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Kunstbulletin Juli/August 2024

Unsere Juli/August Ausgabe für 2024 mit Beiträgen zu Esther Mathis, Kunstvolle Lesetipps, Dunja Herzog, Dineo Seshee Raisibe Bopape, Ana Mendieta, u.v.m.

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Lion Feuchtwanger, ‹Goya oder Der arge Weg der Erkenntnis›, dt. 14. Aufl., Aufbau Verlag, 2019<br />

Malen im Bann von Prunk und Schrecken<br />

‹Goya› erhielt ich als Geschenk, und mit etwas Verzug begann ich zu lesen: «Gegen<br />

Ende des achtzehnten Jahrhunderts war fast überall in Westeuropa das Mittelalter<br />

ausgetilgt. Auf der Iberischen Halbinsel, die auf drei Seiten vom Meer, auf der vierten<br />

von Bergen abgeschlossen ist, dauert es fort.» Und schon war ich mittendrin in einem<br />

Roman über eine epochale Künstlerpersönlichkeit, deren vielschichtig schillernde<br />

Malerei alles einschliesst, was das Leben damals und heute ausmacht: Liebe, Verrat,<br />

politisches Kalkül und den Mut, Ambivalenzen auszuhalten.<br />

Goya lebte gefährlich, mehrmals nahm ihn die Inquisition ins Fadenkreuz, im Alter<br />

wurde er taub. Wie es ihm gelang, seinen königlichen Auftraggebern ein glorios-groteskes<br />

Familienporträt unterzujubeln, ohne deren Gunst zu verscherzen, wie er der<br />

Inquisition entwischte, obwohl er den Klerus wie auch den Adel in seinen ‹Caprichos›<br />

schrill karikierte und dämonisierte, das bleibt auch nach sechshundert Seiten ein<br />

Rätsel. Deutlich wird aber, dass seine Kunst geprägt war von einem zwischen Rittertum,<br />

Königshäusern, Inquisition und Aufklärung zerrissenen Jahrhundert. Diese<br />

Komplexität literarisch zu fassen forderte detaillierte Recherchen und Empathie. Die<br />

Differenziertheit, mit welcher uns der von den Nazis ins amerikanische Exil getriebene<br />

Autor Lion Feuchtwanger (1884–1958) den Maler Goya vor Augen führt, ist wie alle<br />

guten Dinge im Leben ein Geschenk. Claudia Jolles<br />

FOKUS // KUNSTVOLLE LESETIPPS<br />

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