppings immer
stärker belastet. Die weltweiten Umsätze
sollen bis 2026 auf 7,6 Billionen US-Dollar
ansteigen. JENNA SLAGLE
Im Vergleich lag der globale Umsatz 2022
bei 5,4 Billionen USD. Dadurch, dass Online-
Bestellungen so zunehmen, gerät die
Infrastruktur der Lieferkette immer weiter
unter Druck. Auch die Transportarten werden
immer individueller und komplexer: vom
kleinen Päckchen bis hin zu großen Sperrgutlieferungen.
Als gäbe es bei der sich ständig
verändernden Welt der globalen Supply Chain
nicht schon genug Herausforderungen, gibt es
vor allem ein immer größer werdendes Problem:
die Retouren. Durch zunehmende Online-
Bestellungen nehmen auch die Waren zu, die
zurückgesendet werden.
Laut Bitkom geht jede zehnte Online-Bestellung
wieder zurück. Einzelhändler gehen deshalb
vermehrt zu anspruchsvolleren und kosteneffizienteren
Ansätzen über. Fokussiert wird
vor allem der Liefernachweis, während sich der
Trend weg von automatisch generierten Rücksendeetiketten
hin zur genauen Prüfung der
Retourenanfrage bewegt.
Bislang ist die Verfolgung von Rücksendungen
über die gesamte Lieferkette mit Verzögerungen
und Bestandverlusten verbunden. Das führt zu
erheblichen Umsatzeinbußen. Der prozentuale
Anteil an den Transportkosten im Verhältnis
zu dem Wert der retournierten Produkte ist oft
höher als in vielen anderen Branchen.
Es wird für Einzelhändler daher immer attraktiver
auf kostenpflichtige Retouren oder
Abomodelle umzusteigen. Die Kosten auf
die Kunden abzuwälzen ist jedoch nicht der
smarteste Ansatz – gerade, weil es sich große
Player nach wie vor leisten werden, kostenlose
Retouren anzubieten. Einzelhändler müssen
sich Modelle überlegen, die die komplexen
Kosten decken und gleichzeitig das Vertrauen
der Kunden durch einen zuverlässigen Rückgabeprozess
wahren.
Hochsaisons wie die Sommermonate oder
Weihnachten verstärken die Herausforderungen.
Nachfragemengen schwanken und können
schnell in die Höhe schießen. Um sich auf diese
Peaks und die damit einhergehende Retrourenflut
vorzubereiten, kann die End-to-End Supply
Chain Visibility von Vorteil sein.
Die erlangte Transparenz hilft bei fundierter
Entscheidungsfindung. Entsprechende Technologien,
die diese Transparenz ermöglichen,
gibt es bereits heute. Wenn Unternehmen solche
Technologien einsetzten, wird nicht nur die
Sichtbarkeit von ein- und ausgehenden Sendungen
verbessert, sondern die gesamte Lieferkette
bis hin zur einzelnen Kundenbestellung
sichtbar gemacht. KI bietet zudem Einblicke, die
sonst nicht so schnell verfügbar wären.
Mit KI-gestützten Analysen können Einzelhändler
Rückgabemuster vorhersehen,
die Bestandverwaltung optimieren und den
Prozess der Retouren optimieren und rationalisieren.
Menschliche Fehler werden vermieden,
Bearbeitungszeiten verkürzt und die
betriebliche Flexibilität und Effizienz verbessert.
Damit werden Kosten gespart und die
Kundenzufriedenheit erhöht. Kurzum wird der
gesamte Retourenprozess durch integrierte
Softwarelösungen – ob nun mit oder ohne KI –
effizienter gestaltet, sodass alle Parteien etwas
davon haben. (RED)
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LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S22
Handel & Distanzhandel
eCommerce Day: Der
wichtigste Online-
Handelskongress des
Landes versammelte
350 Gamechanger in
der Seestadt Aspern
Besucherrekord beim Gipfeltreffen der
heimischen eCommerce-Branche.
Fair Commerce in Europa und Künstliche
Intelligenz im Onlinehandel als zentrale
Themen.
GERALD KÜHBERGER
Der diesjährige eCommerce Day des
Handelsverbandes fand am 13. Juni
2024 in der Ariana Wien (Seestadt
Aspern) statt und bot einmal
mehr eine große Plattform für Unternehmen,
Expert:innen und eCommerce-Player, um die
neuesten Trends und Entwicklungen der
Branche zu erkunden. Mit mehr als 350 Gästen
und einer Vielzahl an hochkarätigen Speaker
war die Veranstaltung ein voller Erfolg. Geboten
wurde ein umfassender Einblick in die Gegenwart
und Zukunft des Onlinehandels.
HV-Präsident Stephan Mayer-Heinisch und
HV-Geschäftsführer Rainer Will eröffneten
die 24. Ausgabe des wichtigsten österreichischen
Onlinehandelskongresses, Puls4-Anchor
Werner Sejka moderierte charmant durch das
Tagesprogramm. Die Themenpalette reichte
heuer von QuickCommerce-Plattformen über
Payment-Innovationen, Conversion-Optimierung
und Cybersecurity bis hin zu Retail KI.
eCommerce wird noch schneller
Eines der vielen Highlights der Veranstaltung
war die Keynote von Stefan Wenzel, Co-CEO von
onQuality, einer auf Online-Marktplätze
spezialisierten Softwaregruppe. Er widmete
seinen Vortrag der Frage, was wir von den
exponentiell wachsenden Fernost-Webshops
lernen können. „Vergesst Perfektion, Schnelligkeit
ist entscheidend“, so das Fazit des
Retail-Experten.
https://youtu.be/wV6nmJD8mWQ
Im Anschluss stellte Harald Gutschi, OTTO
Austria-Geschäftsführer sowie Vizepräsident
des Handelsverbandes und Leiter der Plattform
"eCommerce, Marktplätze & Versandhandel",
gemeinsam mit Wolfgang Ziniel, Senior
Researcher bei der KMU Forschung Austria, die
Kernergebnisse der brandneuen eCommerce
Studie Österreich 2024 vor.
Conversion ist Alles
Stefan Heuberger präsentierte die Marktplatz-
Strategie der Lusini Group – Europas größter
B2B-eCommerce-Plattform für die Gastronomie
und Hotellerie. In seiner Rolle als Head of Marketplace
zeichnete er für die Implementierung
von Mirakl als Marktplatzlösung verantwortlich,
die nach dem Go Live in 2023 nun EU-weit ausgerollt
wird. Wie erfolgreiche Conversion-
Optimierung – also alle Maßnahmen, die versuchen
Webseitenbesucher zu Käufer zu machen
– im Social Media-Zeitalter funktioniert, darüber
sprach Gerald Eder, eCommerce-Leiter von CRIF
Austria, mit Peter Gehringer (PSA), Clarissa
Lehner (ACL advanced commerce labs),
Johannes Luger (SEOschmiede), Rainer Schwarz
(DPD Austria) und Damir Leko, Country General
Manager Austria der NEXI Group. Kund:innen
erwarten ein maßgeschneidertes Einkaufserlebnis,
auch beim Checkout. Die erfolgreichsten
Shops bieten unterschiedlichste Bezahlmöglichkeiten
für jeden Geschmack, im Internet
spielt vor allem der Kauf auf Rechnung nach wie
vor eine überragende Rolle.
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S24
Cybercrime auf dem Vormarsch: fast 66.000
Fälle im Vorjahr
Den Startschuss in einen intensiven Nachmittag
bildete der Pecha Kucha Vortrag von
Susanne Floss, Key Account Managerin beim
Payment-Dienstleister Unzer. Sie referierte über
jene Faktoren, welche die Kaufbereitschaft von
Onlineshoppern beeinflussen. Matthias Kluth,
Teamlead National Sales bei Kaufland Global
Marketplace, präsentierte neue Möglichkeiten,
mit dem Händler mehr Cross-Border-Wachstum
erzielen können.
Apropos Wachstum: Ein solches verzeichneten
in den letzten Jahren auch Cyberbedrohungen.
65.864 Cybercrime-Fälle wurden laut Kriminalstatistik
2023 zur Anzeige gebracht – Rekord!
Das zweite Podium des eCommerce Day stand
daher ganz im Zeichen der Cybersicherheit.
Philipp Amann, Chief Information Security
Officer der Österreichischen Post, diskutierte
mit Nicole Bäck-Knapp, Geschäftsführerin von
Ecker & Partner, Bernhard Schafrath, Leiter des
Büros für Kriminalprävention und Opferhilfe im
Bundeskriminalamt und Andreas Schütz, CEE
Head of Data Protection und Partner im Wiener
IP/IT-Team der internationalen Anwaltskanzlei
Taylor Wessing.
Big Reset im europäischen Handel
Welche dramatischen Auswirkungen das neue
„Direct-eCommerce“-Geschäftsmodell aus
China auf den europäischen Handel hat und
wie das EU-Zollrecht reformiert werden müsste,
darüber sprach Walter Trezek, Gründer und Eigentümer
des Logistikberaters CLS (Commerce
Logistics Specialists). „Nicht die rechtlichen und
regulatorischen Rahmenbedingungen, wie sie
das Mehrwertsteuer-eCommerce-Paket der EU
vorgegeben hat, sind schlecht. Es ist die mangelnde
Umsetzung in einzelnen EU-Mitgliedsstaaten,
die zu Herausforderungen führen“, so
der Logistik-Experte.
Natürlich durfte auch das Thema der Stunde –
generative Künstliche Intelligenz – nicht fehlen.
Als Best Practice Beispiel diente Hartlauer
mit seiner löwenstarken Retail KI powered by
Salesforce. Auf der Bühne standen hierzu Nino
Bergfeld, Director Retail Advisory bei Salesforce,
Data Scientist Michael Kollegger, Head of
Artificial Intelligence bei Evol.X, sowie Johannes
Weinzierl, der bei Hartlauer für den gesamten
Marken- und Kommunikationsauftritt wie für
die Strategieentwicklung, den Mediaeinkauf,
PR und das Eventmanagement verantwortlich
ist. Für das zweite Best Practice Beispiel zum
Thema „Webshop Profit Boost“ teilte sich Gerald
Pachler von Leder und Schuh (HUMANIC bzw.
Shoe4You) die Stage mit Accelate-CEO
Christian Fischer und Karsten Schneidereit,
Leiter Filialoptimierung und Toolentwicklung bei
Accelate. In der traditionellen Startup Session,
die von Markus Kuntke (REWE) humorvoll und
mit gewohnt viel Know-how moderiert wurde,
durften die Vertreter:innen von Salesboat
Performance Marketing, Moqsta, Systempilot
und Supaso pitchen, was das Zeug hält.
Trustmark Awards für IKEA, gans.at, RS Group
Ein Höhepunkt des eCommerce Day 2024 war
die Verleihung der Austrian Trustmark Awards
an die besten österreichischen Webshops.
Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will
und Patrick Schabhüttl von Hermes Logistik
– Schirmherr der TMA Awards – verliehen
die Auszeichnungen an gans.at ("Best KMU
Online-Shop"), IKEA ("Best B2C Online-Shop")
und die RS Group ("Best B2B Online-Shop").
Der Handelsverband, Hermes Logistik und die
Jurymitglieder Gerald Mair (Pendl Mair Rechtsanwälte),
Jessica Hettich (Hettich E-Commerce
Consulting) und Simon Eder (Verbraucherschlichtung
Austria) gratulieren den Gewinnern.
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S26
Moderator Werner Sejka (Puls4) mit Andreas Minnich (ÖVP), Philip Kucher (SPÖ), Elisabeth Götze (Die Grünen),
Axel Kassegger (FPÖ), Michael Bernhard (NEOS) und Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will
Polit-Podium mit Visionen für den Handel mit
Vertretern von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grünen & NEOS
Den krönenden Abschluss des Events bildete
das Polit-Podium mit Vertreter:innen aller Parlamentsfraktionen.
Michael Bernhard, Nationalratsabgeordneter
der NEOS, Elisabeth Götze,
Nationalratsabgeordnete und Wirtschaftssprecherin
der Grünen, FPÖ-Wirtschaftssprecher
Axel Kassegger, Philip Kucher, Nationalratsabgeordneter
und Klubobmann der SPÖ, und
Andreas Minnich, Nationalratsabgeordneter der
ÖVP, stellten sich den Fragen des Publikums.
„Der Handel ist mit rund 700.000 Beschäftigten
ein wesentlicher Teil der Volkswirtschaft.
Bürokratieentlastung, die Bereitstellung von
verlässlicher, günstiger Energie sowie bessere
Rahmenbedingungen zur Erhöhung der Produktivität
sind daher entscheidend“, lautete das
Fazit von Axel Kassegger.
„Wir wollen Bürokratie abbauen und die Lohnnebenkosten
um 0,5 Prozent reduzieren.
Darüber hinaus braucht es eine steuerliche
Entlastung für den Mittelstand“, stellte Andreas
Minnich klar. „Die Mission der NEOS heißt
Mission 40 Prozent. Wir wollen die Steuer- und
Abgabenlast um 4 bis 5 Prozent senken und
die Bürokratie abbauen“, sagte auch Michael
Bernhard.
„Der Handel in Österreich ist nicht nur größter
Arbeitgeber, sondern auch zentrale Stütze des
Wohlstandes im Land. Daher müssen wir mehr
Fairness schaffen zwischen den ganz großen
internationalen Playern und den stationären
Händlern vor Ort“, unterstrich Philip Kucher das
Thema Steuerfairness.
„Die Abschaffung der Mietvertragsgebühr wäre
ein ganz wichtiger Schritt für mehr Fairness
zwischen dem stationären und dem Onlinehandel.
Das haben wir Finanzminister Brunner
bereits vorgeschlagen im Abgabenänderungsgesetz“,
betonte Elisabeth Götze.
Einig waren sich alle Politiker:innen auch bei der
Forderung nach einer ehestmöglichen Abschaffung
der 150-Euro-Zollfreigrenze auf EU-Ebene.
Unterschiedliche Ansichten gab es u.a. puncto
Arbeitszeitverkürzung und Lieferkettengesetz.
RAINER WILL
eCommerce Afterparty powered
by Österreichische Post
Der eCommerce Day wurde großzügig unterstützt
von zahlreichen Sponsoren. Besonderer
Dank gilt den beiden Platin-Sponsoren Österreichische
Post und NEXI Group. Die Österreichische
Post war auch Gastgeberin der ersten
Ausgabe der eCommerce Afterparty, bei der
auch zahlreiche heimische KMU-Webshops
vertreten waren.
„Der heimische Handel liegt uns am Herzen,
daher wollen wir österreichische Unternehmen
mit unserer Expertise und unseren Lösungen
dabei unterstützen, aktiv vom eCommerce zu
profitieren. Mit unserer Initiative ermöglichen
wir gemeinsam mit dem Handelsverband eine
Stärkung jener Händler, die begrenzte Personalressourcen
und wenig bis keine Erfahrung
mit eCommerce haben. Auch im Sinne der
Online-Shopper wollen wir das Online-Angebot
an regionalen, nachhaltigen Produkten aus
Österreich forcieren. Vom Webshop gelangen
die Pakete mit einem Klick schnell und sicher an
ihr Ziel“, so Sonja Aboulez, Geschäftsfeldleitung
Paket Österreich, Österreichische Post AG. (RED)
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S28
Patrick Schabhüttl, Rudolf
Koch, Silvia Gütl, Lisa
Marie Samwald, Daniel
Fürnsinn, Rainer Will
Handel & Distanzhandel
Austrian Trustmark
Awards 2024: Ikea,
Gans und RS Group
ausgezeichnet!
Verleihung der begehrten Austrian Trustmark
Awards für die besten Online-Shops
Österreichs in drei Kategorien im Rahmen des
eCommerce Day in Wien. Als Schirmherr
fungierte Hermes Logistik. MANUEL FRIEDL
Als eines der Highlights des wichtigsten
heimischen Onlinehandelsevents
hat der Handelsverband im
Rahmen des gestrigen eCommerce
Day in der Ariana Seestadt in Wien die Austrian
Trustmark Awards 2024 vergeben. Die Trustmark
Awards zeichnen in Österreich tätige
Handelsunternehmen für den Einsatz herausragender,
innovativer eCommerce- und
Omnichannel-Lösungen in drei Kategorien aus.
Sie wurden von Handelsverband Geschäftsführer
Rainer Will gemeinsam mit Patrick
Schabhüttl von Hermes Logistik verliehen.
Hermes Logistik trat zum zweiten Mal als
Schirmherr der Awards auf.
Gewinner Kategorie „B2B“: at.rs-online.com
Den Titel als bester Online-Shop im B2B-Bereich
(Business to Business) holte heuer zum
zweiten Mal in Folge at.rs-online.com. Der
Gewinner überzeugte mit einer übersichtlichen
und schön designten Website sowie vielen
serviceorientierten Lösungsansätzen. Zudem
befindet sich auf der Seite ein eigenes Wissensportal,
und Nutzer:innen werden auch umfassend
zu Nachhaltigkeits-Aspekten und über
den firmeneigenen ESG-Aktionsplan informiert.
„Es ist eine besondere Ehre, diesen Preis zum
zweiten Mal in Folge zu gewinnen, damit habe
ich nicht gerechnet“, freute sich Rudolf Koch,
Country Manager von RS für Österreich, die
Schweiz und Slowenien. „Wir haben im Vergleich
zum Vorjahr auch nochmals etwas draufgelegt.
Man muss sich im Dienste der Customer
Experience permanent verbessern. Stillstand
bedeutet im eCommerce Rückschritt. Dahinter
steckt viel Arbeit, viele Menschen – und auch
Künstliche Intelligenz.“
Gewinner Kategorie „KMU“: gans.at
Als bester Online-Shop in der Kategorie „KMU“
wurde der Wiener Bettwaren- und Heimtextilspezialist
Gans ausgezeichnet. Gans.at punktet
unter anderem mit hochwertigen Produktbildern
und einer informativen Seite, auf der man
sich schnell einen Überblick über die Produkte
verschaffen kann. Zudem ist auf der Website
eine Farbtabelle, mit welcher man sich selbst
Produkte zusammenstellen kann.
„Wir waren bereits zweimal für den Trustmark
Award nominiert, und jetzt beim dritten Mal hat
es geklappt“, zeigte sich Geschäftsführerin Silvia
Gütl erfreut. „Unser neuer Webshop ist erst vor
wenigen Wochen online gegangen – und
offensichtlich hat sich die Arbeit ausgezahlt.
Wir sind ein sehr kleines Team und
machen fast alles selbst, neben unseren
stationären Geschäften in Wien. Umso
mehr freut mich, dass wir diese schöne
Auszeichnung bekommen!“
Gewinner Kategorie „B2C“: ikea.at
Die Kategorie „B2C“ entschied Ikea für
sich. Der Online-Shop ikea.at überzeugte
die Jury mit leicht zugänglichen Informationen,
Benutzerfreundlichkeit, Tipps
für richtiges Ausmessen mit Videos, sehr
ansprechenden Produktfotos und einem
Online-3D-Planer.
„Wir sind stets darum bemüht, nahtlose,
homogene und kundenzentrierte
Kundenerlebnisse zu schaffen“, erklärten
Lisa Marie Samwald und Daniel Fürnsinn,
die die Auszeichnung für Ikea entgegennahmen.
„Inzwischen kann man sogar
Köttbullar online vorreservieren und dann
in unseren Geschäften abholen.“
Handelsverband & Hermes Logistik
gratulieren herzlich
„Das eCommerce-Gütesiegel ‚Trustmark
Austria‘ des Handelsverbandes steht für
Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit.
Es stellt für die Konsument:innen eine
Orientierungshilfe dar, um auf einen Blick
vertrauenswürdige Anbieter im Web erkennen
zu können. Das Gütesiegel trägt
somit zu mehr Transparenz, Sicherheit
und Fairness im digitalen Shopping bei“,
erklärt Handelsverband-Geschäftsführer
Rainer Will. „Die drei Sieger wurden unter
allen Trägern eines gültigen Trustmark-Austria-eCommerce-Gütesiegels
auf Basis von acht objektiven Kriterien
von einer hochkarätigen Jury ausgewählt.
Wir gratulieren herzlich.“
Über die Trustmark Austria Awards
Der Handelsverband verleiht jährlich im
Rahmen des eCommerce Day die Austrian
Trustmark Awards für ausgezeichnete
Leistungen hinsichtlich Konsumentenfreundlichkeit.
Bewertet werden u. a.
der Aufbau und das Design der Website,
die Qualität der Produktbilder sowie die
Innovativität der Shops. Vergeben wird
Ihr Value Chain
Tech Partner für
effiziente Sortierung
und Handhabung
Taschensorter für Warenabgabe
bei voller Geschwindigkeit an
jeder Stelle im Lager.
der Award in den drei Kategorien Best
B2B-Online-Shop, Best KMU-Online-
Shop und Best B2C-Online-Shop. EIn besonderer
Dank gilt den Jurymitgliedern Dr.
Gerald Mair (Pendl Mair Rechtsanwälte),
Jessica Hettich (Hettich E-Commerce
Consulting) und Dr. Simon Eder
(Verbraucherschlichtung Austria).
(RED)
„Die Auszeichnung des Handelsverbandes
geht an jene Trustmark-Austria-Träger,
die in puncto Qualität, Transparenz,
Professionalität und Sicherheit bereit
sind, die Extrameile zu gehen. Diese
Anstrengungen für die österreichischen
Konsument:innen unterstützt Hermes
Logistik sehr gerne. Herzliche Gratulation
den drei Gewinnern“, so Patrick Schabhüttl
abschließend.
MEHR ERFAHREN
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S30
Handel & Distanzhandel
Der Tag, an dem es an
der Kassa erstmals
piepte
Nach dem 50. Geburtstag des Barcodes im
vergangenen Jahr feiert die Standardisierungsorganisation
GS1 heuer erneut ein
besonderes Jubiläum: Der weltweit erste
Scan eines Barcodes jährt sich am 26. Juni
2024 zum 50. Mal. REDAKTION
Am 26. Juni 1974 – also vor
genau 50 Jahren – wurde in
einem Marsh-Supermarkt im
amerikanischen Ohio weltweit
der erste Barcode auf einer Kaugummipackung
gescannt. Konkret handelte es
sich dabei um den – vielen Kindern der
80er-Jahre noch bekannten – gelben und
süßlich-fruchtig schmeckenden „Juicy
Fruit“ der Marke Wrigley´s. Dies ereignete
sich etwas mehr als ein Jahr später, nachdem
sich Branchenführer aus Handel
und Industrie 1973 auf den Einsatz eines
einheitlichen Symbols für den Universal
Product Code (UPC) zur Identifikation von
Lebensmittelprodukten geeinigt hatten – die
Geburtsstunde des Barcodes. Damit wurde
eine technologische Revolution eingeleitet:
Heute tragen über 1 Milliarde Produkte einen
GS1 Barcode, der weltweit täglich über 10
Milliarden Mal gescannt wird. Nicht umsonst
bezeichnete die BBC vor einigen Jahren den
Barcode als „eines der 50 wichtigsten Dinge,
die unsere Weltwirtschaft verändert haben“.
Zum historischen Ereignis Warum die Wahl für
den Ort des ersten Barcode-Scans ausgerechnet
auf diesen bestimmten Marsh-Supermarkt
fiel, lag laut dem damaligen Marsh-CEO Tom
O´Boyle schlicht und einfach daran, „dass dieser
Supermarkt in der Nähe der Einrichtungen für
die Scannerstudien lag.“ Die Zehnerpackung
Wrigley´s, die dabei zum Einsatz kam, kann
übrigens heute noch in einer Vitrine des Smithsonian
Insitution´s National Museum of American
History in Washington bestaunt werden. In
Österreich wurden die ersten Scannerkassen
schließlich 1983 in Wien im Commissary-Shop
der Vereinten Nationen und in einem Supermarkt
der Firma Zumtobel eingeführt.
GREGOR HERZOG
Barcode vor neuerlicher Revolution Der erste
Scan des Barcodes 1974 hat die Art und Weise,
wie wir Produkte kaufen und verkaufen für
immer verändert, was im Handel damals eine
Revolution auslöste. 50 Jahre später steht der
Barcode mit seiner Transformation in die neue
Generation der 2D-Codes erneut vor einer
Revolution.
„Das ist ein wichtiger Schritt, um den Anforderungen
der digitalen Wirtschaft und dem steigenden
Wunsch nach Transparenz und damit
nach mehr Informationen gerecht zu werden“,
erklärt Gregor Herzog, der als Geschäftsführer
von GS1 Austria und Co-Chairman von GS1
in Europe und damit Teil des internationalen
GS1 Netzwerks die Weiterentwicklung der
2D-Codes vorantreibt.
„2D-Codes bieten eben genau dieses ,Mehr´ an
Information, indem sie mit rund 3.000 Zeichen
wesentlich mehr Inhalte verschlüsseln können
und obendrein robuster sowie leichter lesbar
sind“, erklärt Herzog.
Von der Industrie wird die neue Technologie
weltweit mit großem Erfolg eingesetzt: So werden
2D-Codes bereits in 48 Ländern getestet,
was 88,5% des weltweiten BIP entspricht. Einige
der größten Unternehmen der Welt – darunter
L'Oréal, PepsiCo, Carrefour oder Procter & Gamble
arbeiten eng mit GS1 zusammen. Obwohl
die Vorteile des 2D-Codes bereits klar erkennbar
sind, wird es eine Übergangszeit geben, in
der künftig immer mehr Produkte sowohl den
ursprünglichen eindimensionalen Barcode als
auch einen 2D-Code tragen werden. (RED)
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S32
Handel & Distanzhandel
Deloitte KI-Report:
Unternehmen stehen
bei KI-Einsatz noch am
Anfang – aber die
Richtung stimmt
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI)
durchdringt immer mehr Lebensbereiche –
gerade für die Wirtschaft birgt die
Technologie enormes Potenzial.
REDAKTION
EVRIM BAKIR
Laut einer neuen Deloitte Studie haben
die österreichischen Unternehmen das
in der Theorie bereits erkannt, immer
mehr haben die Technologie auch bereits
im Einsatz. Um aber die flächendeckende
Implementierung voranzutreiben, braucht es
in den kommenden Jahren neben personellen
Ressourcen und regulatorischen Rahmenbedingungen
vor allem Investitionen seitens
Unternehmen und Politik. Noch vor einem Jahr
spielte das Thema KI bei der Mehrheit der
Unternehmen eine untergeordnete Rolle.
Mittlerweile ist das anders: „Ein großer Teil
der Betriebe ist bereits mit KI-Anwendungen
vertraut. Allerdings beschränkt sich der Einsatz
meist noch auf erste Anwendungsfälle“, erklärt
Evrim Bakir, Managing Partnerin bei Deloitte
Österreich. „Rund ein Fünftel nutzt die Technologie
aktuell zur Automatisierung von Routineaufgaben,
weitere 13 % zur Optimierung der
Kundeninteraktion.“ Anwendungen mit echtem
wirtschaftlichem Potenzial – wie etwa die
erweiterte Analytik für Prognosen und Risikobewertungen
oder die Unterstützung bei der Entscheidungsfindung
– sind noch die Ausnahme.
Nur rund 10 % nutzen KI derzeit dafür.
„Der Grund liegt auf der Hand: Diese Tools benötigen
eine fundierte Datenbasis – bei dieser
gibt es in Unternehmen noch viel Aufholbedarf“,
so Evrim Bakir.
Hohe Investitionen notwendig
Damit KI ihre volle Wirksamkeit entfalten kann,
sind entsprechende Investitionen unabdingbar.
Mit den aktuellen Investitionsvorhaben der
Unternehmen, die vielfach zwischen EUR
50.000,- und EUR 250.000,- je Unternehmensbereich
liegen, sind erste Implementierungsschritte
bereits abgedeckt. Für einen langfristig
erfolgreichen Einsatz wird es laut Deloitte
Berechnungen aber etwa das 5- bis 20-fache
benötigen – das sind zwischen EUR 250.000,-
und fünf Millionen Euro.
„Ähnlich wie die KI-Anwendungen stehen auch
die Investitionsvorhaben in diesem Zusammenhang
noch am Anfang. Im kommenden Jahr
müssen die Volumina aber dringend erhöht
werden. Denn fest steht: Wer jetzt nicht entsprechende
Investitionen in KI tätigt, droht
angesichts der rasant fortschreitenden Entwicklung
im nationalen und internationalen
Wettbewerb abgehängt zu werden“, ist Josef
El-Rayes, Partner und KI-Experte bei Deloitte
Österreich, überzeugt.
Ohne Skills kein Mehrwert
Die hohen monetären Aufwendungen im
Zusammenhang mit der KI-Implementierung
sind nicht die einzige Herausforderung für die
Unternehmen. Auch der noch unklare Return
of Investment (47 %), offene Fragen betreffend
Datenschutz (31 %) und Schwierigkeiten bei der
Integration von KI in bestehende Systeme und
Prozesse (20 %) stehen bei vielen ganz oben auf
der Sorgenliste. Hinzu kommt, dass es vielen
Unternehmen an qualifizierten Fachkräften zur
Verwaltung und Wartung von KI-Systemen fehlt.
Doch ohne die entsprechenden Skills bringen
auch die ausgereiftesten KI-Systeme keinen
Mehrwert.
JOSEF EL-RAYES
„Durch den Einsatz neuer Technologien verändern
sich die benötigten Skills. Vor allem
kritisches Hinterfragen, analytisches Denken
und Problemlösefähigkeit gewinnen laut etwa
der Hälfte der Befragten zunehmend an Bedeutung“,
hält Josef El-Rayes fest. „Künftig müssen
Unternehmen eine Balance zwischen menschlicher
Kreativität und technologischem Fortschritt
schaffen – und das in einem Umfeld, das
ständiges Lernen und Ausprobieren von neuen
KI-Werkzeugen ermöglicht. Nur so kann eine
von KI geprägte Arbeitswelt auch ihren vollen
Nutzen entfalten.“
Link zum KI-Report: https://bit.ly/3L0m7Dk
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S34
Handel & Distanzhandel
Generative KI-Tools
werden für Amazon
Verkaufspartner in ganz
Europa ausgeweitet
Amazon nutzt maschinelles Lernen (ML) und
künstliche Intelligenz (KI) bereits seit mehr als
25 Jahren, beide sind in jedem unserer
Geschäftsbereiche tief verankert. ML und
generative KI verändern aktuell jede Branche,
auch den Einzelhandel – vom Einkaufserlebnis
über den Versand und die Logistik bis
hin zu den Tools, die wir Verkaufspartnern zur
Verfügung stellen, um in unserem Store
erfolgreich zu sein. REDAKTION
Umso mehr freuen wir uns, dass
Verkaufspartner in Deutschland,
Frankreich, Italien, Spanien und dem
Vereinigten Königreich ab sofort von
Innovationen profitieren können, die auf der
Leistungsfähigkeit generativer KI beruhen.
Diese Innovationen tragen dazu bei, den
Prozess zur Erstellung von Produktangeboten
erheblich zu vereinfachen und bestehende
Produktangebote anzureichern, damit sie bei
Kund:innen besser ankommen und so dabei
unterstützen können, den Umsatz zu steigern.
Wir setzen KI schon seit langem zur Unterstützung
unserer Verkaufspartner ein. Zum Beispiel
haben wir Pionierarbeit bei der Nutzung von KI
für personalisierte Produktempfehlungen auf
der Grundlage von Daten zum Kundenverhalten
geleistet. Diese ermöglichen es Verkäufern,
interessierten Kund:innen hochrelevante Produktangebote
zu präsentieren. Darüber hinaus
nutzen wir hochentwickelte ML-Modelle, um
die Nachfrage zu prognostizieren und das Bestandsmanagement
zu automatisieren.
So können unsere Verkaufspartner ihren
Bestand besser planen und sicherstellen, dass
beliebte Produkte immer auf Lager sind.
Mit KI-gestützten Preisgestaltungstools erhalten
Verkäufer Einblicke in dynamische Preisstrategien
auf der Grundlage von Echtzeitdaten,
die ihnen helfen, ihre Preisstrategie zu optimieren.
Zu den jüngsten Innovationen gehören die
Erstellung von Premium A+ Inhalten für Markenprodukte,
einschließlich umfangreicher
Texte und Bilder, sowie die Erstellung von
Augmented-Reality-Visualisierungen, z. B. die
Platzierung von Möbeln in einem Raum.
In unseren Logistikzentren auf der ganzen Welt
arbeiten wir daran, dass mehr der von den
Kund:innen gewünschten Produkte vor Ort und
in den richtigen Lagern in jeder Region vorrätig
sind. Mithilfe von KI können wir die Auswahl
an Produkten, die wir so nah wie möglich bei
den Kund:innen vorhalten, erweitern und mehr
Produkte des täglichen Bedarfs bevorraten, die
Kund:innen regelmäßig bestellen und nachbestellen,
was auch zu einer schnelleren Lieferung
beiträgt. In Europa haben wir die durchschnittliche
Entfernung, die jedes Paket innerhalb
unseres Mittlere-Meile-Netzes zurücklegt, im
Jahr 2023 um 25 Kilometer im Vergleich zu
2022 verkürzt, um die Produkte schneller zu
den Kund:innen zu bringen und zur Nachhaltigkeit
beizutragen.
Mit Blick auf das transformative Potenzial
insbesondere generativer KI, entwickelt und
implementiert Amazon aktiv eine Reihe von
KI-gestützten Tools, die kleinen und mittleren
Unternehmen (KMU) zugutekommen. Vor
einigen Wochen haben wir die Möglichkeit
eingeführt, dass Verkaufspartner in der EU und
im Vereinigten Königreich von generativer KI
profitieren können, wenn sie ein neues Produkt
zum Verkauf anbieten. Diese generativen,
KI-gestützten Tools vereinfachen den Prozess
der Angebotserstellung und ermöglichen es
Verkäufern, überzeugende Produkttitel,
Beschreibungen und andere Details zu erstellen,
indem sie einfach einige beschreibende
Wörter eingeben oder ein Produktbild
hochladen. Wir schlagen Produktangebote
vor, die qualitativ hochwertig und so gestaltet
sind, dass sie die Kund:innen in unserem Store
ansprechen. Dies vereinfacht die Abläufe und
ermöglicht es Verkaufspartnern, sich auf andere
Aspekte ihres Geschäfts zu konzentrieren.
Obwohl es sich hierbei noch um eine relativ
neue Funktion handelt, haben bereits mehr als
30.000 EU-Verkaufspartner von Amazon eines
oder mehrere unserer generativen KI-Listing-
Tools genutzt.
Wir nutzen die generativen KI-Funktionen auch,
um bestehende Produktangebote zu analysieren
und anzureichern, indem wir fehlende
Informationen automatisch ergänzen und die
Qualität des Inhalts insgesamt verbessern. Dies
spart Verkäufern nicht nur wertvolle Zeit, sondern
verbessert auch das Kundenerlebnis durch
die Bereitstellung umfangreicher und umfassender
Produktinformationen. Amazon nutzt
generative KI auch, um Produktrezensionen
zusammenzufassen, was Kunden hilft, bessere
Kaufentscheidungen zu treffen. Davon profitieren
auch unsere Verkaufspartner – durch mehr
Umsatz und weniger Retouren. Dies sind nur
einige Beispiele für die vielen Innovationen, an
denen wir arbeiten, um Verkäufern zu helfen,
mit KI neue Potenziale zu erschließen.
Deutsche KMUs schätzen den Wert von KI für
ihr Geschäft
In einer Umfrage unter 500 in Deutschland
ansässigen KMUs im Mai 2024 haben wir herausgefunden,
dass die frühzeitigen Anwender
unter den Befragten bestätigten, dass KI ihrem
Unternehmen durch Zeitersparnis/Effizienzsteigerung
(78 %), Verbesserung von Inhalten
(74 %), Verbesserung der Rentabilität (69 %),
Verbesserung des Kundendienstes (69 %) und
die Möglichkeit, mehr internationale Kunden zu
erreichen (67 %), zugutekommen könnte oder
bereits zugutegekommen ist. Das entspricht
den Rückmeldungen von Amazon Verkaufspartnern,
die begeistert berichten, wie generative KI
ihre Geschäftsabläufe verbessert, den Umsatz
steigert und die Rentabilität erhöht.
Die Studie ergab auch, dass die Inhaber:innen
kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland
der Meinung sind, dass sie durch den
Einsatz von KI den Zeitaufwand für das Verfassen
von Produktbeschreibungen von durchschnittlich
achteinhalb Stunden auf eineinhalb
Stunden reduzieren können sowie die Zeit für
die Aktualisierung von Produktbeschreibungen
von insgesamt acht Stunden auf bis zu zwei
Stunden verringern können.
Die Studie hat außerdem ergeben, dass KIgenerierte
Inhalte die Erstellung ansprechender
Produktbeschreibungen erheblich verbessern
können. Mehr als ein Drittel (37 %) der deutschen
KMUs sind der Meinung, dass KIgenerierte
Inhalte die Auffindbarkeit eines Produkts
bei der Kundensuche erhöhen können.
Die Gewinnung neuer Kund:innen steht an erster
Stelle (33 %) der wichtigsten geschäftlichen
Herausforderungen, denen sich deutsche KMUs
gegenübersehen, und die bessere Auffindbarkeit
ihrer Produkte durch KI-generierte Inhalte
adressiert diese geschäftliche Herausforderung
direkt.
Schließlich berichten regelmäßige KI-Nutzer
über mehr Vorteile als diejenigen, die nur mit
Gen AI experimentieren, was darauf hindeutet,
dass der Einsatz von KI größere Vorteile bietet
als erwartet. So sind beispielsweise 88 % der
Befragten, die KI regelmäßig in ihrem Unternehmen
einsetzen, der Meinung, dass KI ihr
Geschäft erheblich verbessert, insbesondere
durch Zeiteinsparungen und Effizienzsteigerungen
sowie die Verbesserung der Qualität von
Inhalten. Die generativen KI-Tools von Amazon
lernen ständig dazu und entwickeln sich weiter.
(RED)
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S36
Handel & Distanzhandel
Die Post – schafft alles,
was das Herz begehrt
Als einziger Anbieter in Österreich bespielt
die Post die gesamte Kette: mit dem Digital
Competence Center ACL gemeinsam
entstehen E-Commerce Komplettlösungen,
die weit über den reinen Paketversand hinausgehen.
Fulfillment par excellence.
ANGELIKA GABOR
Traditionell denkt man beim Stichwort
„Post“ an den freundlichen Postboten,
der einem Briefe und Pakete überreicht.
Natürlich gibt es das auch weiterhin
– aber die Dienstleistungen gehen längst
darüber hinaus, wie Wolfgang Einer, Executice
Vice President Logistics Solutions der Österreichischen
Post AG, bestätigt: „Seit 2016 sind
wir Miteigentümer der ACL advanced commerce
labs. Gemeinsam steuern wir für unsere
Kunden Warenmanagementsysteme, Produktinformationen,
Bestell- und Bezahlsysteme,
Retourenmanagement und mehr – die komplette
Palette.“
WOLFGANG EINER
Als Digital Competence Center unterstützt ACL
große Handelshäuser und Markenhersteller in
Österreich, Deutschland und CEE beim Aufbau,
ReDesign und der Weiterentwicklung digitaler
Commerce-System-Landschaften. „Das erklärte
Ziel ist, den E-Commerce besser zu machen
und Service excellence zu bieten“, so Einer. Als
Beispiel nennt er DM Europa, für den ACL den
gesamten Onlinehandel steuert.
Post Systemlogistik
Das Full-Service Angebot umfasst die Bereiche
E-Commerce, Transport sowie Lagerung der
Waren. „Wir haben als erster AutoStore® als
Multiuser eingeführt“, erklärt Einer stolz. Dank
dieses intelligenten, automatisierten Kleinteilelager-
und Kommissioniersystems kann eine
Vielzahl an Aufträgen parallel verarbeitet
werden. Am Standort Enzersdorf an der Fischa
sind die Kapazitäten inzwischen wieder ausgeschöpft,
ein Ausbau steht an – und weitere
Automatisierung.
„Momentan arbeiten wir daran, das Picking
mit Hilfe eines Roboters zu automatisieren,
der direkt an den AutoStore® angeschlossen
wird. Dabei geht es aber nicht etwa nur um die
Effizienz, sondern auch darum, dem Personalmangel
entgegenzuwirken“, verrät Einer. Parallel
dazu laufen Gespräche, angrenzende Grundstücke
zwecks Erweiterung zu erwerben. Die
Post Systemlogistik bietet ein breites Spektrum
an logistischen Kern- und Mehr-wertleistungen
zur nahtlosen Optimierung der Logistik-
prozesse. „Die Post hat das größte und beste
Netz zur Paketzustellung in Österreich und bietet
auch Value-added-Services an, beispielsweise
Same-day-delivery und Retourenaufbereitung“,
so Einer. So gebe es etwa Kunden
aus der Bekleidungsindustrie, für die retournierte
Waren gesichtet, gewaschen, gebügelt und
gegebenenfalls sogar repariert werden, indem
zum Beispiel fehlende Knöpfe wieder angenäht
werden. Schließlich werden sie wieder eingelagert,
bis sie erneut bestellt und zum nächsten
Kunden versendet werden – ohne jemals direkt
zum Kunden zurückzukehren. Einer: „Das Ziel ist
eine gesamtheitliche Kreislaufwirtschaft, und
wir sind ein Teil davon.“
Post Loop
Anfang 2022 war das Pilotprojekt von dm,
INTERSPORT; Tchibo, Thalia und Post für wiederverwendbare
und nachhaltige Versandverpackungen
für den Online-Handel in aller
Munde. Inzwischen ist es still geworden, ist das
Projekt gescheitert? „Nein“, antwortet Einer. „mit
Post Loop bieten wir weiterhin wiederverwendbare
Paketverpackungen an. Diese werden
gesondert abgewickelt, da die Endkunden eine
Art Pfand bezahlen müssen und dieses Geld
vom Versender zurückerhalten, sobald sie die
Verpackung retournieren.“ Natürlich müssen
diese auch separat gelagert werden. „Meiner
Meinung nach wird das Thema Versandverpackungs-Wiederverwendung
noch stark an
Bedeutung gewinnen, da auch die Kunden
immer mehr Umweltbewusstsein zeigen“,
glaubt Einer.
Erfolgsfaktor ACL
„Für unsere Kunden ist die ACL ein elementarer
Bestandteil unserer Dienstleistung, sie ist der
optimale Begleiter und Enabler für den Weg
in den Onlinehandel. ACL ermöglicht es, die
gesamte Wertschöpfungskette abzudecken
und zu steuern“, schildert Einer. Durch die
wertstiftende Tätigkeit machen den Kunden im
Endeffekt mehr Geschäft. Somit professionalisieren
wir das E-Commerce Geschäft unserer
Kunden. E-Commerce würde in vielen großen
Unternehmen wie eine eigene Filiale behandelt,
wobei auf die gesamten Bestände zugegriffen
und je nach Kundenwunsch ausgesteuert
würde. Einer: „Das geht so weit, dass beispielsweise
die Preise mehrmals am Tag adaptiert
werden könnten, wenn etwa in einer Region
anhaltender Starkregen erwartet wird, werden
gezielt Regenschirmkontingente über das
Logistikmanagement dorthin geleitet und die
Preise entsprechend angepasst.“ Noch würden
nicht viele Kunden diese Preispolitik nutzen,
aber Einer geht davon aus, dass die KI-gesteuerte
Preisgestaltung schon bald weitläufig
üblich sein wird.
Wachstumsmarkt Osteuropa
Hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung
der Post findet Einer klare Worte: „In einigen
Branchen werden vermehrt Teile des Fulfillments
nach Osteuropa verlegt. Für uns bedeutet
das, dass wir diesen Weg mitgehen und in
diesen Ländern sowohl organisch, als auch
anorganisch zu wachsen versuchen – sowohl
mit der Systemlogistik, als auch mit ACL.“
Länder wie Rumänien und Bulgarien würden
einen echten Kostenvorteil bieten, obwohl sie
EU-Mitgliedsländer sind – zudem wäre es dort
auch noch leichter, Personal zu bekommen.
Auch die Türkei ist nach wie vor ein interessanter
Wachstumsmarkt, weiß Einer: „Gemeinsam
mit dem türkischen Paketdienstleister Aras
Kargo a.s. (die Post ist mit 80 % Mehrheitseigentümer)
sind wir dort Marktführer.“ Generell
ist die Österreichische Post im internationalen
Vergleich hervorragend aufgestellt, sie nimmt
aktuell den zweiten Platz unter allen Postgesellschaften
weltweit ein.
Angesichts des boomenden Onlinehandels
stehen der Post wohl rosige Zeiten bevor. Ein
Paradebeispiel dafür ist auch die innovative
Vorzimmerzustellung, über die kürzlich medial
berichtet wurde. Aktuell sieht man kaum Werbung
dafür – doch warum? Das ist leicht erklärt:
„Wir haben in den der ersten 24 Stunden über
2.000 Bestellungen für diesen Service erhalten,
der Run ist enorm“, so Einer. Werbung ist also
gar nicht mehr nötig. Kein Wunder, denn die
Post bringt (auch heute noch) allen was.
(RED)
ANGELIKA GABOR
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S38
Handel & Distanzhandel
25 Jahre Hermes Paket-
Shops: Wichtiger
Kundentouchpoint feiert
Jubiläum
Pakete empfangen, verschicken oder retournieren
und nebenbei noch Besorgungen erledigen
– das lässt sich in den bundesweit
rund 17.000 Hermes PaketShops unkompliziert
kombinieren. Schon seit 25 Jahren bietet
Hermes Germany eine flexible Anlaufstelle für
den Paketempfang und -versand.
REDAKTION
Im Jahr 1999 eröffneten die ersten Hermes
PaketShops in Deutschland, zur damaligen
Zeit ein neuartiges Konzept. Seither
erweiterte der Paketlogistiker sein Netzwerk
stetig und zählt heute deutschlandweit
rund 17.000 Annahmestellen. „Die Hermes
PaketShops bilden das Herzstück unseres
Logistik-Netzwerks und sind ein wichtiger
Touchpoint für unsere Kunden“, erzählt David
Venticinque, seit fünf Jahren Head of POS-
Management bei Hermes Germany.
Mit seinem Team betreut er die PaketShops,
sorgt für die Optimierung von Services und Prozessen
sowie den kontinuierlichen Ausbau des
Netzwerks. Letzteres wirkt sich auch positiv auf
die Umwelt aus, denn die konsolidierte Zustellung
an einen Hermes PaketShop verursacht
durchschnittlich 25 Prozent weniger CO2 als
die Zustellung an die private Haustür – vorausgesetzt
den Fall, dass die Abholung durch die
Kund*innen zu Fuß, per Fahrrad oder entlang
ohnehin getätigter Wege stattfindet.
DAVID VENTICINQUE
Einführung und stetiger Ausbau
des Netzwerks
Als Teil der Otto Group integrierte Hermes Germany
im Jahr 1999 die ersten PaketShops in das
damalige Netz der Bestellcenter des Versandhändlers
Otto. Zusätzlich gab es Kooperationen
mit Betreiber verschiedener Geschäfte. Etwa
1.000 Shops sind so im ersten Jahr gestartet.
„Fünf PaketShop-Partner der ersten Stunde
sind auch heute noch Teil unseres Netzwerks“,
berichtet Venticinque und ist dankbar für diese
langen und vertrauensvollen Partnerschaften.
In welchen Geschäften PaketShops integriert
sind, ist ganz unterschiedlich: „Rund ein Viertel
aller PaketShops sind in Tankstellen integriert.
Danach folgen Kioske und Lottoannahmestellen
sowie Tabakwarengeschäfte. Diese Geschäftsarten
bieten durch ihre schnelle Erreichbarkeit
und langen Öffnungszeiten für Hermes
Kund*innen bequeme Anlaufstellen“, erklärt
Venticinque.
Beim Ausbau des PaketShop-Netzwerks stehen
in erster Linie die Bedürfnisse der Kunden im
Fokus: „Eine gute Erreichbarkeit, entweder zu
Fuß, durch hinreichende Parkmöglichkeiten
oder öffentliche Verkehrsmittel, ist für uns bei
der Auswahl neuer PaketShops besonders
wichtig“, betont Venticinque. „Wir wollen es unseren
Kund*innen hier so bequem wie möglich
machen. Am praktischsten ist es, wenn Shops
entlang alltäglicher Wege liegen. In der Stadt
wollen Kund*innen idealerweise innerhalb von
sechs Minuten beim nächsten PaketShop sein.“
Laufende Erweiterung des Serviceangebots
In den letzten 25 Jahren ist nicht nur die Anzahl
an Shops gewachsen, auch sind neue Services
dazugekommen: Im Jahr 2003 konnten Kunden
erstmalig private Sendungen über die Paket-
Shops verschicken. 2019 folgte die Möglichkeit
des Empfangs privat verschickter Pakete direkt
an den Shops. „Wir bauen unseren Service
stetig weiter aus, um den Paketversand und
-empfang für unsere Kund*innen so flexibel,
passgenau und unkompliziert wie möglich zu
machen. Am beliebtesten ist die Abgabe von
Retouren“, sagt Venticinque. Um die Rücksendung
von bestellten Artikeln noch einfacher
zu machen, bietet Hermes Germany mit der
Hermes Retourentasche seit September 2023
eine praktische Lösung für den Fall an, sollte
die ursprüngliche Versandverpackung kaputt,
zu groß oder nicht mehr vorhanden sein. Die
Tasche ist in allen rund 17.000 Shops kostenlos
erhältlich.
Auch in der Zusammenarbeit mit den Paket-
Shops hat sich viel verändert. „Ein wichtiger
Meilenstein war der Launch unseres Paket-
Shop-Partnerportals. Hierüber erhalten die
Betreiber*innen schnell und unkompliziert
wichtige Informationen, können Werbemittel
nachbestellen oder direkt mit uns in Kontakt
treten“, erklärt Venticinque. Darüber hinaus
gibt es ein festes Team, welches die Shops
persönlich betreut. Immer nah dran zu sein ist
folglich nicht nur der Anspruch in Richtung der
Paketempfänger und -versender, sondern auch
bezogen auf die Shop-Partner als wichtiges
Bindeglied zu den Kunden.
Prozessoptimierung und Kundennähe
auch in Zukunft essenziell
Mit Blick nach vorne stellt die weitere
Optimierung und Digitalisierung von Prozessen
eines der Kernthemen dar:
„Wir haben unsere Prozesse in den letzten 25
Jahren immer weiter digitalisiert und sind dabei
noch lange nicht fertig“, berichtet Venticinque.
So wurde der PaketShop-Scanner im Laufe der
Jahre immer weiterentwickelt und zählt zu den
bedienungsfreundlichsten Geräten dieser Art
auf dem Markt. Derzeit wird daran gearbeitet,
dass PaketShops zukünftig direkt über den
Scanner Nachrichten an Hermes Germany verschicken
können. Auch bei der Kundenkommunikation
hat der Paketdienstleister das Ende der
Fahnenstange noch nicht erreicht und will die
Kommunikation mit Kunden noch individueller
und digitaler gestalten. „Ganz klar wird auch das
Thema KI nach vorne raus vermehrt eine Rolle
spielen, etwa wenn es um die Mengenplanung
und -steuerung geht“, berichtet Venticinque.
Dadurch können beispielsweise Zustellung und
Abholung von Sendungen an PaketShops noch
effizienter geplant und unnötige Anfahrten
vermieden werden.
Das PaketShop-Netzwerk ist und bleibt ein
zentrales Element innerhalb des Logistikapparats
von Hermes Germany. „Wir wollen
unser Netzwerk in allen Bereichen stärken und
fortwährend weitere PaketShops erschließen,
um genau da zu sein, wo uns die Kunden
brauchen. Dabei achten wir stark auf unser
hohes Anforderungsprofil. Denn mehr ist nur
mehr, wenn die Qualität passt“, erklärt
Venticinque und ergänzt: „Für mich persönlich
ist es immer ein Highlight, wenn ich durch
die Straßen fahre und es überall Hermes blau
leuchtet.“
(RED)
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S40
Handel & Distanzhandel
Mit Amazon ist die
Tafel gedeckt
Die Kooperation von Die Tafel Österreich mit
Amazon hilft Bedürftigen: neben Geld- und
Sachspenden sind es vor allem die kostenlosen
Transportleistungen, die bei der
Versorgung mit Lebensmitteln den
entscheidenden Unterschied ausmachen.
Ein Online-Riese und eine NGO, passt das
denn überhaupt zusammen?
Logistik express hat nachgefragt.
REDAKTION
Die Kooperation von Die Tafel Österreich
mit Amazon hilft Bedürftigen:
neben Geld- und Sachspenden
sind es vor allem die kostenlosen
Transportleistungen, die bei der Versorgung mit
Lebensmitteln den entscheidenden Unterschied
ausmachen. Ein Online-Riese und eine NGO,
passt das denn überhaupt zusammen? Logistik
express hat nachgefragt.
Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 57.081,05
Euro pro Kopf im Jahr 2023 liegt Österreich auf
Rang 14 der reichsten Länder – knapp hinter
San Marino. Gleichzeitig sind laut aktuellen
Zahlen der Armutskonferenz unfassbare 14,9
Prozent der österreichischen Bevölkerung – das
sind immerhin rund 1.314.000 Menschen! -
armutsgefährdet, haben also ein Einkommen
unter der Armutsschwelle. Hinzu kommen etwa
336.000 Menschen, die „erheblich materiell
depriviert“ sind. Oder vereinfacht gesagt: die
sich nicht leisten können, eine kaputte Waschmaschine
zu ersetzen, geschweige denn, in
Urlaub zu fahren. „Hier sehen wir einen massiven
Anstieg“, erklärt Alexandra Gruber,
Geschäftsführerin der Tafel Österreich.
Seit bald 10 Jahren leitet sie die Geschicke der
unabhängigen Non-Profit-Organisation, die
täglich Lebensmittel vom Großmarkt Wien, aus
Handel, Produktion, Landwirtschaft, Hotellerie
und Gastronomie einsammelt und kostenfrei an
soziale Einrichtungen wie die Gruft verteilt.
ALEXANDRA GRUBER
„Im letzten Jahr haben wir 1.038 Tonnen
Lebensmittel gerettet und in 100 soziale
Einrichtungen wie Notschlafstellen und Mutter-Kind-Heime
gebracht. Die Anzahl der
Einrichtungen bleibt stabil, aber die Zahl der
Abnehmer an den einzelnen Standorten hat
sich beinahe verdoppelt. Täglich holen wir mit
Freiwilligen rund 4 Tonnen ab, davon allein
ein bis zwei Tonnen vom Großmarkt, wo wir
zwischen 6 und 9 Uhr unverkauftes Obst und
Gemüse direkt einsammeln“, führt Gruber
aus. Gerade ärmere Menschen haben oft mit
gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, wo
eine gesunde Ernährung mit frischem Obst und
Gemüse umso wichtiger ist, aber gerade diese
Warengruppen sind dann unleistbar. In einem
Onlineshop können die Sozialeinrichtungen
aus den vorhandenen Gütern – hauptsächlich
gemischte Obst- oder Gemüsekisten, aber auch
haltbare Lebensmittel – auswählen und ein Mal
pro Woche werden sie dann beliefert. Dahinter
steckt natürlich ein immenser organisatorischer
und logistischer Aufwand, und hier kommt
Amazon ins Spiel.
Win-win-Situation
Rund zwei Jahre ist es her, dass Amazon mit der
Idee der Kooperation an Die Tafel Österreich
herantrat. „Wir wollen überall, wo wir tätig sind,
einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten.
Natürlich können wir das entsprechende Knowhow
bereitstellen, aber der wichtigere Aspekt ist
aus meiner Sicht die Nutzung unseres Logistiknetzwerks.
Im vergangenen Jahr wickelten wir
den Transport von rund 20.000 Lebensmittelspenden
für Die Tafel Österreich ab, insgesamt
transportierten wir in diesem Zeitraum etwa
165.000 Güter für gemeinnützige Organisationen
in Österreich“, berichtet Sebastian Sprigade,
Standortleiter des Amazon Verteilzentrums in
Wien Simmering – einer von inzwischen vier
Amazon Logistikstandorten in Österreich, die
Eröffnung eines fünften Verteilzentrums im
Herbst in der Nähe von Graz ist fix geplant.
Gruber: „Wir sehen leider einen Rückgang
sowohl bei den Freiwilligen, als auch bei den
Spenden, was sicher daran liegt, dass immer
mehr Menschen selbst unter der wirtschaftlichen
Situation leiden und es sich bei ihnen
nicht mehr ausgeht.“ Da ist es umso wertvoller,
dass im Zuge der regelmäßigen „Freiwilligen-
Wochen“ Amazon-Mitarbeiter von der
Arbeit freigestellt werden, um zu helfen.
Sprigade: „Das Feedback unserer Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, die etwa beim Sortieren der
Lebensmittel helfen oder im Rahmen der vierteljährlichen
„TafelSammeltage“ das Abholen
und Ausliefern von Lebensmittelspenden übernehmen,
ist überaus positiv.“ Die Kooperation
hat nicht nur einseitig positive Auswirkungen,
auch Amazon profitiert. „Das freiwillige Mithelfen
bei der Tafel und unseren anderen sozialen
LOGISTIK-EXPRESS.COM LE 3/2024 | S42
Kooperationen hat deutliche Auswirkungen auf
das Bewusstsein unserer Mitarbeiter, etwa für
Müllvermeidung und Verschwendung.“
Zusätzlich zur Arbeitskraft und Zeit sponserte
Amazon Die Tafel Österreich seit 2022 mit
über 70.000 Euro, allein 25.000 Euro diesen
Juni - das entspricht 170.000 Mahlzeiten für
armutsbetroffene Menschen. Getreu dem
Motto „Tu Gutes und rede darüber“ unterstützt
Amazon auch beispielsweise den gemeinnützigen
Verein „Vienna Hobby Lobby“, der an vier
Standorten in Wien kostenlose Freizeitkurse
und Workshops für Kinder und Jugendliche aus
sozial benachteiligten Familien organisiert.
„Hier durfte ich vor Ort mithelfen und war sehr
beeindruckt von der Sozialarbeit, die dort geleistet
wird“, verrät Sprigade. Neben Geld- und
Sachspenden ist auch hier die Zeit die wertvolle
Ressource: Freiwillige helfen beim Aufbau und
der Durchführung der Kurse.
Komplexe Logistik
Die Tafel Österreich verfügt aktuell über 5
Lieferfahrzeuge, die pausenlos im Einsatz sind.
Gruber: „Manche Einrichtungen kommen die
Lebensmittel selbst abholen, das ist natürlich
hilfreich. Aber die große Herausforderung ist die
Zustellung, nicht alle Abgabestellen liegen so,
dass man problemlos mit einem großen Fahrzeug
zuliefern kann.“
Mit Partnern und Transportdienstleistern
erfolgt die
Verteilung, auch in die
Bundesländer. Manche
Güter werden in Hubs
zwischengelagert, etwa
wenn aus einer Großspende
überschüssiger
Tomaten Sugo gemacht
wird, um die Haltbarkeit
zu verlängern. „Das können
dann Hunderte Paletten sein, die
kann man nicht so einfach vor die
Tür stellen“, weiß Gruber. Mit der Unterstützung
von Transportpartnern wie Amazon kommen
die Waren dann von der Produktionsstelle in
kleinen Mengen zu den Einrichtungen. „Wir tauschen
uns eng mit der Tafel Österreich aus, um
unsere Logistikleistungen noch zielgerichteter
zur Verfügung zu stellen und die Zusammenarbeit
weiter auszubauen“, ergänzt Sprigade.
Gruber: „Wir suchen vermehrt Partner direkt in
der Landwirtschaft, da es sich mehr auszahlt,
als vielleicht einzelne Stücke oder Kisten im
Einzelhandel zu holen. Hier merkt man, dass die
Lebensmittelmärkte selbst durch Abverkäufe
die Abfälle reduzieren.“
Eine digitale Drehscheibe soll dabei helfen, die
Effizienz zu steigern und beispielsweise Waren
vom Landwirt direkt zur nächstgelegenen
Einrichtung geliefert werden, um die Wege kurz
zu halten und den ökologischen Fußabdruck
zu reduzieren. Gerade angesichts der Kostensteigerungen
im Energiesektor ist das doppelt
sinnvoll: „Die Kosten der Tafel Österreich allein
in den letzten zwei Jahren sind um 50.000
Euro gestiegen – besonders betroffen sind die
Bereiche Energie, Transport und Lagerung“, führt
Gruber aus.
Ambitionierte Pläne
Stetig steigende Kosten, stagnierende Spenden
und dennoch ein ehrgeiziges Ziel – durch eine
Erweiterung des Angebots will Gruber zukünftig
150 Sozialeinrichtungen mit kostenlosen
Lebensmitteln versorgen. Das geht nicht ohne
Partner. „Wir wollen gemeinsam zeigen, welch
große Wirkung Partnerschaften wie die mit
Amazon auch für die Nachhaltigkeitsziele der
Vereinten Nationen – u. a. mit den Zielen ‚Kein
Hunger‘ und ‚Halbierung der Lebensmittelverschwendung‘
– für die Gesellschaft und unseren
Planeten haben können“, ergänzt Alexandra
Gruber. Ohne professionelle Hilfe ist es für
Betroffene so gut wie unmöglich, der Armutsfalle
zu entkommen. Viele sind jedoch zu stolz,
um diese Hilfe zu bitten. Gruber: „Durch die
Abgabe der Lebensmittel sind die Menschen
auch zugänglicher für Beratung und Sozialarbeit.
Denn das ist ein Problem weniger, das sie
lösen müssen – zu wissen, woher die nächste
Mahlzeit kommt.“
Schließlich vermittelt Die Tafel Österreich auch
Wissen, etwa Aufklärung über den sinnvollen
Umgang mit Mindesthaltbarkeitsdaten oder
Koch-Workshops und Tipps zur richtigen Lagerung.
Alles auch mit dem Ziel, der Verschwendung
von Lebensmitteln entgegenzuwirken.
Und mit der Hoffnung, dass eines Tages kein
Mensch in Österreich mehr Hunger leiden muss.
(RED)
unser-lebensmittelhandel.at
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