Kunstbulletin Juli/August 2024

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ein Wiedererinnern, das auch ein Wiederaneignen ist. Rekollektion als Versammeln dissoziierter Fragmente unseres Selbst. So erinnert Bopape an die Vertreibung südafrikanischer Gemeinschaften von ihrem Land durch die Portugiesen, Buren und Briten. ‹palo / soil landscapes› (2023) skizziert in minimalistischer Manier mit einfachsten Materialien eine «Landschaft» urbarer Böden aus der Vogelperspektive, die nach einer bestimmten Anzahl (palo) Quadratmeter aufgeteilt und eingehegt worden sind. Auf dem enteigneten Land errichteten die Kolonisatoren ihre Plantagen und Städte. Den Vertriebenen blieben nur die Reservate und die Arbeit unter menschenunwürdigen Bedingungen auf diesen Plantagen oder in Diamantminen wie dem «Big Hole», das Tourist:innen heute als «grösstes je von Menschenhand gegrabenes Loch» angepriesen wird. Während der globale (neo-)koloniale Extraktivismus der Gegenwart die Existenzgrundlagen nachkommender Generationen bedroht, stellt Bopape Verbindungen zur Erde her, aber auch zu unseren gemeinsamen Urahn:innen, zur «Wiege der Menschheit», die unter anderem in Südafrika verortet wird. Mutter Erde und das Erinnern Petrichor ist die Bezeichnung für den Geruch von Regen auf trockenem Boden und bedeutet wörtlich: «das auf den Felsboden (altgr. pétrā) gefallene Blut der Götter (īchōr)». Prometheus mischte aus Asche und Spucke Lehm und knetete daraus den Menschen. Der Gott der Bibel befahl: «Macht euch die Erde untertan!» Die Trennung des Menschen von der Erde war in der westlichen Zivilisation von Anfang an angelegt. Selten denken wir an die acht Milliarden Lebewesen, die in einer Handvoll Dreck stecken, oder an die 12’742 Kilometer Erde unter unseren Füssen. Doch für Bopape ist die Erde als Ganzes und jedes Stück Materie ein Aufbewahrungsort für Geschichten, Erinnerungen und Träume, die eingelagert, transformiert, ausgegraben und gelebt werden. ‹(Ka) pheko ye … [earth to dreamy stick soup]› (2023) besteht aus einem eingekerbten Stein. Die Mulde ist gefüllt mit Wasser, in dem ‹Raisibe Dreaming Herbal Tea› zieht, während ein abstraktes Videobild darüber projiziert wird. Materia prima als schöpferische Gebärmutter (lat. matrix). In Bopapes multimedialen Installationen kommen immer wieder ovale Formen vor, die mit Weiblichkeit und Geborgenheit assoziiert werden – Gefässe, Schalen, aber auch (Halb-)Kreise, Höfe und andere Versammlungsorte. Die Muttersprache Bopapes ist Sepedi, das vom Bantu-Volk der Pedi gesprochen wird. Die traditionelle Sozialeinheit der Pedi ist das «Kgoro», eine halbkreisförmige Ansammlung von Behausungen. Sie wurden um einen zentralen Bereich herum gebaut, der gleichzeitig Versammlungsort, Friedhof und Ahnenschrein war. Jede Frau der von Männern geführten Grossfamilie hatte ihr eigenes rundes, strohgedecktes Haus, das mit den anderen durch eine Reihe von Höfen, den «Lelapa», verbunden war, die von Lehmwänden umgeben waren. Eine Form des Wohnens und Zusammenlebens, die aufgrund der Kolonialisierung, Zwangsumsiedlung und Zonenplanung heute im Verschwinden begriffen ist. 62 <strong>Kunstbulletin</strong> 7-8/<strong>2024</strong>
Dineo Seshee Raisibe Bopape, ‹(Raisibe dreaming): flowers and light, flowers and light›, 2023, farbige LEDs, Ausstellungsansicht Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich. Foto: Studio Stucky FOKUS // DINEO SESHEE RAISIBE BOPAPE 63
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Juli/Aug. 2024 Fr. 12.- / € 10.-
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Pieter de Molijn, Waldlandschaft mi
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Zum 90. Geburtstag von Schang Hutte
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¢ ¥ marvin & christopher prinz ¦
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