BRPHIL Orchestermagazin #12
BRPHIL Orchestermagazin #12 - August - November 2024
BRPHIL Orchestermagazin #12 - August - November 2024
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.DER ZAUBERMOMENTENSAMMLER<br />
Ein idealer Sommertag könnte für Jani Leban so<br />
aussehen: Nach einer klaren Nacht geht über Salzburgs<br />
Gaisberg langsam die Sonne auf. Morgens<br />
um fünf ist die Luft noch angenehm kühl. Jani sitzt<br />
schon auf dem Fahrrad, den Bergrucksack auf dem<br />
Rücken. Er fährt von Bad Reichenhall stadtauswärts<br />
Richtung Urwies, auf die Nordseite des Hochstaufens.<br />
Neben ihm radelt sein Bergspetzl und Orchesterkollege<br />
Bruno Fleschhut. Beim Wanderparkplatz<br />
biegen sie auf die Forststraße Richtung Steiner Alm<br />
ab. Auf einer Lichtung sperren sie ihre Mountainbikes<br />
ab und gehen zu Fuß weiter. Sie folgen dem<br />
Schild „Pidinger Klettersteig“. Am Einstieg schlüpfen<br />
Sie in ihren Klettergurt, klicken das Klettersteigset<br />
ein, setzen die Helme auf. Sie grinsen sich an, los<br />
geht’s, anspruchsvolle 750 Höhenmeter über einen<br />
der schwierigsten Klettersteige Deutschlands. Hinauf<br />
zum Hochstaufen. Circa drei Stunden werden sie<br />
brauchen und sich dann am Reichenhaller Haus ein<br />
kühles Getränk gönnen, bevor sie wieder absteigen,<br />
zurückradeln nach Bad Reichenhall, um Punkt 15.30<br />
Uhr wieder auf der Konzertbühne der Rotunde zu<br />
stehen. „Ja, so einen Tag hatten wir letzten Sommer<br />
tatsächlich. Beim Rauffahren zur Steineralm dachte<br />
ich, ich muss absteigen und schieben, sonst schaffe<br />
ich das nicht. Die Tour ist lang und zum Schluss werden<br />
einem die Arme müde. Als wir auf der Terrasse<br />
des Reichenhaller Hauses saßen, ist der Hubschrauber<br />
vorbeigeflogen, um jemanden aus dem Steig zu<br />
holen. Das ist das Gefährliche an einem Klettersteig:<br />
Wenn man nicht mehr kann, ist es fast unmöglich<br />
einfach umzudrehen, man hängt in der Wand fest“,<br />
erzählt Jani Leban.<br />
Er ist seit Februar 2021 Solo-Pauker und Schlagzeuger<br />
bei den Bad Reichenhaller Philharmonikern und<br />
stammt aus dem Westen Sloweniens, nahe der kroatischen<br />
und italienischen Grenze, etwa eine halbe<br />
Autostunde von der Hafenstadt Triest entfernt. Die<br />
Region heißt Kras und ist bekannt für ihren Terrano-<br />
Wein, der so rot ist wie die Erde, in der er wächst.<br />
Jani Lebans Eltern haben dort einen Weinberg und<br />
eine Buschenschenke und vermieten auch Zimmer.<br />
„Ich war früher oft mit meinen Eltern und meiner<br />
Schwester in den Bergen unterwegs, wir waren alle<br />
im Alpenverein. Mit sechs Jahren hat mein Vater uns<br />
auf den Triglav mitgenommen. Er ist 2.864 Meter<br />
hoch und der höchste Berg Sloweniens. Und als ich<br />
vier Jahre alt war, durfte ich mit auf den Kanin, 2.587<br />
Meter. Als ich vor dem Gipfel müde wurde, hat mich<br />
der Freund meines Vaters, ein Bergführer, in seinen<br />
Rucksack gesetzt und raufgetragen.“<br />
Nervenprobe<br />
Jani Leban hat in Wien Schlaginstrumente studiert.<br />
„Das erste Jahr bei den Bad Reichenhaller Philharmonikern<br />
war Probejahr, ich musste sehr viel vorbereiten,<br />
so dass keine Zeit fürs Wandern blieb. 2022 habe<br />
ich dann noch meinen Master abgeschlossen und<br />
hatte ebenfalls überhaupt keine Freizeit. Erst letztes<br />
Jahr habe ich angefangen, die Berge in der Gegend zu<br />
erkunden. Mit unserem Posaunisten Bruno Fleschhut<br />
habe ich viele Touren gemacht. Einmal waren wir<br />
auf dem Grünstein in Berchtesgaden und kamen am<br />
Einstieg zum Klettersteig vorbei.<br />
SIE GRINSEN SICH AN,<br />
LOS GEHT’S, ANSPRUCHS-<br />
VOLLE 750 HÖHENMETER<br />
ÜBER EINEN DER SCHWIE-<br />
RIGSTEN KLETTERSTEIGE<br />
DEUTSCHLANDS.<br />
<strong>BRPHIL</strong>