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Leseprobe_4_2024

Ausgabe 4_2024 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.

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Biogas Biogas Journal | | x_2022 4_<strong>2024</strong><br />

Es wird eng,<br />

Stromversorgung<br />

2030 in Gefahr!<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

was zu befürchten war, ist eingetreten:<br />

Auch die Biomasse-Frühjahrsausschreibung<br />

<strong>2024</strong> wurde vom Volumen her mehrfach<br />

überzeichnet. Ausgeschrieben war<br />

eine Leistung von 240 Megawatt (MW).<br />

788 Gebote mit 742 MW Leistung hatten<br />

jedoch an der Ausschreibung teilgenommen.<br />

Über 500 Betreiber von Biogasanlagen<br />

– also zwei von drei Betreibern – haben<br />

erneut keinen Zuschlag erhalten.<br />

Das hat zur Folge, dass immer mehr Anlagenbetreiber<br />

verunsichert sind und nicht<br />

wissen, wie es weitergehen soll. Nicht<br />

wenige Betreiber werden ihre Anlage<br />

nach dem Ende der ersten EEG-Vergütungsperiode<br />

wohl leider stilllegen. Diese<br />

installierte Leistung wird uns in Zukunft<br />

im Strom- und Wärmebereich fehlen.<br />

Für den Stromsektor ist es deshalb so<br />

dramatisch, weil Deutschland in 2030<br />

laut Kraftwerksstrategie der Bundesregierung<br />

etwa 30 Gigawatt (GW) an flexibler<br />

Stromleistung benötigt.<br />

Die 30 GW sollen vor allem durch den Bau<br />

von fossilen Gaskraftwerken – die später<br />

mal in der Lage sein sollen, Wasserstoff<br />

zu verstromen – realisiert werden. Da der<br />

Staat aber inzwischen knapp bei Kasse ist,<br />

schreibt er nicht mehr 30 GW, sondern nur<br />

noch 10 GW aus und will dafür 16 Milliarden<br />

Euro an Finanzhilfe in die Hand<br />

nehmen. Bis 2030 wird aber der deutsche<br />

Strombedarf weiter steigen, beispielsweise<br />

durch mehr Elektromobilität und mehr<br />

Wärmepumpeneinsatz bei gleichzeitigem<br />

Ausstieg aus der Kohleverstromung.<br />

Und mittlerweile wird immer deutlicher,<br />

dass die neuen geplanten Gaskraftwerke<br />

bis 2030 gar nicht fertig gebaut,<br />

geschweige denn betriebsbereit sein<br />

werden. Die Investoren wissen auch<br />

gar nicht, auf welcher Basis sie bauen<br />

sollen, denn das notwendige Ausschreibungssystem<br />

existiert dafür noch nicht.<br />

Nun hofft die Bundesregierung darauf,<br />

dass sogenannte Netzkoppelpunkte, die<br />

das deutsche Stromnetz mit dem Ausland<br />

verbinden, bis 2030 von heute 22<br />

GW Leistung auf 30 bis 35 GW Leistung<br />

ausgebaut werden. Es besteht aber hier<br />

die Gefahr, dass bei bestimmten Großwetterlagen<br />

nicht nur in Deutschland zu<br />

wenig Wind- und Solarstrom zur Verfügung<br />

steht, sondern im Ausland dann<br />

auch nicht genug Strom produziert wird,<br />

den wir importieren könnten.<br />

Wir begeben uns somit sehenden Auges<br />

in eine Stromversorgungslücke hinein. Es<br />

wird also eng in Sachen sichere Stromversorgung<br />

in Deutschland. Das können wir<br />

uns als Industriestandort nicht leisten.<br />

Die Lösung ist einfach und liegt auf der<br />

Hand: Die Biogasverstromung erhalten<br />

und real ausbauen. Rund 6 GW Biogasstromleistung<br />

sind in Deutschland installiert.<br />

Die ließen sich bis 2030 schneller<br />

und preiswerter als die geplanten Gaskraftwerke<br />

durch mehrfache Überbauung<br />

der Stromleistung bei gleicher Gasleistung<br />

auf 12 GW erhöhen.<br />

Mittelfristig schlummert hier sogar ein<br />

Potenzial von 24 GW Biogasstromleistung.<br />

Zusätzlich ließen sich durch den<br />

Bau von Neuanlagen 6 GW erschließen,<br />

was auch dem eigentlichen Willen der<br />

Bundesregierung entspricht. Wir sehen<br />

also, dass Biogasanlagen einen erheblichen<br />

Teil der künftigen sogenannten<br />

Residuallast sicher bereitstellen könnte.<br />

Wir benötigen dafür ein höheres Ausschreibungsvolumen<br />

von jährlich 1.800<br />

MW aufgeteilt auf zwei Ausschreibungstermine<br />

ohne endogene Mengensteuerung<br />

und ohne Nord-Süd-Quote. Ferner<br />

muss der Flexzuschlag auf 120 Euro<br />

pro kW angehoben werden. Außerdem<br />

brauchen wir einen Gebotshöchstwert,<br />

der nicht prozentual von Jahr zu Jahr<br />

sinkt, sondern sich der steigenden Inflation<br />

zeitnah anpasst. So sichern wir<br />

die Strom- und Wärmeversorgung und<br />

gleichzeitig den Industriestandort, weil<br />

wir so auch in Zukunft bezahlbare Energie<br />

bereitstellen.<br />

Liebe Politikerinnen und Politiker, Sie<br />

sollen in Ihrer Funktion Schaden vom<br />

Land fernhalten. Na, dann machen Sie<br />

mal bitte!<br />

Herzlichst Ihr<br />

Horst Seide,<br />

Präsident des Fachverbandes Biogas e.V.<br />

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