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Kunstbulletin Juli/August 2024

Unsere Juli/August Ausgabe für 2024 mit Beiträgen zu Esther Mathis, Kunstvolle Lesetipps, Dunja Herzog, Dineo Seshee Raisibe Bopape, Ana Mendieta, u.v.m.

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Rachel Cusk, ‹Der andere Ort›, dt. Erstausgabe, Suhrkamp Verlag, 2021<br />

Die langen Schatten der Künstlermythen<br />

Die Landschaft ist weit, das Beziehungsgefüge beklemmend und die gehörige Portion<br />

Androzentrismus, die uns Rachel Cusk auftischt, schwer verdaulich. Wie ihre früheren<br />

Bücher beleuchtet ‹Der andere Ort› die Bindungen und Lossagungen eines Frauenlebens<br />

– doch diesmal mischt sich die Kunst ins zwischenmenschliche Geflecht.<br />

Die Protagonistin wurde einst durch Gemälde aus einer Existenzkrise gehievt, nun<br />

lädt sie deren alternden Schöpfer ins Gästehaus ihres abgelegenen Grundstücks ein:<br />

Es wird zur Bühne eines Dramas, in dem auch eine frivole Gefährtin, ein bodenständiger<br />

Ehemann und eine herangewachsene Tochter mitsamt neuer Liebschaft auftreten.<br />

Inmitten dieser Staffage trifft die Frau auf einen Künstler, der ihre Unterwürfigkeit<br />

auskostet, während sie ihn weiterhin als Heilsbringer und Genie mythologisiert.<br />

Lieber sähe man dieses althergebrachte Figurenverhältnis überwunden als reproduziert.<br />

Doch der Roman beruht auf dem fast hundert Jahre alten Bericht von Mabel<br />

Dodge Luhan über den Aufenthalt des Schriftstellers D.H. Lawrence in ihrer Künstlerkolonie.<br />

Derart historisch grundiert, lässt uns Cusks zeitgenössisches Kammerspiel<br />

darüber nachdenken, ob sich die langen Schatten der Künstlermythen noch heute in<br />

unser Kunsterleben einschleichen. Und ihr jüngster Roman, ‹Parade›, verspricht, die<br />

Gedanken über Verheissung und Verhängnis der Kunst nahtlos weiterzuspinnen – er<br />

erscheint dieser Tage auf Deutsch. <strong>Juli</strong>a Schmidt<br />

FOKUS // KUNSTVOLLE LESETIPPS<br />

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