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Kunstbulletin Juli/August 2024

Unsere Juli/August Ausgabe für 2024 mit Beiträgen zu Esther Mathis, Kunstvolle Lesetipps, Dunja Herzog, Dineo Seshee Raisibe Bopape, Ana Mendieta, u.v.m.

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Obwohl die beiden Standorte in Nigeria und Deutschland auf den ersten Blick<br />

nichts miteinander zu tun haben, ist ihre Verbindung exemplarisch für die Herangehensweise<br />

und die Intentionen der Künstlerin: Durch Gegenüberstellungen wie diese<br />

macht sie Zusammenhänge zwischen den zwar weit entfernten, doch wirtschaftlich<br />

und politisch eng verknüpften Regionen sichtbar. In afrikanischen Ländern betreiben<br />

westliche Firmen bis heute Raubbau zur Gewinnung des gefragten Kupfers, während<br />

heimische Mienen wie jene in Deutschland schon länger stillgelegt sind. Mit<br />

ihren Rohstoffunternehmen ist die Schweiz weltmarktführend in der Branche, und<br />

die Steuern aus dem profitablen Geschäft fliessen nicht zuletzt in den öffentlichen<br />

Kulturetat und die Fördergelder. Hier schliesst sich der Kreis zur Künstlerin, weshalb<br />

ihr umso mehr daran liegt, die ausbeuterischen und ökologisch wie sozial problematischen<br />

Verstrickungen zu hinterfragen, ohne sich selber aus der Verantwortung<br />

zu ziehen. Sie zeigt aber auch Alternativen zur Ausbeutungswirtschaft und sinnliche<br />

Facetten des Metalls auf: Seit 2016 stellt sie zusammen mit dem Lagos Space Programme<br />

fair produzierten Schmuck aus einer Kupferlegierung her, wie sie besonders<br />

in Westafrika verbreitet ist – zur Zierde und als Material, dem positive Energien zugeschrieben<br />

werden. Über eine Website und an der Museumskasse steht der Schmuck<br />

auch zum Verkauf.<br />

Weiter erinnert eine ‹Army of Frogs› (2018–2020) an die über sechzig Tonnen metallhaltigen<br />

Elektroschrott, der jährlich weltweit anfällt und unter anderem in Nigeria<br />

entsorgt wird. Sinngemäss kriecht uns eine Schar Frösche aus recyceltem Messing<br />

am Boden entgegen. Die fein gearbeiteten und goldig glänzenden Amphibienattrappen<br />

wirken abschreckend und schön zugleich; für die Medizin in Nigeria haben die<br />

reellen Tiere gar heilende Kräfte.<br />

Rohstoffvorkommen und zwiespältige Handelsbeziehungen<br />

Einen Blickfang im ersten Ausstellungsraum bieten zwei grosse, ineinanderlaufende<br />

Stoffbahnen, eine aus Baumwolle, eine aus Leinen. Sie sind zylinderförmig von<br />

der Decke abgehängt und führen uns einem Kreislauf gleich in ihr Inneres, wo auch<br />

die erwähnte Videoarbeit zu sehen ist. Erstere Stoffbahn ist mit Indigo aus Lagos,<br />

zweitere mit blauem Färbewaid aus Erfurt eingefärbt. Gemeinsam bringen sie wiederum<br />

die wirtschaftliche Bedeutung der Rohstoffvorkommen und die Verbindung<br />

ihrer Ursprungsorte zum Ausdruck: Durch den Kolonialhandel wurde das deutsche<br />

Färbemittel ab dem 16. Jahrhundert vom nigerianischen Indigo verdrängt. In jüngerer<br />

Zeit traten an dessen Stelle jedoch chemische Farbstoffe, vor allem von der Basler<br />

Pharmafirma CIBA. Den Vertrieb in Nigeria übernahm die Union Trading Company<br />

«In der Installation ‹Under a Glass Bell› liegen Schellen unter Wasser, symbolisch<br />

für den Hofnarren, der früher immer alles sagen durfte; hier nun aber wirken<br />

sie wie ertrunken, verstummt. Dies ist etwa in Bezug auf die Meinungsfreiheit sehr<br />

aktuell, im Sinne von ‹wer wird gehört?› oder ‹wer darf was sagen?›». Dunja Herzog,<br />

Solothurn, 31.5.<strong>2024</strong><br />

52 <strong>Kunstbulletin</strong> 7-8/<strong>2024</strong>

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