Juli 2024 kibizz
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<strong>Juli</strong> <strong>2024</strong> <strong>kibizz</strong><br />
Liebe <strong>kibizz</strong>-Leserinnen und -Leser,<br />
gerne blicken wir mit Ihnen hinter die<br />
Kulissen des Schützentheaters, um zu<br />
beschreiben, wie eine Idee eine Inszenierung<br />
wird.<br />
„Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“<br />
zählt im oberschwäbischen Raum<br />
zu den eher unbekannteren Grimm-<br />
Märchen, dennoch zog die letztjährige<br />
Inszenierung des Schützentheaters<br />
16.279 Menschen in den Publikumssaal.<br />
Die Auslastung lag damit bei fast 90%.<br />
Die Biberacher lieben eben ihre Traditionen,<br />
ihr Schützenfest und ihr Kindertheater!<br />
Es gehört einfach dazu und war<br />
gefühlt schon immer da.<br />
Aber wie bringt man eigentlich ein altes Märchen auf eine moderne<br />
Bühne? Dutzende ehrenamtlich Helfende sind das gesamte Jahr<br />
über mit der Planung, Organisation und Durchführung des Schützentheaters<br />
beschäftigt. Heute wollen wir Ihnen verraten, wie unsere<br />
Inszenierungen genau ablaufen:<br />
Nachdem die beiden Theaterleiterinnen das Märchen gemeinsam<br />
bestimmt haben, wird das Textbuch erstellt. Die Autorin nimmt<br />
das Originalmärchen als Basis und versucht, sich nicht von Disney-<br />
Filmen oder sonstigen Adaptionen beeinflussen zu lassen – das ist<br />
gar nicht so leicht, wenn es sich um bekannte Geschichten handelt.<br />
Das Textbuch bildet die Grundstruktur der Inszenierung. Es gibt<br />
das gesprochene Wort, Figuren, Schauplätze, Tänze und Stimmungen<br />
vor. Auf dieser Grundlage entstehen die Entwürfe für Bühnenbild,<br />
Komposition, Kostüme, Choreographien und Maske. All diese<br />
künstlerischen Überlegungen greifen ineinander und müssen am<br />
Ende harmonisch zusammenwirken. Dementsprechend ist eine<br />
enge und verlässliche Zusammenarbeit der kreativen Köpfe unbedingt<br />
notwendig.<br />
Diese Vorarbeit geschieht bereits während der vorangehenden Saison<br />
und ist bis spätestens zum Herbst des Vorjahres abgeschlossen.<br />
Denn zu Beginn des neuen Jahres wollen die restlichen rund<br />
60 Mitarbeiter des Schützentheaters mit ihrer Arbeit loslegen.<br />
Den offiziellen Start unserer Saison läutet das Casting der Mitspielenden<br />
im Januar ein. Für rund 240 Rollen werden junge Talente gesucht.<br />
Dabei achtet die Jury hauptsächlich auf Sprachbegabung bei<br />
den Schauspielenden sowie Taktgefühl bei den Tanzenden. Ebenso<br />
wichtig ist, dass die Rolle zum Kind passt sowie das Kind zur Rolle.<br />
Wenn alle Positionen besetzt sind, starten auch schon die Proben.<br />
Unsere Orchesterleitung sucht ebenfalls jährlich musikalisch begabte<br />
Kinder und Jugendliche. Heuer fand sich eine bunt gemischte<br />
Gruppe von 40 Personen zusammen.<br />
Anfang des Jahres wird außerdem unser Bühnenbild gebaut. Ein<br />
Teil davon bei einer Biberacher Firma, der andere direkt in der<br />
Werkstatt der Stadthalle. Das machen wir allerdings nicht selbst,<br />
sondern überlassen es lieber Profis. Die Kulissen müssen schließlich<br />
am Ende statisch einwandfrei und für die Kinder gefahrlos bespielbar<br />
sein. Unser Bühnenbild-Team übernimmt die Bauteile wieder,<br />
sobald sie geprüft und abgenommen wurden, um sie mit viel<br />
Liebe fürs Detail zu bemalen und auszuschmücken.<br />
Zur gleichen Zeit sind die fleißigen Damen der Nähstube am Werk.<br />
Sie sorgen für ein besonderes Highlight der Kinder, nämlich wenn<br />
diese bei der Anprobe das erste Mal in ihre Kostüme schlüpfen dürfen.<br />
Die strahlenden Augen sind unbezahlbar!<br />
Bis zur Premiere gibt es viele kleine und große Aufgaben für die<br />
Mitarbeiter des Schützentheaters zu bewältigen – sei es Organisation,<br />
Öffentlichkeitsarbeit oder Technik. Eine bereichsübergreifende<br />
verlässliche Zusammenarbeit ist dabei unheimlich wichtig, ebenso<br />
Wertschätzung und ein respektvoller Umgang miteinander. Denn<br />
bis zum großen Tag steigt natürlich auch der Nervositätspegel aller<br />
Beteiligten und man diskutiert schon mal etwas hitziger über die<br />
unbedingte Notwendigkeit von Rüschen an Sitzmöbeln oder den<br />
Einsatz pinkfarbenen Lichts bei mintfarbenen Kostümen...<br />
Nachdem an der Premiere für manche Mitarbeiter die Saison schon<br />
beendet ist, fängt für andere die Arbeit erst an. Die Inspizienz sorgt<br />
beispielsweise für einen reibungslosen Ablauf des Stücks und die<br />
Garderobieren für Ordnung in den Räumen und Fluren. Die Kinder<br />
werden bei jeder Aufführung sorgfältig geschminkt und frisiert,<br />
hier und da wird ein Kostüm oder ein Requisit repariert und die<br />
Männer der Technik versetzen auf der Bühne ganze Häuser, ja sogar<br />
Schlösser!<br />
Es ist ein Riesending, unser Schützentheater. Organisatorisch sehr<br />
aufwändig und ein Job fürs gesamte Jahr. Manch einer könnte sich<br />
nun fragen: wieso denn eigentlich das Ganze? Warum tut man sich<br />
das an – neben Job, Familie, Studium, ...? Die Antwort unserer Mitarbeitenden<br />
ist stets die Gleiche: für die Kinder!<br />
Wir geben als Team unser Bestes, damit rund 300 Kinder Jahr für<br />
Jahr eine sinnvolle Beschäftigung und ihren Spaß haben. Diese<br />
Freude an unserer Arbeit, die Freude der Kinder am Theaterspielen<br />
und Musizieren – das ist im Publikumssaal deutlich spürbar. Deshalb<br />
zieht unser Schützentheater jährlich so viele Menschen in die<br />
Stadthalle und in seinen Bann.<br />
Wir als Theaterleitung sind stolz und dankbar, eine so tolle Sache<br />
mit einem großartigen Team auf die Beine stellen zu dürfen.<br />
Sandra Binder und Maren Jörg<br />
Leitung Schützentheater<br />
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