01.07.2024 Aufrufe

BRPHIL Orchestermagazin #12

BRPHIL Orchestermagazin #12 - August - November 2024

BRPHIL Orchestermagazin #12 - August - November 2024

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

16<br />

.MUSIK IST ETWAS SINNLICHES<br />

Wir treffen Johannes Witt zum Onlinegespräch. Er<br />

sitzt in seinem Büro in der Oper Wuppertal. Dort<br />

ist er seit der Spielzeit 2021/22 als 1. Kapellmeister<br />

engagiert. Er hat seinen Laptop in der Hand und<br />

sucht das Eck mit der besten Internetverbindung.<br />

Am Fenster ist es gut, dort bleibt er schließlich<br />

stehen. Gutgelaunt lächelt er in die Kamera und<br />

beginnt zu erzählen. „Das Musische in unserer<br />

Familie kommt von meiner Mutter. Sie hat sanft,<br />

aber bestimmt dafür gesorgt, dass meine zwei Brüder<br />

und ich jeden Tag eine halbe Stunde Klavier<br />

übten“.<br />

Als Johannes sieben Jahre alt war, zog die Familie<br />

für einige Jahre nach Kanada. Der Sohn seiner<br />

dortigen Klavierlehrerin spielte Schlagzeug. Johannes<br />

war begeistert, wechselte das Instrument. Das<br />

Schlagzeug wiederum führte ihn ins Orchester.<br />

Als es zurück nach Köln ging, nahm er Unterricht<br />

beim Gürzenich-Orchester und spielte im Jugendsinfonieorchester<br />

Köln. „Ich fand das toll. Wir<br />

waren eine eingeschworene Gemeinschaft. Dieses<br />

Miteinander hat mich geprägt“. Als junger Paukist<br />

hatte Johannes Witt den Dirigenten buchstäblich im<br />

Auge. Er erlebte, welche Wirkung von ihm ausgeht<br />

und entschied: Das will ich auch machen. Noch vor<br />

dem Abitur stellt er sich in Köln an der Musikhochschule<br />

vor. „Ich hatte keine Ahnung wie Dirigieren<br />

geht und einfach zuhause vorm Spiegel geübt. Es<br />

war natürlich von hinten bis vorn alles falsch.“ Aber<br />

sein späterer Professor Michael Luig erkennt: Dieser<br />

junge Mann hat mit seiner Körpersprache Potenzial.<br />

Johannes Witt besteht die Aufnahmeprüfung,<br />

absolviert ein Gast-Semester in Sankt Petersburg.<br />

Nach fünf Jahren ist er Diplom-Dirigent und findet<br />

am Aalto Theater Essen seine erste Anstellung,<br />

zunächst als Repetitor mit Dirigierverpflichtung,<br />

schließlich als Kapellmeister. „Das Aalto Theater<br />

war ein riesiges Glück. Es ist ein sehr großes Haus<br />

und ich hatte viele Möglichkeiten, mich auszuprobieren.<br />

Das war wie ein zweites Studium“, sagt er.<br />

Auf Augenhöhe<br />

Das Zusammenspiel zwischen Dirigent und Orchester<br />

ist wohl eine der komplexesten, nonverbalen<br />

Kommunikationsformen. Es gibt unterschiedliche<br />

Typen von Dirigenten. Hochvirtuose, die sich<br />

über den Körper ausdrücken und solche, die übers<br />

Erklären ein Orchester mitnehmen. Johannes Witt<br />

ist der Bewegungsmensch. „Mir ist wichtig, dass<br />

eine Sinnlichkeit in meinen Bewegungen entsteht,<br />

denn Musik ist ja auch etwas sehr Sinnliches. Was<br />

mich immer wieder fasziniert: Wie man durch eine<br />

einzige Körpergeste - die entweder besonders weich<br />

und zart oder abrupt und schnell sein kann - einen<br />

Klang kreieren kann und alle Musiker und Musikerinnen<br />

im gleichen Charakter, in der gleichen Lautstärke,<br />

der gleichen Intensität spielen“. Die Zeiten,<br />

als Dirigenten diktatorisch von oben herab befahlen,<br />

sei zum Glück vorbei, sagt er. „In einem Orchester<br />

sitzen Menschen vor mir, die unglaublich viel wissen,<br />

die begabt und engagiert sind. Das erfordert<br />

Respekt, trotzdem muss ich sie von meiner Idee des<br />

Stücks überzeugen. Ich muss sie animieren, inspirieren<br />

und so mitreißend sein, dass sie meinen Vorstellungen<br />

unbedingt folgen“.<br />

<strong>BRPHIL</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!