29.06.2024 Aufrufe

Kunstbulletin Juli/August 2024

Unsere Juli/August Ausgabe für 2024 mit Beiträgen zu Esther Mathis, Kunstvolle Lesetipps, Dunja Herzog, Dineo Seshee Raisibe Bopape, Ana Mendieta, u.v.m.

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Geschäftsfoyer inszeniert, mit grossem Logo an der Stirnwand und gefälliger Jazzmusik<br />

aus dem firmeneigenen Aufnahmestudio. In einer Auslage tauchen auch Uhren<br />

auf. Allerdings sind es Fälschungen aus Lagos, welche die kapitalistische Warenproduktion<br />

und die fraglichen Handelsbeziehungen gewissermassen unterwandern.<br />

Ursprünglich von der UTC in Afrika vermarktet, werden die «originalen» Luxusarmbanduhren<br />

heute noch von der Basler Firma Oris hergestellt. Deren Erfolg wiederum<br />

verdankt sich dem Urgrossvater der Künstlerin, der das Unternehmen gegründet<br />

hatte. Erneut schliesst sich der Wirtschaftskreislauf, in den wir ebenso direkt oder<br />

indirekt involviert sind.<br />

Kooperationen und Erzählungen<br />

Im inszenierten Foyer, etwas versteckt hinter einem Paravent, sind mehrere aus<br />

Palmhölzern geflochtene Körbe aufeinandergestapelt. Bedeutsam als Gegenstände<br />

des täglichen Gebrauchs, zeugt das nachwachsende organische Material auch von<br />

einer Nähe zur körperlichen und sinnlichen Erfahrung. Eine Wahrnehmungsebene,<br />

die schon im Ausstellungsraum davor in einer Art Unterwasserszenario zum Tragen<br />

kommt, allerdings nicht ohne kritische Anspielungen: Für ihre ‹Sea Sheets (Logics of<br />

Connectivity)› (<strong>2024</strong>) verklebte die Künstlerin Nori-Algenblätter zu grossen Vorhängen,<br />

die den Saal in ein dunkelgrün-rötliches Licht tauchen. Die Stimmung steht für<br />

die von der Soziologin Maria Mies formulierte Unterwasserwirtschaft: Mit der Metapher<br />

prangert sie die wenigen Privilegierten auf der «Spitze des Eisbergs» an, welche<br />

zahlreiche Menschen ausnutzen und Rohstoffe aus den Tiefen der Erde schonungslos<br />

ausbeuten.<br />

Für ihre Werke, die ähnlich einem Readymade manchmal Kunst und Gebrauchsgegenstand<br />

zugleich sind, geht Herzog häufig Kooperationen ein: Die Bienenstöcke<br />

aus der Serie ‹Hum› (2022) etwa entwickelte sie mit Imker:innen und platzierte, wie<br />

schon bei anderen Ausstellungen, ein Bienenvolk im Aussenraum des Museums. Zu<br />

den irdenen ‹Hums› im letzten Saal liess sie von befreundeten Musiker:innen Sounds<br />

komponieren mit Klängen, die wiederum von ihr selber mit eigens gefertigten Instrumenten<br />

eingespielt wurden. Feine Linien sind entlang der Wand appliziert. Sie<br />

bestehen aus Bienenwachs, das Herzog schon zum Giessen ihrer Schmuckreihe verwendete.<br />

Immer wieder sind es sinnliche Materialien und ihre Transformationsmöglichkeiten,<br />

welche die Geschichten in der Ausstellung miteinander verweben: hin zu<br />

einer grösseren Erzählung, die auch scheinbar Unterschiedliches zusammenführt<br />

und mittels Kunst wahrnehmbar, ja erlebbar macht.<br />

Die Zitate von Dunja Herzog stammen von der Medien-Preview im Kunstmuseum Solothurn am 31.5.<strong>2024</strong>.<br />

Marc Munter ist Kunsthistoriker, lebt und arbeitet in Bern. m_munter@hotmail.com<br />

→ ‹Dunja Herzog›, Kunstmuseum Solothurn, bis 6.10. ↗ kunstmuseum-so.ch<br />

FOKUS // DUNJA HERZOG<br />

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