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Leseprobe_4_2024

Ausgabe 4_2024 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.

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Fachverband Biogas e.V. | ZKZ 50073 | 27. Jahrgang<br />

www.biogas.org<br />

4_<strong>2024</strong><br />

Ab Seite 30<br />

TITELTHEMA<br />

Cybersicherheit<br />

Neue<br />

TRGS 529 38<br />

Hanfmix für<br />

mehr Biodiversität 58<br />

Biogasnutzung<br />

in Uganda 82<br />

1


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Biogas Biogas Journal | | x_2022 4_<strong>2024</strong><br />

Es wird eng,<br />

Stromversorgung<br />

2030 in Gefahr!<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

was zu befürchten war, ist eingetreten:<br />

Auch die Biomasse-Frühjahrsausschreibung<br />

<strong>2024</strong> wurde vom Volumen her mehrfach<br />

überzeichnet. Ausgeschrieben war<br />

eine Leistung von 240 Megawatt (MW).<br />

788 Gebote mit 742 MW Leistung hatten<br />

jedoch an der Ausschreibung teilgenommen.<br />

Über 500 Betreiber von Biogasanlagen<br />

– also zwei von drei Betreibern – haben<br />

erneut keinen Zuschlag erhalten.<br />

Das hat zur Folge, dass immer mehr Anlagenbetreiber<br />

verunsichert sind und nicht<br />

wissen, wie es weitergehen soll. Nicht<br />

wenige Betreiber werden ihre Anlage<br />

nach dem Ende der ersten EEG-Vergütungsperiode<br />

wohl leider stilllegen. Diese<br />

installierte Leistung wird uns in Zukunft<br />

im Strom- und Wärmebereich fehlen.<br />

Für den Stromsektor ist es deshalb so<br />

dramatisch, weil Deutschland in 2030<br />

laut Kraftwerksstrategie der Bundesregierung<br />

etwa 30 Gigawatt (GW) an flexibler<br />

Stromleistung benötigt.<br />

Die 30 GW sollen vor allem durch den Bau<br />

von fossilen Gaskraftwerken – die später<br />

mal in der Lage sein sollen, Wasserstoff<br />

zu verstromen – realisiert werden. Da der<br />

Staat aber inzwischen knapp bei Kasse ist,<br />

schreibt er nicht mehr 30 GW, sondern nur<br />

noch 10 GW aus und will dafür 16 Milliarden<br />

Euro an Finanzhilfe in die Hand<br />

nehmen. Bis 2030 wird aber der deutsche<br />

Strombedarf weiter steigen, beispielsweise<br />

durch mehr Elektromobilität und mehr<br />

Wärmepumpeneinsatz bei gleichzeitigem<br />

Ausstieg aus der Kohleverstromung.<br />

Und mittlerweile wird immer deutlicher,<br />

dass die neuen geplanten Gaskraftwerke<br />

bis 2030 gar nicht fertig gebaut,<br />

geschweige denn betriebsbereit sein<br />

werden. Die Investoren wissen auch<br />

gar nicht, auf welcher Basis sie bauen<br />

sollen, denn das notwendige Ausschreibungssystem<br />

existiert dafür noch nicht.<br />

Nun hofft die Bundesregierung darauf,<br />

dass sogenannte Netzkoppelpunkte, die<br />

das deutsche Stromnetz mit dem Ausland<br />

verbinden, bis 2030 von heute 22<br />

GW Leistung auf 30 bis 35 GW Leistung<br />

ausgebaut werden. Es besteht aber hier<br />

die Gefahr, dass bei bestimmten Großwetterlagen<br />

nicht nur in Deutschland zu<br />

wenig Wind- und Solarstrom zur Verfügung<br />

steht, sondern im Ausland dann<br />

auch nicht genug Strom produziert wird,<br />

den wir importieren könnten.<br />

Wir begeben uns somit sehenden Auges<br />

in eine Stromversorgungslücke hinein. Es<br />

wird also eng in Sachen sichere Stromversorgung<br />

in Deutschland. Das können wir<br />

uns als Industriestandort nicht leisten.<br />

Die Lösung ist einfach und liegt auf der<br />

Hand: Die Biogasverstromung erhalten<br />

und real ausbauen. Rund 6 GW Biogasstromleistung<br />

sind in Deutschland installiert.<br />

Die ließen sich bis 2030 schneller<br />

und preiswerter als die geplanten Gaskraftwerke<br />

durch mehrfache Überbauung<br />

der Stromleistung bei gleicher Gasleistung<br />

auf 12 GW erhöhen.<br />

Mittelfristig schlummert hier sogar ein<br />

Potenzial von 24 GW Biogasstromleistung.<br />

Zusätzlich ließen sich durch den<br />

Bau von Neuanlagen 6 GW erschließen,<br />

was auch dem eigentlichen Willen der<br />

Bundesregierung entspricht. Wir sehen<br />

also, dass Biogasanlagen einen erheblichen<br />

Teil der künftigen sogenannten<br />

Residuallast sicher bereitstellen könnte.<br />

Wir benötigen dafür ein höheres Ausschreibungsvolumen<br />

von jährlich 1.800<br />

MW aufgeteilt auf zwei Ausschreibungstermine<br />

ohne endogene Mengensteuerung<br />

und ohne Nord-Süd-Quote. Ferner<br />

muss der Flexzuschlag auf 120 Euro<br />

pro kW angehoben werden. Außerdem<br />

brauchen wir einen Gebotshöchstwert,<br />

der nicht prozentual von Jahr zu Jahr<br />

sinkt, sondern sich der steigenden Inflation<br />

zeitnah anpasst. So sichern wir<br />

die Strom- und Wärmeversorgung und<br />

gleichzeitig den Industriestandort, weil<br />

wir so auch in Zukunft bezahlbare Energie<br />

bereitstellen.<br />

Liebe Politikerinnen und Politiker, Sie<br />

sollen in Ihrer Funktion Schaden vom<br />

Land fernhalten. Na, dann machen Sie<br />

mal bitte!<br />

Herzlichst Ihr<br />

Horst Seide,<br />

Präsident des Fachverbandes Biogas e.V.<br />

3


INHALT<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

18<br />

EDITORIAL<br />

3 Es wird eng, Stromversorgung 2030<br />

in Gefahr!<br />

Horst Seide, Präsident des<br />

Fachverbandes Biogas e.V.<br />

Beilagenhinweis: Das Biogas Journal<br />

enthält einen Einhefter der Firma<br />

ONERGYS GmbH<br />

AKTUELLES<br />

6 Nachwachsende Rohstoffe 2023 auf<br />

knapp 2,5 Mio. Hektar<br />

7 Biogas-Innovationspreise verliehen<br />

8 Bücher<br />

10 Biogas-Kids<br />

11 Termine<br />

12 Technische Anforderungen und Innovationen<br />

Von Dr. Martin Frey<br />

18 Mehr Produkte und höhere Erträge<br />

Von M.A. Rouven Zietz<br />

22 Biomethan – Der offensichtlichste<br />

erneuerbare Kraftstoff von heute<br />

Von Arthur Wellinger<br />

IFAT<br />

26 142.000 Gäste besuchten Weltleitmesse<br />

Von Andrea Horbelt<br />

Cybersicherheit<br />

30 Hacker müssen draußen bleiben!<br />

Von Jens Cordt<br />

34 Cybersicherheit: Nehmen Sie das<br />

Thema ernst!<br />

Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />

Martin Bensmann<br />

36 Die AG Cybersicherheit des<br />

Fachverbandes Biogas e.V.<br />

37 FAQs zur Arbeitshilfe Cybersicherheit<br />

auf Biogasanlagen<br />

POLITIK<br />

28 Bestandsgefährdungen schnellstens<br />

beseitigen<br />

Von Jörg Schäfer<br />

4


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

INHALT<br />

30<br />

TITELILLUSTRATION: BIGBENREKLAMEBUREAU GMBH I CODEGRAFIK: FREEPIK.COM<br />

82<br />

FOTOS: ROUVEN ZIETZ | ISTOCK | CODEGRAFIK: FREEPIK.COM | MARTIN EGBERT<br />

PRAXIS<br />

38 Die aktualisierte TRGS 529<br />

Von Dr. Florian Heuser und Dirk Pachurka<br />

40 Sicheres Arbeiten in Schächten<br />

Von Thomas Gaul<br />

46 Wunsch und Wirklichkeit einer All<br />

Electric Vision<br />

Von EUR ING Marie-Luise Schaller<br />

Wärmekonzept<br />

50 Win-win für GEO und Gastom<br />

Von Christian Dany<br />

57 Biogasanlage des Monats<br />

WISSENSCHAFT<br />

58 Pflanzenmischung für<br />

mehr Biodiversität –<br />

Biogasproduktion möglich<br />

Von Dr. Klaus Mandery<br />

INTERNATIONAL<br />

Luxemburg<br />

66 Warten auf den Neustart<br />

Von Dipl.-Pol. Oliver Ristau<br />

Belgien<br />

74 Viele Köche, wenig Biogas<br />

Von Dipl.-Pol. Oliver Ristau<br />

Uganda<br />

82 Wann geht Biogas in die Breite?<br />

Von Klaus Sieg<br />

VERBAND<br />

Aus der Geschäftsstelle<br />

98 Silberstreif am Horizont?<br />

Von Dr. Stefan Rauh und<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />

105 LEE Niedersachsen/Bremen e.V.<br />

10 BEE-Studie: Netzanschluss einfach<br />

beschleunigen<br />

Von Dr. Simone Peter, BEE<br />

RECHT<br />

Teil 2<br />

38 Projekt Biomethan:<br />

Der lange Weg zur Genehmigung<br />

und wie er sich verkürzen lässt<br />

Von RA Carsten Bringmann<br />

5


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

ABFALLVERGÄRUNGSTAG, TEIL 2<br />

Technische Anforderungen und<br />

Innovationen<br />

Beim Abfallvergärungstag samt GGG-Fachseminar vom 27. bis 29. Februar <strong>2024</strong> in Bremen wurden wieder<br />

aktuelle Herausforderungen an die Branche diskutiert. Rund 90 Teilnehmer waren in die Hansestadt an der<br />

Weser gekommen. Zu den weiteren thematischen Schwerpunkten zählten die technischen Anforderungen<br />

sowie Innovationen aus dem Bereich der Abfallvergärung.<br />

Von Dr. Martin Frey<br />

Bei den technischen Anforderungen<br />

an die Abfallvergärung<br />

spielt die IT-Sicherheit<br />

eine immer größere Rolle,<br />

geht es hier doch um Sicherheitsaspekte,<br />

die mit der zunehmenden<br />

Digitalisierung einhergehen. Angriffe<br />

auf die informationstechnischen Systeme<br />

können verheerende Folgen für den<br />

sicheren Anlagenbetrieb haben, warnte<br />

Marion Wiesheu vom Fachverband Biogas<br />

e.V. in ihrem Vortrag. Aus diesem<br />

Grund würden die Schutzvorkehrungen<br />

seitens der Betreiber, aber auch des Gesetzgebers<br />

permanent verschärft.<br />

Die bisherige Empfehlung EmpfBS 1115<br />

„Umgang mit Risiken durch Angriffe auf<br />

die Cyber-Sicherheit von sicherheitsrelevanten<br />

MSR-Einrichtungen“ sei zur<br />

technischen Regel Betriebssicherheit<br />

TRBS 1115-1 „Cybersicherheit für sicherheitsrelevante<br />

Mess-, Steuer- und<br />

Regeleinrichtungen“ überarbeitet worden.<br />

„Die Anforderungen sollen nach<br />

und nach in der Praxis auf den Biogasanlagen<br />

eingefordert werden“, so Wiesheu.<br />

Für die darin genannten Maßnahmen<br />

halte der Verband eine Arbeitshilfe<br />

auf der Homepage bereit. Betriebsbereiche<br />

gemäß der Störfallverordnung (12.<br />

Bundes-Immissionsschutzverordnung)<br />

müssen zur Abwehr von Eingriffen Unbefugter<br />

eventuell auch weitergehende<br />

Maßnahmen ergreifen.<br />

Strengere Vorgaben werden an Unternehmen<br />

im besonderen öffentlichen<br />

Interesse und insbesondere an Kritische<br />

Infrastrukturen durch das Gesetz<br />

über das Bundesamt für Sicherheit in<br />

der Informationstechnik (BSIG) gestellt.<br />

Gemäß der Verordnung zur Bestimmung<br />

Kritischer Infrastrukturen nach dem<br />

Marion Wiesheu vom Fachverband Biogas e.V.<br />

riet den Anlagenbetreibern, die aktuellen Entwicklungen<br />

und Anforderungen der IT-Sicherheit<br />

in der Biogasbranche im Blick zu behalten und<br />

passende Vorkehrungen zu treffen. Der Verband<br />

biete vielfältige Unterstützung dazu.<br />

BSIG (BSI-KritisV) wurde zu Jahresbeginn<br />

auch die Siedlungsabfallentsorgung<br />

zur Kritischen Infrastruktur. Betroffen<br />

sind dabei Siedlungsabfall vergärende<br />

und kompostierende Anlagen mit einer<br />

genehmigten Behandlungskapazität ab<br />

33.500 Tonnen Bioabfall im Jahr. Wie<br />

viele Anlagen in der Biogasbranche betroffen<br />

sind, sei noch nicht klar.<br />

Wessen Anlage als Kritische Infrastruktur<br />

gilt, hat sich beim BSI zu registrieren<br />

und muss Störungen der IT melden. Im<br />

Gegenzug unterstützt das BSI die Betreiber<br />

durch Warnmeldungen. In Krisenfällen<br />

werde zudem der Staat die Anlagen<br />

der Kritischen Infrastruktur weitergehend<br />

unterstützen. Wiesheu erklärte dazu:<br />

„Wie hoch die zusätzlichen<br />

Anforderungen an Kritische<br />

Infrastrukturen sind, kann der<br />

Fachverband Biogas derzeit<br />

noch nicht abschätzen“<br />

Marion Wiesheu<br />

Das Ganze bringe weitere Formalitäten<br />

mit sich: Für registrierte Anlagen müsse<br />

alle zwei Jahre der Stand der Technik neu<br />

nachgewiesen werden – ein vermutlich<br />

nicht unerheblicher Aufwand. Hierzu<br />

wird derzeit ein branchenspezifischer<br />

Sicherheitsstandard erarbeitet.<br />

Neue Europäische Regelungen<br />

für Biobeutel und Verpackungen<br />

Da sich sogenannte Biologisch abbaubare<br />

Wertstoffe (BAW) – synonym auch<br />

„Biokunststoffe“ – sowie Biologisch<br />

abbaubare Kunststoffe (BAK) in Bioabfall-Vergärungsanlagen<br />

kaum zersetzen,<br />

können schon geringe Mengen davon für<br />

große Probleme im Verfahren und bei der<br />

Qualität der erzeugten Gärprodukte sorgen.<br />

Dr. Irmgard Leifert von der Reterra<br />

Service GmbH aus Erftstadt informierte<br />

hierzu, dass geändertes EU-Recht zu<br />

Verpackungen und Verpackungsabfällen<br />

auch Anpassungen in der Bioabfall-Verordnung<br />

(BioAbfV) bedingen könnte.<br />

So gebe es für die aktuell im Gesetzgebungsverfahren<br />

befindliche EU-Verpackungsverordnung<br />

„den Teilerfolg, dass<br />

erkannt wurde, dass sich kompostierbare<br />

Verpackungen nicht in aeroben Anlagen<br />

zersetzen“, sagte sie in ihrem Vortrag.<br />

Daher sollen erstmalig europaweit auch<br />

FOTOS: DR. MARTIN FREY<br />

12


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

AKTUELLES<br />

standarisierte Testmethoden für deren<br />

Abbau in der Vergärung mit aufgestellt<br />

werden. In Deutschland sei die Biotonne<br />

generell keine Verpackungstonne,<br />

sondern der Sammelbehälter für reine,<br />

native Bioabfälle.<br />

Die Abstimmung zwischen Kommission,<br />

Rat und Parlament laufe gerade – Stand<br />

Ende Februar – und man erwarte die<br />

Absegnung des Gesetzeswerkes zum<br />

Ende der Plenarwoche im April. „Wir sind<br />

gespannt, was am Ende für Regelungen<br />

zu biologisch abbaubaren Materialien<br />

– wie Aufklebern, Stickern, Kaffee-/<br />

Teebeutel, sehr leichten Plastiktüten –<br />

herauskommt“, so Leifert. [Anmerkung<br />

der Redaktion: Der Entwurf der EU-<br />

VerpackV ist Ende April verabschiedet<br />

worden.]<br />

Und auch auf Bundesebene tut sich etwas:<br />

Mit der Novelle der Bioabfallverordnung<br />

(BioabfallV, 2022) sei man einen<br />

großen Schritt zur Minimierung von<br />

Fremdstoffen – insbesondere von<br />

Kunststoffen – vorangekommen, um<br />

künftig solche Störstoffe von den<br />

Biotonnen fernzuhalten. Verbrauchern<br />

könne man künftig besser klarmachen,<br />

was wirklich vergärbar beziehungsweise<br />

kompostierbar ist, und dass nur Material<br />

in die Biotonnen darf, das letztlich<br />

gute Qualitäten der Kompost- und<br />

Gärprodukte garantiert. Man müsse<br />

Dr. Irmgard Leifert von der Reterra Service GmbH<br />

aus Erftstadt informierte, dass geändertes EU-<br />

Recht zu Verpackungen und Verpackungsabfällen<br />

auch Anpassungen in der Bioabfall-Verordnung<br />

(BioAbfV) bedingen könnte.<br />

hierfür auch nicht bis zur großen Novelle<br />

der BioabfallVO warten, zumal ein<br />

Referentenentwurf dafür vermutlich erst<br />

in der nächsten Legislaturperiode zu<br />

erwarten sei.<br />

Mit Beweisfotos<br />

gegen (Bio)-Müllsünder<br />

Dass Biotonnen missbraucht werden,<br />

um darin den Hausmüll zu entsorgen,<br />

ist vielerorts ein massives Problem.<br />

Entsorgungsbetriebe können künftig<br />

besser aktiv dagegen vorgehen: Das<br />

Unternehmen C-Trace GmbH aus<br />

Bielefeld hat das KI-basierte Störstoff-<br />

Detektionssystem C-Detect entwickelt,<br />

das den Müllsündern konsequent auf die<br />

Schliche kommt. Hierfür sind Kameras<br />

am und im Entsorgungsfahrzeug<br />

montiert, und die Störstoffe im Biomüll<br />

werden automatisiert fotografiert.<br />

Damit das System Alarm schlagen kann,<br />

wenn etwa Kunststoffbeutel in der Tonne<br />

liegen, bedarf es des Trainings der Software<br />

mit Tausenden von Bildern, berichtete<br />

Andreas Holler von dem Entwickler.<br />

„Wir lernen die Systeme<br />

derzeit an. Je mehr Bilder wir<br />

haben, desto besser werden die<br />

Detektionsergebnisse“<br />

Andreas Holler<br />

Am oberen Heck des Entsorgungsfahrzeugs<br />

angebrachte Kameras erfassen<br />

die Oberfläche des Abfalls. Schlägt das<br />

System Alarm, wird die Tonne gleich<br />

wieder abgesenkt. Das Personal kann<br />

sie dann mit einer Banderole versehen.<br />

Der Kunde muss anschließend nachsortieren<br />

oder einmal eine Hausmüllleerung<br />

zusätzlich bezahlen. Das Ganze<br />

habe einen „immensen erzieherischen<br />

Effekt“, meinte Holler. Wenn die Tonnen<br />

mit Chips ausgestattet sind, kann<br />

über diesen Chip die einzelne Tonne<br />

den Bürger zugeordnet werden. Dies<br />

ermöglicht ein Bürgeranschreiben mit<br />

Beweisfoto – ähnlich wie bei zu schnellem<br />

Fahren im Straßenverkehr.<br />

Während die Außenkameras des neuen<br />

Systems nur die Oberfläche des Bioabfalls<br />

abbilden, ermöglichen es Innenkameras,<br />

das Material beim Hineinfallen<br />

Müllsündern konsequent auf die Schliche<br />

zu kommen, ermöglicht ein Störstoff-<br />

Detektionssystem des Unternehmens C-Trace<br />

GmbH, das Andreas Holler vorstellte.<br />

komplett zu beurteilen. Das habe nur<br />

den Nachteil, dass die Störstoffe dann<br />

bereits im Fahrzeug drin sind – doch die<br />

Zuordnung zur jeweiligen Tonne bleibt<br />

auf der Habenseite. Bei allem punktet<br />

das System damit, dass es den Entleerungsvorgang<br />

bei der Vielzahl an „sauberen<br />

Tonnen“ nicht verlangsamt.<br />

Die ausgeklügelte Technik ermögliche<br />

zudem die Erstellung von geographischen<br />

Schwerpunktkarten der Fehlwürfe.<br />

„Das macht es erheblich einfacher,<br />

politische Diskussionen zu führen und<br />

Satzungen anzupassen“, erklärte Holler.<br />

Vage Aussagen wie: „In der Nordstadt<br />

ist es am schlimmsten“ könnten so mit<br />

konkreten Zahlen hinterlegt werden.<br />

Aus Datenschutzgründen würden die<br />

angefertigten Aufnahmen nur anlassbezogen<br />

gespeichert.<br />

Die Auswertung ermögliche zudem festzulegen,<br />

wie streng der Detektionslevel<br />

einzustellen ist. Schließlich dürften<br />

schon aus politischen Erwägungen die<br />

Kontrollen nicht dazu führen, dass ganze<br />

Straßenzüge nicht mehr geleert würden.<br />

Die Ausstattung eines Fahrzeuges schlage<br />

mit etwa 30.000 Euro zu Buche, dazu<br />

kämen geringe laufende Kosten. Vor allem<br />

brauche man nicht den gesamten<br />

Fuhrpark damit ausstatten. Es genüge<br />

vielleicht ein Drittel der Fahrzeuge. Diese<br />

könnten dann rotieren – das würde schon<br />

ausreichend sensibilisieren.<br />

13


AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

An Großküchen angeschlossene Biogasanlagen im Kleinmaßstab könnten bald schon den urbanen<br />

Raum erschließen, wie Dr. Michael Meirer (rechts) von der Meiko Green Waste Solutions GmbH<br />

aus Offenburg sowie Tobias Finsterwalder von der Finsterwalder Umwelttechnik GmbH & Co. KG<br />

aus Bernau am Chiemsee berichteten.<br />

Kleinstfermenter für Großküchen<br />

Während Biogasanlagen bislang vorwiegend<br />

im ländlichen Raum verbreitet<br />

sind, könnten sie künftig auch im Kleinmaßstab<br />

den urbanen Raum erschließen.<br />

Einen möglichen Beitrag von Kleinbiogasanlagen<br />

zur Energiewende thematisierten<br />

Dr. Michael Meirer von der Meiko<br />

Green Waste Solutions GmbH aus Offenburg<br />

sowie Tobias Finsterwalder von der<br />

Finsterwalder Umwelttechnik GmbH &<br />

Co. KG aus Bernau am Chiemsee.<br />

Das Unternehmen Meiko ist vor allem für<br />

seine Spülmaschinen für den Profibedarf<br />

bekannt, die weltweit in Großküchen zum<br />

Einsatz kommen. Ein weiteres Produkt<br />

sind Vakuumanlagen, die Lebensmittelreste<br />

und -abfälle mittels Rohrleitungen<br />

absaugen und zu einem zentralen Sammeltank<br />

befördern. Dies funktioniert nach<br />

dem Prinzip der Flugzeugtoiletten und<br />

bietet für die Küchen einige logistische,<br />

hygienische und finanzielle Vorteile.<br />

Die Reststoffe können zusammen mit<br />

dem Inhalt des Fettabscheiders in längeren<br />

Zeitintervallen abtransportiert und<br />

dann etwa in einer Abfallvergärungsanlage<br />

verwertet werden. In Kooperation der<br />

beiden Unternehmen entstand nun aber<br />

auch der Ansatz, gleich am Ort der Abfallentstehung<br />

eine Kleinbiogasanlage<br />

zu installieren. „Dazu brauchen wir eine<br />

komplett standardisierte Anlage“, berichtete<br />

Geschäftsführer Tobias Finsterwalder.<br />

Diese ist in einem 40-Fuß-Highcube-<br />

Container untergebracht und besitzt eine<br />

thermische Leistung von 20 bis 25 Kilowatt.<br />

Beim Durchsatz von einer Tonne<br />

würden an einem Tag 108 bis 110 Kubikmeter<br />

(m³) Gasertrag erzielt und es<br />

fielen 0,86 m 3 Gärprodukt an. Im Jahr<br />

erzeugt die Anlage nach Unternehmensangaben<br />

etwa 200 Megawattstunden<br />

Wärme. Ein Pilotprojekt befindet sich<br />

bisher in der Umweltarena in Spreitenbach<br />

bei Zürich.<br />

Die erste Anlage im Schiffscontainer ist<br />

genehmigt und wird dieses Jahr noch<br />

bei der Gemeindeverwaltung in Triesen<br />

(Liechtenstein) realisiert. Die Anlage<br />

habe eine geringe Brandlast, da das erzeugte<br />

Gas sofort in Strom und Wärme<br />

umgewandelt werde. Für den Container<br />

wird ein Richtpreis von 300.000 Euro<br />

genannt – zusammen mit dem Vakuumsystem<br />

komme etwa eine halbe Million<br />

Euro Invest zusammen.<br />

Dank der Einnahmen durch die vermiedenen<br />

Entsorgungskosten und die<br />

selbst erzeugte Energie rechne man mit<br />

einer Amortisationszeit von sechs bis<br />

zwölf Jahren. Der Einsatz setzt freilich<br />

eine gewisse Mindestgröße des angeschlossenen<br />

Gastgewerbes voraus – für<br />

Deutschland prognostizieren die beiden<br />

Unternehmen ein Potenzial von etwa<br />

1.000 Anwendungen.<br />

Fasern rechtzeitig aussondern<br />

und getrennt nutzen<br />

Auf eine Innovation im Bereich der<br />

stofflichen Verwertung ging Dr. Benedikt<br />

Hülsemann von der Landesanstalt<br />

für Agrartechnik und Bioenergie an der<br />

Universität Hohenheim ein: „Biogasanlagen<br />

werden sich wandeln und Teil einer<br />

Bioraffinerie werden“, lautete sein<br />

Credo. Dies verdeutlichte er anhand der<br />

Verwertung von Reststoffen zur Biogasund<br />

Fasergewinnung.<br />

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14


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

AKTUELLES<br />

Da landwirtschaftliche Reststoffe faserreich und schwer<br />

vergärbar seien, riet er dazu, die Fasern aus dem Substrat<br />

abzutrennen und getrennt weiter zu verwerten. In weiteren<br />

parallelen oder alternativen Vorstufen könnten zudem Proteine<br />

und Plattformchemikalien gewonnen werden. Die übrigbleibende<br />

Flüssigkeit sei in einer zweistufigen Biogasanlage<br />

zu vergären. Anders als in den Fasern sei in der Flüssigkeit<br />

ein hohes spezifisches Methanpotenzial enthalten, verdeutlichte<br />

er den Vorteil.<br />

Zur Aufbereitung und Abtrennung der Fasern und der<br />

Flüssigkeit habe man in der Entwicklung verschiedene<br />

Ansätze verfolgt: Die Faseraufbereitung mit einer<br />

Thermodruckhydrolyse, einem Querstromzerspaner und<br />

einem Extruder wurden in einem Projekt untersucht und<br />

die resultierende Faserqualität und das Biogaspotenzial<br />

der Flüssigkeit verglichen. Die Faserqualität als auch die<br />

Abtrennung von gut vergärbaren Bestandteilen waren mittels<br />

Thermodruckhydrolyse deutlich besser als mit den anderen<br />

untersuchten Verfahren.<br />

Bei der Thermodruckhydrolyse werde durch das Kochen<br />

des Substrates unter Sattdampfdruck und anschließendem<br />

spontanen Entspannen die Ligno-Zellulosestruktur<br />

aufgebrochen. Nachteil ist, dass dies sehr energieintensiv<br />

ist und hohe Investitionen voraussetzt. Hier sei weitere<br />

Forschung notwendig.<br />

Eine Pilotanlage der Universität mit Thermodruckhydrolyse<br />

und zweistufiger Vergärung in Backnang verarbeitet inzwischen<br />

Biomüll. Die dortige zweistufige Vergärung biete eine kurze<br />

Verweildauer und könne sehr flexibel Biogas produzieren. Aus<br />

den Fasern sollen Pflanztöpfe und Verbundstoffe hergestellt<br />

werden. Aber auch für Torfersatzprodukte, Papiere und<br />

Verpackungen sieht er gute Absatzmöglichkeiten. „Durch<br />

den Onlinehandel ist der Bedarf danach extrem gestiegen“,<br />

argumentierte Hülsemann.<br />

Simple.<br />

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PERIPOWER.<br />

Möglichkeiten der Verwertung von Reststoffen<br />

zur Biogas- und Fasergewinnung stellte<br />

Benedikt Hülsemann von der Landesanstalt<br />

für Agrartechnik und Bioenergie an der<br />

Universität Hohenheim vor.<br />

15<br />

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AKTUELLES BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

Die ungeahnten Potenziale der Kombination<br />

von Insektenmast und Biogasproduktion zeigte<br />

Dr. Jonas Finck von dem Startup Madebymade<br />

GmbH auf.<br />

Mathias Hartel moderierte die Abschlussrunde<br />

des Networkings.<br />

In den Pausengesprächen bot sich die Gelegenheit, Kontakte aufzufrischen und neue zu knüpfen.<br />

Networking brachte<br />

Teilnehmer zusammen<br />

Einen recht ungewöhnlichen neuen<br />

Blick auf Möglichkeiten der Tiermast<br />

lieferte als Impulsvortrag für das anschließende<br />

Networking Dr. Jonas Finck<br />

von dem Startup Madebymade GmbH<br />

aus dem sächsischen Pegau: „Von Insekten<br />

lernen heißt, von Gewinnern lernen“,<br />

startete er in das Thema „Waste<br />

2 Protein“. Er wolle die Möglichkeit der<br />

Kombination von Insektenmast und Biogasproduktion<br />

aufzeigen, erklärte er den<br />

nicht wenig erstaunten Zuhörern. 42<br />

Prozent der Biomasse auf der Erde seien<br />

schließlich Insekten. Künftig würden<br />

diese zur Proteingewinnung eine immer<br />

größere Rolle spielen.<br />

Die Larve der Schwarzen Soldatenfliege<br />

etwa sei eine nichtinvasive Art, die in<br />

der EU zur Larvenmast zugelassen sei.<br />

Sie sei äußerst effizient in der Futterverwertung<br />

und nach einer Woche „erntebereit“.<br />

Schon jetzt ist Insektenzucht eine<br />

Branche mit wachsender Bedeutung: 90<br />

Prozent der bisherigen Erzeugung würden<br />

etwa zu Hundefutter verarbeitet.<br />

Aber auch die Verfütterung an Hühner,<br />

Schweine und Aquakulturen sei erlaubt.<br />

Ein möglicher Zuchtbetrieb, für den<br />

er Pläne zeigte, könne im Jahr etwa<br />

9.500 Tonnen organische Reststoffe<br />

verarbeiten und daraus Insektenlarven<br />

produzieren. Dabei fielen Proteine, Insektenfett,<br />

Insektenkot beziehungsweise<br />

Chitin/Chitosan an. Einiges davon könne<br />

in Kombination mit Biogasanlagen,<br />

auch in kaskadenähnlichen Prozessen,<br />

zu Energie umgewandelt werden. Die<br />

Abwärme stehe im Gegenzug zur Beheizung<br />

der Insektenfarm, Trocknung der<br />

Produkte etc. zur Verfügung. „Das Methanbildungspotenzial<br />

ist vergleichbar<br />

mit jenem anderer tierischer Stoffe“,<br />

wies Finck auf das damit verbundene<br />

Potenzial hin.<br />

Beim Networking wurde über Proteinnutzung, Hygieneauflagen und Technologieoffenheit diskutiert.<br />

Autor<br />

Dr. Martin Frey<br />

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BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

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17


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

Sicheres Arbeiten<br />

in Schächten<br />

Welche Arbeitsumgebungen<br />

gelten als „enge Raume“?<br />

:<br />

Als enge Räume gelten jede Art von Behältern,<br />

Silos, Tanks oder Schächten, die von festen Wandungen<br />

umgeben sind und in der Regel nur über<br />

einen begrenzten Luftaustausch verfügen. Durch<br />

den begrenzten Luftaustausch treten in diesen<br />

Räumen häufig Unterversorgungen mit Sauerstoff<br />

auf, ferner kann es bei der Arbeit zu Gefährdungen<br />

durch Gemische, Gase oder Schadstoffe<br />

kommen, die sich im beengten Raum ansammeln,<br />

sei es durch Ablagerungen oder chemische<br />

Prozesse sowie andere gefährliche Stoffe,<br />

die miteinander reagieren. Insgesamt herrscht<br />

eine unzureichende Lüftung in diesen Räumen.<br />

Bei den meisten Biogasanlagen befinden sich Schieber und Rohrleitungen in Schächten.<br />

Wenn daran Arbeiten erforderlich sind, müssen besondere Vorsichtsregeln beachtet<br />

werden. In der Vergangenheit ist es hier zu schweren Unfällen gekommen.<br />

Von Thomas Gaul<br />

Arbeiten in umschlossenen Räumen wie<br />

Schächten, Silos oder Behältern gehören<br />

zu den gefährlichsten Tätigkeiten<br />

auf Biogasanlagen, bei denen Beschäftige<br />

verschiedensten Gefährdungen ausgesetzt<br />

sein können. Folgerichtig sind Anlagenbetreiber<br />

verpflichtet, mittels Gefährdungsbeurteilung<br />

zu prüfen, ob es nicht auch andere Arbeitsverfahren<br />

gäbe – zum Beispiel, ob nicht auch von außen an<br />

ihnen gearbeitet werden könnte.<br />

Das ist bei vielen Anlagen nicht so einfach möglich,<br />

wenn beim Bau die Technik eingebaut wurde.<br />

Dennoch darf der Schachteinstieg nie ein Gang ins<br />

Ungewisse sein. Denn eine gefährliche Atmosphäre<br />

in Schächten kann zu Explosionen, Vergiftung oder<br />

Erstickung führen. Doch sind Leitungen verstopft<br />

oder müssen Absperrschieber an Rohren gewartet<br />

werden, lässt sich das Arbeiten in umschlossenen<br />

Räumen meist nicht vermeiden.<br />

Gas sammelt sich an der tiefsten Stelle<br />

Arbeiten, die in engen Räumen ausgeführt werden<br />

müssen, unterliegen besonderen Sicherheitsvorschriften<br />

und erfordern durchdachte Schutzmaßnahmen.<br />

Die Arbeiter, die in engen Räumen eingesetzt<br />

werden, sind mit spezifischen Bedingungen<br />

und Gefährdungen konfrontiert, die die auszuführenden<br />

Arbeiten schwieriger gestalten und die Gefahr<br />

erhöhen, sich bei der Arbeit in dieser ungünstigen<br />

Atmosphäre zu verletzen.<br />

Diese erschwerten Bedingungen resultieren einerseits<br />

aus der räumlichen Enge, also einer eingeschränkten<br />

Bewegungsfreiheit am Arbeitsort. Hinzu kommen besondere<br />

Bedingungen im Hinblick auf die Versorgung<br />

mit Sauerstoff sowie mangelndes Tageslicht, beides<br />

Faktoren, die besondere Berücksichtigung verdienen.<br />

Außerdem können sich in engen Räumen Gefahrstoffe<br />

ansammeln, was die Arbeitsbedingungen noch<br />

einmal erschwert und eine permanente Gefährdung<br />

durch eine schadstoffbelastete Atmosphäre darstellt.<br />

FOTOS: JOSEF ZIEGLER<br />

40


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

PRAXIS<br />

Rohrleitungen münden häufig<br />

in engen Schächten.<br />

In Schächten, Gruben und Kanälen kommt es, wie<br />

die Erfahrung zeigt, immer wieder zu schweren Unfällen,<br />

weil die gefährliche Atmosphäre nicht erkannt<br />

und die Gefahr unterschätzt wird. Die Auswertung der<br />

Unfälle zeigt, dass die Ursache in der Regel in der<br />

gefährlichen Atmosphäre liegt. Die Dichte von Biogas<br />

kann in Abhängigkeit von der Zusammensetzung,<br />

Feuchte und Temperatur schwanken.<br />

Biogas: mal leichter, mal schwerer als Luft<br />

Biogas kann leichter oder schwerer als Luft sein.<br />

Diese Eigenschaft ist beim Festlegen von Schutzmaßnahmen<br />

(zum Beispiel Anordnung von ortsfesten<br />

Gaswarnanlagen) zu berücksichtigen. Im Gegensatz<br />

zur Mehrzahl anderer beruflicher Gefährdungen<br />

ist die Bedrohung nicht auf eine eng begrenzte<br />

Stelle beschränkt, vielmehr kann der gesamte Raum<br />

von Schächten, Gruben und Kanälen gefährlich<br />

sein. Deshalb sind nicht nur Verunglückte, sondern<br />

in gleichem Maße auch die Retter bedroht. Charakteristisch<br />

für das Unfallgeschehen beim Einsteigen<br />

und Arbeiten in Schächten, Gruben und Kanälen ist,<br />

dass die Unfallauswirkungen meist sehr schwerwiegend<br />

sind – bis hin zum Todesfall.<br />

Die Ausführungen der TRGS 529 sind eindeutig:<br />

Kondensatabscheider müssen leicht und gefahrlos,<br />

ohne in Schächte und Gruben einsteigen zu müssen,<br />

zu kontrollieren und zu warten sein. Durch die Bauart<br />

und Wartung muss sichergestellt sein, dass bei allen<br />

Betriebszuständen ein Gasaustritt verhindert wird.<br />

Wartungs- und Bedienstände sowie Bedienteile<br />

von Armaturen, Rühr-, Pump- und Spüleinrichtungen<br />

sind grundsätzlich über Flur anzuordnen.<br />

Ist dies nicht möglich, muss eine ausreichende<br />

technische Belüftung mit mindestens fünffachem<br />

Luftwechsel vorhanden sein. Die DGUV-Regel<br />

113-004 „Arbeiten in Behältern, Silos und engen<br />

Räumen“ fordert für Personen, die mit dem Freimessen<br />

in engen Räumen, wie zum Beispiel Silos,<br />

Tanks, Schächten und Gruben, beauftragt werden,<br />

eine Fachkunde. Auch die Neufassung der TRGS<br />

529 widmet sich ausführlicher dem Thema richtiges<br />

Freimessen und definiert Anforderungen<br />

an die zum Einsatz kommenden Gasmessgeräte<br />

und fordert dezidierte Fachkenntnisse gemäß der<br />

DGUV 313-002.<br />

Wie können Unfälle in engen Räumen und Behältern<br />

vermieden werden? Je besser der Einstieg in<br />

Schächte und enge Räume (Confined Space Entry)<br />

vorbereitet ist, umso geringer das Risiko. Hier ist<br />

eine Liste wichtiger Fragen, die der Betreiber beantworten<br />

sollte, bevor eine Person in einen engen<br />

Raum einsteigen soll:<br />

f Stehen ausreichend qualifizierte Mitarbeiter und<br />

geeignete Geräte zur Verfügung?<br />

f Kennen alle Beteiligten ihre<br />

Verantwortlichkeiten?<br />

f Liegen die erforderlichen<br />

Betriebsanweisungen vor?<br />

f Wurden die Beschäftigten für ihre jeweiligen<br />

Tätigkeiten geschult?<br />

f Sind sie mit der Verwendung der persönlichen<br />

Schutzausrüstung vertraut?<br />

f Haben Sie für diese spezielle Aufgabe einen<br />

Alarm- und Rettungsplan?<br />

f Sind die empfohlenen Maßnahmen<br />

gründlich durchdacht?<br />

Manche Betreiber sind sich nicht einmal des Vorhandenseins<br />

enger oder umschlossener Räume<br />

bewusst. Dies bedeutet, dass es keine Risikobewertung<br />

gibt, weil eine Gefahr gar nicht erkannt wurde.<br />

Information und Beratung sind der erste Schritt. Danach<br />

erst kommt die Schulung für das Arbeiten in<br />

engen Räumen (CSE-Training).<br />

Ein geeignetes Training ist eine wichtige Voraussetzung,<br />

um Unfälle zu vermeiden und die Sicherheit<br />

der Arbeitenden zu gewährleisten. Dabei werden<br />

reale Arbeitsszenarien in Behältern und engen Räumen<br />

simuliert. So beginnt man beispielsweise mit<br />

der Demonstration einer korrekten Freimessung und<br />

der Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung,<br />

gefolgt von Ein- und Ausstiegsübungen.<br />

Ohne „Freimessen“ geht es nicht<br />

Freimessen von engen Räumen – eine Arbeit für<br />

Experten: Vor dem Einstieg in solche potenziell<br />

gefährlichen Arbeitsumgebungen müssen<br />

Standardsicherheitsmaßnahmen für enge Räume,<br />

zum Beispiel Freimessungen, ergriffen werden. Die<br />

Atmosphäre muss mit speziellen Gaswarngeräte für<br />

enge Räume gemessen und auf Gefahrstoffe überwacht<br />

werden. Um die Sicherheit der Beschäftigten zu<br />

gewährleisten, sind umfassendes Wissen und<br />

praktische Kenntnisse erforderlich. (siehe auch den<br />

Fachartikel zur neuen TRGS 529 auf Seite 38).<br />

41


PRAXIS<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

Eine besondere Gefahr auf vielen Anlagen besteht darin, dass<br />

Schächte nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennen sind.<br />

Links: Hinabführende Leitern müssen gesichert sein.<br />

Rechts: Undichtigkeiten an Rohren können auch durch<br />

unterschiedliche Materialien entstehen.<br />

Das Freimessen muss zeitnah zum<br />

Einsatz erfolgen – und das bedeutet:<br />

unmittelbar davor. Geht man<br />

nach dem Freimessen erst einmal<br />

in die Mittagspause und gibt den<br />

Raum oder Behälter danach ohne<br />

erneute Prüfung zum Befahren frei, könnte man<br />

eine böse Überraschung erleben: Umgebungseinflüsse<br />

wie Temperatur und Ventilation können die<br />

Atmosphäre verändern – binnen kürzester Zeit.<br />

Will man in einem Behälter Methan detektieren und<br />

entnimmt die Probe auf dem Boden des Behälters,<br />

muss damit gerechnet werden, dass sich trotzdem<br />

eine explosionsgefährliche Atmosphäre bildet. Die<br />

Gaskonzentration auf dem Boden eines Schachtes<br />

oder einer Grube sagt also nur wenig darüber aus, wie<br />

explosionsgefährdet die Atmosphäre ist.<br />

Haufige Ursachen für Unfalle in<br />

engen Raumen und Behaltern<br />

f<br />

f<br />

f<br />

f<br />

f<br />

:<br />

:<br />

:<br />

:<br />

Fehlende oder unzureichende Identifizierung und<br />

Analyse der Risiken.<br />

Mangelndes Gefährdungsbewusstsein.<br />

Keine oder unpassende Auswahl der Gasmessgeräte.<br />

Verwendung ungeeigneter Schutzausrüstung.<br />

Mangelnde Schulung der für den Einstieg in enge<br />

Räume zuständigen Kräfte.<br />

An falscher Stelle messen kann tödlich sein<br />

Wird hingegen in einem Behälter Schwefelwasserstoff<br />

(H 2<br />

S) vermutet, hilft eine Probe aus dem<br />

oberen Bereich des Behälters nicht weiter: H 2<br />

S ist<br />

mit einer molaren Masse von 34 Gramm (g) pro mol<br />

deutlich schwerer als Luft (29 g/mol) und sinkt deshalb<br />

zu Boden. Beide Beispiele zeigen: An der falschen<br />

Stelle zu messen, kann im schlimmsten Fall<br />

tödliche Folgen haben. Schwefelwasserstoff ist ein<br />

außerordentlich giftiges Gas und führt beim Einatmen<br />

hoher Konzentrationen schlagartig zu Bewusstlosigkeit<br />

und zum Tod durch Atemlähmung.<br />

Geringere Konzentrationen können Schädigungen<br />

im Bereich der Atmungsorgane, des Herz-Kreislauf-<br />

Systems, des Verdauungstraktes und des Zentralnervensystems<br />

hervorrufen. Obschon sich Schwefelwasserstoff<br />

durch seinen stechenden Geruch nach faulen<br />

Eiern verrät, gewöhnt sich der Geruchsinn schnell daran<br />

und büßt somit seine Warnfunktion ein.<br />

Grundsätzlich gilt die Faustregel: Leichtgase vermischen<br />

sich schnell mit Luft, das Wolkenvolumen<br />

nimmt rasch zu und die Wolke steigt auf. Messungen<br />

in freier Atmosphäre sollten also nahe beim Leck erfolgen.<br />

In Behältern kommt es zu Konzentrationserhöhungen<br />

in den hochgelegenen Punkten. Schwere<br />

Gase fließen am Boden wie eine Flüssigkeit, umströmen<br />

Hindernisse oder bleiben daran hängen, haben<br />

eine geringe Vermischung mit der Umgebungsluft<br />

und eine hohe Reichweite.<br />

Die Messung erfolgt am besten am Boden im Fließbereich.<br />

Doch die molare Masse und die physikalischen<br />

Eigenschaften der zu erwartenden Gefahrstoffe<br />

sind nur zwei Aspekte, die bei der Definition<br />

geeigneter Messpunkte eine Rolle spielen. Berücksichtigt<br />

werden müssen auch die Art und Form des<br />

engen Raums: Schwergase sammeln sich dort, wo<br />

der Boden niedriger liegt, Leichtgase im höchstgelegenen<br />

Bereich. Auch Ausbeulungen, Einbauten usw.<br />

müssen berücksichtigt werden.<br />

Auch die Ventilation spielt eine Rolle: Luftströme<br />

verändern die Positionierung und Konzentration von<br />

Gaswolken. Wichtig auch: Nicht immer kann der<br />

Bereich, in dem gearbeitet wird, komplett von den<br />

Rohrleitungen abgetrennt werden. In diesem Fall ist<br />

zu klären, ob Gas nachströmen kann.<br />

42


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

PRAXIS<br />

Auf neueren Anlagen bieten<br />

Schächte mehr Platz.<br />

Gefahren hinter dem Mannloch<br />

Ex-Ox-Tox: So lauten in Kurzform die drei Gefahren,<br />

die in der Atmosphäre hinter dem Mannloch lauern<br />

können. Bei Arbeiten in Schächten, beengten Räumen<br />

oder Behältern muss vor dem Befahren eine<br />

Freimessung erfolgen, um sicherzustellen, dass<br />

ausreichend Sauerstoff vorhanden ist und sich in<br />

der Luft keine giftigen oder explosionsgefährlichen<br />

Schadstoffkonzentrationen befinden.<br />

Von der personenbezogenen Überwachung am Arbeitsplatz<br />

bis zu Lecksuche oder Freimessungen:<br />

Mobile Gaswarngeräte können für ganz unterschiedliche<br />

Messaufgaben eingesetzt werden. Bei der Anschaffung<br />

stellt sich daher die Frage, welcher Gerätetyp<br />

den Anforderungen optimal entspricht.<br />

Geräte für den persönlichen Schutz sind in der Regel<br />

klein, kompakt und werden direkt an der Kleidung<br />

getragen. Sie arbeiten meist im passiven Diffusionsmodus.<br />

Dabei dringen Gase aus der Umgebungsluft<br />

durch Membranen zu den Sensoren des Gaswarngeräts.<br />

Der Einsatz einer externen Pumpe ist hier<br />

nicht sinnvoll, da den Sensoren kaum zusätzliche<br />

Luft zugeführt würde. Die Durchflussraten verfügbarer<br />

Pumpen sind zu klein, um eine signifikante<br />

Vergrößerung des Messbereichs zu erzielen.<br />

Freimessen von Schächten:<br />

Probenahme meist mit Pumpe<br />

Bei Freimessungen vor Arbeiten in Behältern und<br />

engen Räumen dagegen soll oft eine Atmosphäre<br />

untersucht werden, die schwer zugänglich ist – auf<br />

dem Boden eines Tanks, im Inneren eines Containers<br />

oder tief unten in einem Schacht beispielsweise.<br />

Zum Freimessen wird eine Probe genommen<br />

und mittels Sonde und Schlauch Luft aus dem zu<br />

überprüfenden Raum zum Sensor im Gaswarngerät<br />

geleitet. Auch bei der Suche nach Lecks kommen<br />

häufig Sonde und Pumpe zum Einsatz.<br />

Hier drohen weitere Gefahren<br />

In Schächten, Gruben und Kanälen sowie in deren Umgebung<br />

bestehen weitere Gefährdungen, zum Beispiel durch:<br />

f bauliche Mängel (fehlende, falsch eingesetzte,<br />

durchkorrodierte oder nicht festsitzende Einstiege),<br />

f Versagen oder Fehlbedienung des Hebezeugs,<br />

f ungesicherte Schachtöffnungen,<br />

f herabfallende Gegenstände,<br />

f glitschige Standflächen,<br />

f starke Strömung, insbesondere bei raschem<br />

Anstieg des Niveaus bei Platzregen,<br />

f elektrischen Stromschlag,<br />

f Fahrzeugverkehr.<br />

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INTERNATIONAL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

Bioenergie aus der<br />

Region: Diese Biogasanlage<br />

versorgt das<br />

Hotel Van der Falk im<br />

belgischen Arlon.<br />

BELGIEN<br />

Viele Köche,<br />

wenig Biogas<br />

Brüssel<br />

Belgien hat das Potenzial, die Produktion von Biogas und Biomethan in den kommenden<br />

Jahren zu verdoppeln. Doch komplizierte Regeln und das politische Patt zwischen Flandern<br />

und der Wallonie bremsen bisher. Dabei zeigen beispielhafte Vorhaben, wie eine selbstversorgte<br />

Zukunft mit belgischer Bioenergie aussehen kann.<br />

Von Dipl.-Pol. Oliver Ristau<br />

Bisher hat sich Belgien als Surfspot für<br />

Wellenreiter keinen Namen machen können.<br />

Für den Sport sind die Bedingungen<br />

an der belgischen Nordseeküste einfach<br />

nicht geeignet. Künftig könnte das allerdings<br />

anders werden, wenngleich die Bretter nicht<br />

am Strand zu Wasser gelassen werden, sondern in<br />

einem Schwimmbad in Arlon.<br />

Die niederländische Van der Falk-Gruppe plant eine<br />

künstliche stehende Surfwelle für den neuen Spaund<br />

Fitnessbereich ihres Hotels in der Hauptstadt<br />

der belgischen Provinz Luxemburg. Sie soll sich bis<br />

zu einem Meter fünfzig hoch aufbauen können und<br />

geeignet sein für das Training von Olympia-Teams.<br />

Das Projekt ist Teil eines Erweiterungsbaus des<br />

Design-Hotels.<br />

Von den oberen Stockwerken des architektonisch<br />

auffälligen Komplexes ist die Energiezentrale des<br />

Hotels gut zu sehen. Jenseits einer stark befahrenen<br />

Autostraße zeigen sich die halbrunden Dächer<br />

der Fermenter der Biogasanlage. Konzipiert vom<br />

deutschen Unternehmen Ökobit will Hotelbetreiber<br />

Steven Zeeuw van der Laan nicht nur das gesamte<br />

Hotel, sondern künftig auch die stehende Welle mit<br />

dem Biogasstrom und der grünen Wärme versorgen.<br />

Ein 500 Kilowatt (kW) starkes Blockheizkraftwerk<br />

vom Münsterländer Hersteller 2G steht dafür bereit.<br />

Es produziert kontinuierlich Strom und Wärme<br />

und schickt die Medien über zwei unterirdische<br />

Kabel in Richtung Hotel. Die Gesamtanlage<br />

ist so ausgelegt, Hotel und Gäste autark zu versorgen.<br />

Als Back-up für Spitzenzeiten und Wartungen<br />

stehen zur Wärmeproduktion drei Gasboiler bereit.<br />

„Außerdem haben wir die Möglichkeit, auf Strom<br />

aus dem Netz zuzugreifen“, erklärt eine Hotelsprecherin<br />

auf Anfrage.<br />

FOTOS: OLIVER RISTAU<br />

74


BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

INTERNATIONAL<br />

Die niederländische Van der Falk-Gruppe will ihr Hotel im<br />

belgischen Arlon künftig autark mit Biogas versorgen.<br />

Wirtschaftsdünger für die perfekte Welle<br />

Diese Konstellation ist (nicht nur) in Belgien bisher<br />

einmalig. Motivation für Van der Falk ist, Stoffkreisläufe<br />

zu schließen und Treibhausgasemissionen zu<br />

senken. Damit ist auch die Tucanfigur, die die Fassade<br />

ziert und Nachhaltigkeit symbolisieren soll,<br />

mehr als nur ein Marketinginstrument.<br />

Dazu passt, dass die Rohstoffe aus der Region stammen.<br />

„Wir arbeiten mit insgesamt 30 Lieferanten<br />

zusammen“, so die Sprecherin. Ein Lieferant ist die<br />

Familie Pastoret aus dem benachbarten Sterpenich.<br />

Neben den Reststoffen liefert sie auch Rindfleisch<br />

für das Restaurant. Insgesamt plant der Betrieb mit<br />

folgenden Einsatzstoffen: 10.300 Tonnen Gülle,<br />

6.000 Tonnen Mist, 1.500 Tonnen Maissilage und<br />

1.500 Tonnen Agrarreste. Das heißt, nur rund 15<br />

Prozent sind Nicht-Wirtschaftsdünger.<br />

Das hat seinen Grund: Denn künftig könnten Biogasanlagenbetreiber<br />

ihren Anspruch auf Förderung<br />

verlieren, wenn sie diese Grenze überschreiten. Das<br />

betrifft bei Van der Falk vor allem die grünen Zertifikate.<br />

Noch spielt die Herkunft des Biogases dabei<br />

keine Rolle. Doch Marktteilnehmer erwarten, dass<br />

sich das ändern wird.<br />

Erweiterung zum Surfparadies: Das Hotel plant in einem Neubau eine stehende Welle zum<br />

Wellenreiten, energetisch versorgt mit Biogasstrom.<br />

Das BHKW von 2G soll das Hotel van der Falk autark mit Strom und Wärme aus regionalem<br />

Biogas versorgen.<br />

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INTERNATIONAL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

Sigrid Farvaque<br />

ist Managerin bei<br />

Bioelectric. Das<br />

Unternehmen aus der<br />

Nähe von Antwerpen<br />

produziert Biogasanlagen<br />

im Container.<br />

In Belgien rühren viele Köche in den Biogas-Töpfen.<br />

In kaum einem EU-Mitgliedsland dürften die<br />

Rahmenbedingungen zur Förderung von Biogas und<br />

Biomethan so heterogen und komplex sein. Das<br />

liegt insbesondere an der föderalen Struktur mit<br />

den zwei starken Regionen Flandern und Wallonie.<br />

Beide nehmen über die landesweiten Wahlen Einfluss<br />

auf die nationale Politik – und sorgen häufig<br />

für eine Patt-Situation.<br />

Mehr als 400 Tage für Regierungsbildung<br />

Nach der landesweiten Abstimmung 2019 zur belgischen<br />

Abgeordnetenkammer hat die Regierungsbildung<br />

wegen der starken Zugewinne der Regionalparteien<br />

mehr als 400 Tage in Anspruch genommen. Ob<br />

das Ergebnis der zurückliegenden Parlamentswahlen<br />

auf nationaler wie regionaler Ebene, die zeitgleich mit<br />

der Europawahl Anfang Juni <strong>2024</strong> stattfanden, die<br />

Regierungsbildung erleichtert, bleibt abzuwarten.<br />

Vor diesem Hintergrund wird auch verständlicher,<br />

warum Belgien nach zähen Verhandlungen erst Ende<br />

2023 seinen Nationalen Energie- und Klimaplan<br />

(NECP) vorgelegt hat, der die Klimaziele bis 2030 definiert.<br />

Er besteht vor allem aus den jeweiligen regionalen<br />

Plänen. Neben Flandern und Wallonien verfolgt<br />

auch die dritte Region Brüssel eine eigene Strategie.<br />

Die jeweiligen Pläne, so schreiben die vier föderalen<br />

Einheiten – Föderalstaat Belgien, Brüssel, Flandern,<br />

Wallonie – als Vorbemerkung in dem 750-Seiten-Papier,<br />

seien nicht miteinander abgestimmt.<br />

Die belgischen Regionen sind hauptverantwortlich<br />

für die Förderung der Erneuerbaren Energien. Während<br />

in Brüssel Biogas kaum eine Rolle spielt, haben<br />

Flandern und die Wallonie dafür jeweils ein komplexes<br />

Instrumentarium geschaffen. In beiden steht die<br />

Ausgabe von grünen Zertifikaten im Mittelpunkt.<br />

Förderung über grüne Zertifikate<br />

Wie diese funktionieren, hat das Biogas Journal bei<br />

der wallonischen Bioenergie-Organisation Valbiom<br />

erfragt. Demnach schüttet die Wallonie abhängig<br />

von bestimmten Rahmenbedingungen grüne Zertifikate<br />

an alle Produzenten Erneuerbarer Energien aus.<br />

Diese repräsentieren einen Gegenwert von 6,5 Cent.<br />

Produzenten von Biogasstrom erhalten – sofern sie<br />

bestimmte Auflagen erfüllen – bis zu 2,5 Zertifikate<br />

pro Kilowattstunde (kWh) Elektrizität. In die Zuteilung<br />

fließt eine detaillierte Renditeberechnung ein.<br />

„Voraussetzung dafür ist auch, die Wärme zu verwenden“,<br />

erklärt Sigrid Farvacque vom belgischen<br />

Biogas-Anbieter Bioelectric. Noch gebe es keine vorgeschriebene<br />

Mindestquote für die Wärmeauskopplung.<br />

Doch ähnlich wie bei der Gülle könnte eine<br />

Verpflichtung zeitnah kommen. Die Förderung gibt<br />

es unabhängig davon, ob die Betreiber den Strom<br />

selbst verbrauchen oder einspeisen. Die Zertifikate<br />

können Betreiber handeln oder einer Behörde der<br />

Region andienen. Im Falle der Einspeisung setzen<br />

Betreiber über Vermarkter den Strom zum Marktpreis<br />

ab, der aktuell bei rund 11 Cent je kWh<br />

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BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

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Vergleich des Wärmeenergieverbrauchs:<br />

Jährlicher Wärmeverb. ohne Wärmetauscher:<br />

Jährlicher Wärmeverb. MIT Wärmetauscher:<br />

Jährliche Einsparung MIT Wärmetauscher<br />

3.914 MWh/y<br />

1.040 MWh/y<br />

2.874 MWh/y<br />

Garantiezeit 5 Jahre<br />

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Stromverbrauch<br />

– hohe Effizienz<br />

– keine Reinigung<br />

– lange Lebensdauer.<br />

Vergleich der CO2-Emission (N-Gas-Basis):<br />

OHNE Wärmetauscher, Emission ung.: 782,9 ton/year<br />

MIT Wärmetauscher, Emission ungefähr: 208,1 ton/year<br />

Jährliche Einsparung MIT Wärmetauscher 574,8 ton/year<br />

Stromverbrauch der Pumpe<br />

Effizienz der Pumpe, kalter Fluss, gesetzt: 38 %<br />

Effizienz der Pumpe, heißer Fluss, gesetzt: 54 %<br />

Stromverbrauch der Pumpe, kalte Seite:<br />

0,33 kw(h)<br />

Stromverbrauch der Pumpe, heiße Seite: 0,23 kw(h)<br />

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INTERNATIONAL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

Francois Corbiau ist Projektleiter für die Biomethanproduktion bei Cinergie<br />

in der Nähe von Namur.<br />

Bassins: Cinergie produziert aus einer Reihe von<br />

Einsatzstoffen sein Biogas.<br />

liegt. „In der Wallonie können für eine Biogasanlage<br />

außerdem Investitionskostenzuschüsse in Anspruch<br />

genommen werden“, so Sigrid Farvaque.<br />

Flandern teilt seit 2013 Biogasanlagen grüne Zertifikate<br />

für den Strom zu. Außerdem gibt es eine<br />

Art Wärmebonus für den Kraft-Wärme-Kopplungs-<br />

Betrieb. Die Papiere repräsentieren eine Megawattstunde<br />

(MWh) elektrische Energie multipliziert mit<br />

einem banding factor, der Kapazität, Kosten und<br />

eingesetzte Rohstoffe berücksichtigt. Die Zertifikate<br />

können Betreiber entweder für mindestens 93 Euro<br />

an den Netzbetreiber verkaufen oder bilateral an einen<br />

Stromhändler. Die Förderung läuft für 17 Jahre.<br />

Vergütet wird aber maximal so viel Strom, wie die<br />

Anlage unter Volllast 15 Jahre produzieren kann.<br />

Der Wärmebonus bemisst sich am vermiedenen Primärenergieeinsatz<br />

je Megawattstunde, multipliziert<br />

mit dem banding factor. Pro Wärmezertifikat erhalten<br />

die Betreiber mindestens 31 Euro. Laut dem flämischen<br />

Biogasverband Biogas-E hat die flämische<br />

Regierung aber angekündigt, bis 2025 das System<br />

enden zu lassen. Im NECP hat sie zudem angekündigt,<br />

künftig Ausschreibungen für grüne Wärme vornehmen<br />

zu wollen.<br />

100 Prozent Gülle<br />

Die Regionen wollen mit ihren Förderungen vor allem<br />

das Potenzial von Wirtschaftsdüngern heben.<br />

Dadurch ließe sich die Biogaserzeugung in Belgien<br />

auf 600 Millionen Kubikmeter bis 2030 verdoppeln,<br />

rechnet eine Branchenstudie von Guidehouse vor.<br />

Anbieter Bioelectric ist auf diesen Markt mit Mikro-<br />

Anlagen zwischen 11 und 74 kW elektrischer Leistung<br />

spezialisiert. Das Unternehmen aus der Nähe<br />

von Antwerpen hat in Belgien bisher rund 100 solcher<br />

Anlagen realisiert, vor allem bei Betrieben der<br />

Milchwirtschaft, die 60 bis 300 Tiere halten. Das ist<br />

rund die Hälfte des im gesamten Land installierten<br />

Biogas-Anlagenbestandes.<br />

„Das Prinzip ist, dass die Landwirte in unseren Anlagen<br />

100 Prozent Gülle und Mist einsetzen können“,<br />

sagt Sigrid Farvaque. Und zwar vor allem, um den<br />

Eigenverbrauch zu sichern. Der Rest werde eingespeist<br />

und von den Netzbetreibern vergütet. Für<br />

einen typischen Betrieb mit 120 Kühen und einer<br />

22-kW-Anlage liege der Eigenverbrauchsanteil bei<br />

45 Prozent. Pro Tonne Wirtschaftsdünger produziere<br />

die Anlage 33 Kubikmeter Biogas. Je nach Anlagengröße<br />

liegen die Amortisationszeiträume zwischen<br />

drei und sieben Jahren.<br />

Bioelectric liefert die Anlagen für die Landwirte in<br />

Standardcontainern, die sie zuvor im leeren Zustand<br />

aus dem Hafen Antwerpen bezogen hat. Das zum Finanzinvestor<br />

Ackermans & van Haaren zählende Unternehmen<br />

rüstet diese dann Schritt für Schritt für jeden<br />

Kunden mit Anlagenequipment auf. Die Energiezentrale<br />

beinhaltet auf Gas umgerüstete Benzinmotoren<br />

eines japanischen Herstellers. Der Grund für die Umrüstung<br />

durch Bioelectric: „Die am Markt erhältlichen<br />

Gasmotoren sind nicht gut genug“, findet Farvaque.<br />

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BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

INTERNATIONAL<br />

Cinergie wird künftig ein Neubaugebiet im belgischen Fleurus mit Biogas-<br />

Wärme versorgen.<br />

Hühnerkot zu Biomethan<br />

Während die Kunden von Bioelectric vor allem an<br />

Strom und Wärme für die Eigennutzung interessiert<br />

sind, gibt es in Belgien unter den rund 200 Biogasanlagen<br />

auch eine Handvoll größere, die Biomethan produzieren.<br />

In der Wallonie sind es drei, die in das Verteilnetz<br />

des Betreibers Ores einspeisen. Eine davon<br />

steht im landwirtschaftlich geprägten Fleurus in der<br />

Nähe der wallonischen Hauptstadt Namur. Am Rande<br />

von Feldern produziert das Unternehmen Cinergie<br />

rund 600 Kubikmeter Biomethan pro Stunde, verantwortet<br />

von Projektmanager Francois Corbiau.<br />

Cinergie gehört mehrheitlich der lokalen Hühnerzucht-<br />

Familie Pierart. Aber auch eine Schule in Fleurus<br />

zählt zu den Aktionären. „Wir versorgen 3.500 Schüler<br />

mit unserer Wärme“, sagt Corbiau. Die Idee hinter<br />

dem Projekt: die Reststoffe des Geflügelbetriebs<br />

in Wert setzen. „Bis zu 15 Prozent der Einsatzstoffe<br />

bestehen aus Hühnerkot“, so Ingenieur Corbiau. Weitere<br />

15 Prozent sind Maissilage, der Rest pflanzliche<br />

Abfälle aus der Lebensmittelindustrie, für die keine<br />

Hygienisierung notwendig ist. Jährlich verarbeitet der<br />

Betrieb 120.000 Tonnen Produkte.<br />

Einen Teil des Biogases wandelt ein 2,2 Megawatt<br />

leistendes Blockheizkraftwerk in Strom und Wärme<br />

um. Die Hälfte des Stroms (10.000 MWh jährlich)<br />

wird gegen Zahlung von Zertifikaten eingespeist, die<br />

andere Hälfte selbst verbraucht. Die Wärme geht an<br />

die Schule und an ein Neubaugebiet, jeweils 4 Kilometer<br />

entfernt.<br />

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INTERNATIONAL<br />

BIOGAS JOURNAL | 4_<strong>2024</strong><br />

Mittels Membrantechnologie produziert das Unternehmen<br />

aus dem übrigen Biogas jährlich 5<br />

Millionen Kubikmeter und speist sie in das Netz.<br />

Dafür erhält es 100 Euro pro MWh, was sich im<br />

Jahr auf einen Umsatz von rund 5,5 Millionen Euro<br />

summiert. Die Förderung funktioniert so, dass die<br />

Regierung in Namur einen Zuschlag zahlt, dessen<br />

Höhe abhängig vom Marktpreis ist. Unter dem<br />

Strich sind das stets 100 Euro.<br />

Wallonie sieht großes Potenzial<br />

Die Regierung der Wallonie sieht großes Potenzial für<br />

das Biomethan in der französischsprachigen Region:<br />

8 Terawattstunden (TWh) seien möglich. Das wären<br />

20 Prozent des Gasbedarfs der Region. Um einen<br />

Anteil von 10 Prozent Biomethan (4 TWh) bis 2030<br />

zu erreichen, rechnet Gasnetzbetreiber Ores mit einem<br />

Investment von bis zu 250 Millionen Euro. Zwar<br />

plant auch Cinergie, die Gasproduktion zu erhöhen,<br />

doch der Preis von 100 Euro sei aktuell zu niedrig,<br />

damit jemand neu in die Biomethanaufbereitung investiere,<br />

sagt Corbiau.<br />

Das sieht Jerome Breton ganz ähnlich. Er ist Geschäftsführer<br />

von Bois d’Arnelle, der zweiten von<br />

drei Biomethananlagen in der Wallonie. Sie arbeitet<br />

nur wenige Kilometer vom Cinergie-Projekt entfernt<br />

in Les Bons Villiers. Breton hatte 2020 angefangen,<br />

Biomethan aus Agrarabfällen zu erzeugen und in das<br />

Netz von Ores einzuspeisen. Heute klingt er fast resigniert:<br />

„Der Biomethanmarkt in Belgien ist sehr<br />

komplex, die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen<br />

sehr vielschichtig und im Bereich der Regulierung<br />

gibt es wenig Handlungsspielräume. Das<br />

macht die Entwicklung von Biomethan-Projekten<br />

fast unmöglich.“<br />

Namur liegt an der Maas und ist die Hauptstadt der Wallonie.<br />

Die Region sieht ein großes Potenzial für Biomethan.<br />

Herkunftsnachweise in Flandern<br />

Auch in Flandern läuft es nicht gerade zügig und simpel.<br />

Dort funktioniert die Förderung von Biomethan<br />

über Herkunftsnachweise (Garanties of Origin). Diese<br />

Papiere bietet Gasnetzbetreiber Fluxys bei der<br />

Einspeisung an und zahlt für die grüne Eigenschaft<br />

20 Euro pro MWh. Die Zertifikate berechtigen allerdings<br />

nicht zur Teilnahme am EU-Emissionshandel.<br />

Haushalte, Unternehmen und Organisationen können<br />

sie in Flandern als Ausdruck freiwilliger Klimaschutzaktivitäten<br />

erwerben. Daneben zahlt die Regionalregierung<br />

einen von verschiedenen Parametern<br />

abhängigen Investitionskostenzuschuss.<br />

Netzbetreiber Fluxys erwägt derweil, selbst in den<br />

Biomethanbereich einzusteigen. „Wir prüfen derzeit<br />

den Bau einer Biomethananlage im Hafen Zeebrugge“,<br />

teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Bisher bietet<br />

das Unternehmen aus Brüssel Importeuren an,<br />

Bio-LNG im Hafen anzulanden und über entsprechende<br />

Infrastrukturen zu verteilen.<br />

Ob Biomethan in Belgien einen Schub erhält, dürfte<br />

nicht zuletzt von den Wahlen Anfang Juni abhängen.<br />

„Es wird einige Monate dauern, bis sich eine Regierung<br />

etabliert und ihre Prioritäten und Ziele, insbesondere<br />

im Bereich Biomethan, festgelegt hat“,<br />

sagt Produzent Jerome Breton. „Anschließend wird<br />

es Aufgabe aller beteiligter Parteien sein, eine für<br />

Biomethan günstige Regelung zu beschließen, damit<br />

die Entwicklung von neuen Projekten möglich wird.“<br />

Vor 2025 oder 2026 werde man in dieser Frage<br />

kaum klarer sehen, fürchtet er.<br />

Autor<br />

Dipl.-Pol. Oliver Ristau<br />

Redaktion und Kommunikation<br />

Sternstr. 106 · 20357 Hamburg<br />

040/38 61 58 22<br />

ristau@publiconsult.de<br />

www.oliver-ristau.de<br />

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Biogastechnik, BIOGAS JOURNAL wie sie | 4_<strong>2024</strong> gebraucht wird: flexibel.<br />

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