BRPHIL Orchestermagazin #12
BRPHIL Orchestermagazin #12 - August - November 2024
BRPHIL Orchestermagazin #12 - August - November 2024
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Das Müpa: Eine einfache, klare Linienführung und<br />
eine mächtige, zusammenhängende Glasfront. Sie<br />
verbindet die drei Hauptflügel des Bauwerks: das<br />
Festival Theater im östlichen Teil, Ausstellungsräume<br />
und Veranstaltungssaal im westlichen, der<br />
„Nationale Béla Bartók Konzertsaal“ im Zentrum.<br />
Die Gebäudehülle ist absolut schlicht, errichtet aus<br />
Wellblech - einem für Ungarn traditionellem Baumaterial.<br />
Es verleiht dem Bauwerk eine industrielle<br />
Ästhetik. So fügt es sich perfekt in die Umgebung<br />
des Stadtteils ein, der vor dem Bau des „Palasts<br />
der Künste“ ziemlich heruntergekommen war: der<br />
einst lebhafte Südbahnhof aufgelassen, die Straßen<br />
verwaist, verfallene Lagerhallen und Fabriken. Die<br />
Entscheidung genau an diesem trostlosen Ort ein<br />
neues Kulturzentrum für Budapest zu schaffen, war<br />
bewusst. Sie war Teil eines umfassenden städtebaulichen<br />
Entwicklungsplans.<br />
oder verstärkter Musik nicht vertragen, werden in<br />
den oberen Reihen dreilagige schwarze Samtvorhänge<br />
eingesetzt. Sie verkürzen den Nachhall. Über dem<br />
Orchester sind außerdem auf drei Ebenen reflektierende<br />
Flächen angebracht. Sie sorgen dafür, dass die<br />
Musiker und Musikerinnen einander besser hören<br />
und der Klang eines Instrumentalisten das übrige<br />
Orchester schnell erreicht. Denn aufgrund der breiten<br />
Bühnenöffnung kann die Entfernung zwischen<br />
dem Kontrabass ganz links und der ersten Violine<br />
ganz rechts bis zu 24 Metern betragen. Die Bühnendecke<br />
ist mit 24 Metern ebenfalls sehr hoch.<br />
Das Müpa Budapest wurde 2005 eröffnet. Aufgrund<br />
seiner ausgezeichneten Akustik hat es sich in kurzer<br />
Zeit zu einem führenden Aufführungsort in Europa<br />
etabliert.<br />
Bild: MÜPA Budapest, Hungary © Studio CAPN<br />
Exakter Nachhall<br />
Das Müpa trägt die Handschrift des ungarischen<br />
Architekten Gábor Zoboki. Seine Idee: Architektur,<br />
Innenausstattung und Akustik des 19. Jahrhunderts<br />
ins 21. Jahrhundert zu transformieren. Mit dem<br />
„Palast der Künste“ wollte er nicht einfach nur ein<br />
schönes Gebäude entwerfen. Er wollte einen symphonietauglichen<br />
Saal erschaffen. Einen, der in der Lage<br />
ist, viele verschiedene Musikrichtungen zu bedienen,<br />
ein Klavierrezital von Grigory Sokolov genauso wie<br />
Die Walküre von Wagner. Zoboki befragte viele Musiker,<br />
was für sie einen Saal von Weltklasse ausmacht.<br />
Er besuchte verschiedene Spielorte und tüftelte drei<br />
Jahre mit dem berühmten Akustikexperten Russell<br />
Johnson. Schließlich entwarf er einen Konzertsaal,<br />
den Béla Bartóksaal, im Schuhschachtelprinzip, also<br />
einen rechteckigen Saal, der sich zwischen Bühne<br />
und Loge erstreckt. Auffallend ist dessen schiere<br />
Größe im Vergleich zu seiner Kapazität. Bei 25.000<br />
Quadratmeter für 1.656 Sitzplätze ergibt das 15 Quadratmeter<br />
pro Zuhörer. In der Berliner Philharmonie<br />
sind es nur halb so viel.<br />
Mit drei zentralen Elementen hat Gábor Zoboki<br />
erreicht, dass sich der Konzertsaal im Müpa akustisch<br />
an jede Situation anpassen lässt: Echokammern, Vorhängen<br />
und Bühnendecke. Mit den Kammern an den<br />
Wänden kann die Nachhalldauer des Saals – das ist<br />
die Zeit, die vergeht, bis der Ton verklungen ist – bei<br />
verschiedenen Frequenzen gesteuert werden. Größere<br />
Öffnungen bedeuten eine längere Nachhallzeit bei<br />
höherer Frequenz, kleine Öffnungen bringen Glanz in<br />
tieferen Frequenzen. Bei Veranstaltungen, die einen<br />
langen Nachhall aufgrund eines hohen Sprechanteils<br />
Luca Luderschmid, Solotrompeterin bei<br />
den Bad Reichenhaller Philharmonikern<br />
2005 besuchte ich gerade das Szent<br />
István Király Musikinternat in Budapest.<br />
Die Schule hat drei Orchester und wir<br />
haben nach der Eröffnung regelmäßig im<br />
Müpa gespielt. Ich war 16 Jahre alt und<br />
jedes Mal unglaublich nervös vor den<br />
Auftritten - vor allem wenn meine Großeltern<br />
links oben auf dem Balkon saßen.<br />
Wenn sie da waren, bedeutete das, dass<br />
nach dem Konzert ein richtiges Wochenende<br />
war und man ausnahmsweise nach<br />
Hause fahren durfte. Der „Nationale Béla<br />
Bartók Konzertsaal“ ist beeindruckend<br />
und einladend zugleich und seine Akustik<br />
wirklich einmalig. Als ich das erste Mal<br />
in dem Gebäude war, war ich sicher, nie<br />
wieder von der Bühne zurückzufinden, so<br />
verschachtelt sind die Wege. Ich würde<br />
gerne mal wieder dort spielen.<br />
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Tipp von Luca Luderschmid:<br />
Emil.Rulez! - Hello Turist<br />
ORCHESTERMAGAZIN 12_2024