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NK_07_2024 _Fiala_Schramm

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ELEMENTARSCHÄDEN:<br />

WANN GESCHÄDIGTE SICH BEI VERSICHERUNGSMAKLERN<br />

UND AGENTUREN SCHADLOS HALTEN KÖNNEN<br />

Wenn Opfer der Flutkatastrophe keine<br />

Elementarschadenversicherung<br />

haben, können sie ihren Versicherungsvermittler<br />

unter Umständen in<br />

Haftung nehmen. Denn Makler wie<br />

auch Vertreter müssen Deckungsrisiken<br />

finden, dazu entsprechend beraten<br />

und dies lückenlos dokumentieren.<br />

Eine fehlende Dokumentation<br />

kann Vermittler in arge Bedrängnis<br />

bringen, denn dadurch wird Beweislast<br />

umgekehrt. Darauf machen<br />

Rechtsanwalt Johannes <strong>Fiala</strong> und<br />

Versicherungsmathematiker Peter A.<br />

<strong>Schramm</strong> in einem Gastbeitrag aufmerksam.<br />

Bis zu 99 Prozent aller<br />

Gebäude,<br />

auch in<br />

Hochwassergebieten, wären versicherbar<br />

gewesen. Doch nur etwa 45<br />

Prozent der Gebäude sind gegen Elementarschäden<br />

wie Starkregen,<br />

Überflutung oder auch Erdbeben tatsächlich<br />

versichert. Den Versicherungsvermittler<br />

treffen dabei umfassende<br />

Beratungspflichten. Wurde<br />

keine<br />

Elementarschadenversicherung<br />

vermittelt, aber vielleicht anderer<br />

üblicher Versicherungsschutz für<br />

ein Gebäude (z.B. Haftpflicht-,<br />

Sturm-, Brand-, Hagel, Rechtsschutz-,<br />

Leitungswasser-Versicherung),<br />

wird sich jeder Richter fragen,<br />

ob der Versicherungskunde vor seiner<br />

Entscheidung gegen eine Elementarversicherung<br />

vom Vermittler korrekt<br />

beraten wurde.<br />

Fragebögen nach dem Motto „Welches<br />

Schweinderl hätten´s denn<br />

gern?“, auch solche im Internet, können<br />

eine qualifizierte vollständige Beratung<br />

nicht ersetzen (BGH, Urteil<br />

vom 10.03.2016, Az. I ZR 147/14).<br />

Eine Fallvariante beim Fragebogen<br />

mit folgender Vermittlerhaftung wäre<br />

die Unterversicherung.<br />

Vermittlerhaftung: Trotz Kundenwunsch<br />

nicht viel Geld für Versicherungsschutz<br />

auszugeben<br />

Die Sparsamkeit des Kunden ist<br />

für sich genommen noch<br />

kein Grund, dass<br />

eine Elementar-<br />

schadenver-<br />

sicherung<br />

ausscheidet.<br />

Vielmehr hat der Vermittler<br />

nach Alternativen zu suchen – etwa<br />

indem für alle Gebäude-Versicherungsbausteine<br />

ein entsprechend höherer<br />

Selbstbehalt zur Prämienreduzierung<br />

angeboten wird – selbst bei<br />

der KFZ-Versicherung u.a. könnte alternativ<br />

stattdessen gespart werden.<br />

Wer eine mögliche Elementarschadenversicherung<br />

nicht abgeschlossen<br />

hatte, muss sogar damit rechnen,<br />

dass staatliche Hilfsgelder deshalb<br />

um die Hälfte gekürzt werden – auch<br />

dies ist ein geltend zu machender<br />

Schaden.<br />

Versicherungsmakler müssen auch<br />

Deckungskonzepte und ausländische<br />

Versicherer anbieten<br />

Die Betriebe zahlreicher Versicherungsmakler<br />

sind so klein, dass diese<br />

keine direkte Anbindung für die Zusammenarbeit<br />

mit allen Versicherern<br />

erhalten.<br />

Dann weichen diese auf sprichwörtliche<br />

Versicherungsgroßmärkte aus,<br />

insbesondere sogenannte Pools und<br />

Einkaufsgenossenschaften.<br />

Diese<br />

haben dann jedoch auch nur eine<br />

eingeschränkte Palette von Versicherern<br />

bzw. Tarifen im Angebot.<br />

Mancher Makler scheut sich auch,<br />

beispielsweise günstigere Versicherer<br />

aus dem Ausland anzubieten.<br />

Auf diese dann eingeschränkte Beratungsgrundlage<br />

hat der Makler<br />

von Anfang an hinzuweisen – gem. §<br />

60 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz<br />

(VVG) unter genauer Nennung<br />

seiner eingeschränkten Marktgrundlage.<br />

Vielleicht hätte es ja woanders<br />

eine passendere und/oder günstigere<br />

Versicherungsdeckung gegeben, für<br />

deren Fehlen daher nun der Makler<br />

haftet. Der schlecht versicherte Kunde<br />

hätte sich oft nach vorheriger Aufklärung<br />

woanders beraten lassen.<br />

Selbst bei fehlender Versicherbarkeit<br />

kann der Vermittler bzw.<br />

Versicherungsmakler haften<br />

Hätte gar keine Elementarschadenversicherung<br />

vermittelt werden können,<br />

so führt die Falschberatung<br />

selbst nicht zu einem Schaden wegen<br />

der fehlenden Versicherungsleistung,<br />

weil der Kunde auch bei korrekter Beratung<br />

nirgendwo das Risiko hätte absichern<br />

können. Indes könnte der<br />

Maklerkunde seinen Schaden auch<br />

dann daraus herleiten, dass er –<br />

wenn der Makler ihn auf diese wegen<br />

des zu hohen Risikos unversicherbare<br />

Lücke hingewiesen hätte – in seine<br />

Immobilie nichts mehr investiert oder<br />

sie verkauft hätte, um eine neue auf<br />

sicherem Grundstück zu erwerben.<br />

Aufklärung und Beratung durch<br />

Makler umfasst die Frage, was wie<br />

versichert werden sollte<br />

Es genügt weder der Hinweis auf Lücken<br />

im bestehenden Vertrag, wenn<br />

beraten wird. Noch genügt der Ratschlag,<br />

alle Risiken zu versichern. Viel-<br />

<strong>07</strong>.<strong>2024</strong>


ELEMENTARSCHADEN 29<br />

mehr hat der Versicherungsmakler das<br />

zu versichernde Objekt selbst zu überprüfen<br />

– das Internet und Fragebögen<br />

können keine Begehung ersetzen.<br />

Überhaupt darf der Makler keine<br />

sachwidrigen Weisungen des Kunden<br />

akzeptieren, wenn dieser ihn vielleicht<br />

nicht richtig verstanden hat<br />

bzw. mangels ausreichender Beratung<br />

noch gar keine ausreichende<br />

Entscheidungsgrundlage besitzt.<br />

Auch für den (weitergehenden) Verzicht<br />

auf eine (ggf. Teil-)Beratung benötigt<br />

der durchschnittliche Versicherungskunde<br />

eine qualifizierte Entscheidungsgrundlage<br />

– widrigenfalls<br />

der Makler sachwidriges Verhalten<br />

akzeptiert; und damit dem Grund<br />

nach ebenfalls haftet.<br />

Auch eine einmalige Beratung genügt<br />

nicht, denn der Versicherungsmakler<br />

hat das Versicherungsobjekt im Auge<br />

zu behalten, und bei Veränderungen<br />

auf risikogerechte Anpassungen hinzuwirken<br />

(BGH, Urteil vom 5. April<br />

1967 – Ib ZR 56/65, VersR 1967, 686).<br />

Auch über eine später neu hinzukommende<br />

Versicherbarkeit ist zu beraten.<br />

Es versteht sich, dass eine Umdeckung<br />

etwa einer früheren Elementarschaden-Pflichtversicherung<br />

in eine<br />

Gebäudeversicherung ohne solche<br />

Absicherung zur Haftung führen wird.<br />

Viele Vermittler haften bei Versicherungslücken<br />

persönlich<br />

Wiederholt stellen Kunden fest, dass<br />

ihr „Betreuer“ in Versicherungsfragen<br />

das Kleingedruckte, also die Versicherungsbedingungen<br />

noch nie<br />

gründlich studiert hatten. Rechtliche<br />

Feinheiten kommen auf, wenn der<br />

Versicherer nach einem Hochwasser<br />

etwa meint, nur Starkregen sei versichert<br />

– und ankündigt, ohne vorherige<br />

Klage keine Leistung zu erbringen.<br />

Wie soll ein Versicherungskunde als<br />

Laie rechtlich den Unterschied zwischen<br />

vielleicht Starkregen, Flut und<br />

Überschwemmung oder Rückstau<br />

bereits begrifflich ohne Beratung erfassen?<br />

Verpflichtung des Versicherungsvermittlers<br />

zur Rechtsberatung<br />

Auch wer meint, wegen fehlender<br />

frühzeitiger Unwetterwarnung durch<br />

den Staat oder etwa unterlassenem<br />

Ablaufenlassens von Wasser in Rückhaltebecken<br />

bzw. Talsperren sich<br />

durch Betreiber geschädigt fühlt,<br />

wird erfahren, dass eine Staatshaftung<br />

meist voraussetzt, dass niemand<br />

sonst haftet.<br />

Bis zu 85 Prozent der Versicherungsvermittler<br />

haften bei Versicherungslücken<br />

persönlich<br />

Ein ehemaliger Justizminister hat<br />

durch ein Fachinstitut ermitteln lassen,<br />

dass seinerzeit rund 85 Prozent<br />

der Versicherungsvermittler (Makler<br />

und Agenten) dem Kunden vor seiner<br />

Entscheidung keine Beratungsdokumentation<br />

ausgehändigt hatten. Sinn<br />

und Zweck dieser Pflicht nach der sogenannten<br />

EU-Vermittler-Richtlinie<br />

(gültig seit 21.05.20<strong>07</strong>) ist es, dem<br />

Kunden zu ermöglichen, vor dem Abschluss<br />

der Versicherung, alle Gründe<br />

und Empfehlungen vor seiner Entscheidung<br />

genau zu prüfen. Daher<br />

nützt es nichts, wenn solche Dokumente<br />

nachträglich zugeleitet werden<br />

– es entscheidet vielmehr der<br />

Inhalt der Dokumentation und die<br />

rechtzeitige Übergabe.<br />

Makler besitzen eine entsprechende<br />

Haftpflichtversicherung für solche<br />

Beratungsfehler. Für Agenten haftet<br />

regelmäßig der von ihnen vertretene<br />

Versicherer mit, den nach VVG auch<br />

der Elementarschadenversicherung<br />

– eine eigene Beratungspflicht gem.<br />

§ 6 VVG trifft.<br />

Bundesgerichtshof entscheidet bis<br />

hin zur Beweislastumkehr<br />

Die Dokumentation ist später der<br />

beste Beweis für die Beratungslücke,<br />

also Fehlberatung und Vermittlerhaftung,<br />

wenn sie z.B. wie oft formularmäßig<br />

floskelhaft und nichtssagend<br />

ist. Fehlt die Dokumentation komplett,<br />

oder kann der Vermittler die<br />

rechtzeitige Übergabe an den Versicherungskunden<br />

kehr (BGH, Urteil vom 13.11.2014,<br />

Az. III ZR 544/13).<br />

Die unterlassene Dokumentation ist<br />

dann also noch kein Beweis – sie führt<br />

nur dazu, dass der Versicherungsnehmer<br />

die bestimmte Falschberatung zunächst<br />

nur konkret behaupten muss,<br />

und dann der Makler/Agent die Beweislast<br />

trägt, dass er korrekt beraten<br />

hat. Wozu weder reicht, dass er die Elementarschadenversicherung<br />

angeboten,<br />

noch dass er dringend zu ihr geraten<br />

hat. Vielmehr muss er die Folgen<br />

deren Fehlens drastisch vor Augen geführt<br />

haben und wirklich alle Möglich-<br />

selbst bei Erkennbarkeit eines Beratungsbedarfs<br />

nicht beweisen, keiten, sie irgendwie zu ermöglichen,<br />

– etwa wegen Fehlen führt dies bis hin zur Beweislastum-<br />

genau geprüft und erläutert haben.<br />

Dr. Johannes <strong>Fiala</strong><br />

Dipl.-Math. Peter <strong>Schramm</strong><br />

RA (München), PhD, MM, MBA<br />

Sachverständiger für Versicherungsmathematik<br />

(Diethardt), Aktuar DAV,<br />

Finanzdienstleistungen (Univ.),<br />

Geprüfter Finanz- und Anlageberater<br />

(A.F.A.), Bankkaufmann<br />

der IHK Frankfurt am Main für<br />

öffentlich bestellt und vereidigt von<br />

www.fiala.de<br />

Versicherungsmathematik in der<br />

privaten Krankenversicherung<br />

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