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Herr Burkhalter, wie haben Sie sich

in den ersten 100 Tagen als CEO des

Kaufmännischen Verbands Schweiz

eingelebt und welche Herausforderungen

haben Sie bisher gemeistert?

Für mich war die Situation nicht ganz

neu, da ich seit 2007 Mitglied und Finanzdelegierter

des Zentralvorstandes war.

Deshalb habe ich schon sehr viel gewusst.

Aber wenn man operativ sieht, was alles

läuft, ist es schon faszinierend – vor allem

die Breite der operativen Tätigkeiten und

Themen, die wir im Zentralvorstand weniger

wahrgenommen haben. Ich habe auch festgestellt,

dass wir ein cooles und motiviertes

Team haben, das die Sinnhaftigkeit unseres

Tuns sieht.

Sie können etwas bewegen?

Wir können als Verband etwas bewegen

und die Leute mit auf die Reise nehmen.

Bei der vor zwei Jahren durchgeführten

Strukturreform mussten wir Aufgaben an

die Sektionen abgeben und auch Mitarbeitende

entlassen, was kein einfacher

Prozess war. Das liegt nun hinter uns und

jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir

uns aus einer gestärkten Position weiterentwickeln

können.

Sie kennen den Verband schon lange.

Was hat Sie am meisten überrascht?

Am meisten überrascht hat mich die

Thematik, dass wir einerseits als Bildungsverband

stark sind und andererseits

auch sozialpartnerschaftlich engagiert

sind. Gerade der sozialpartnerschaftliche

Bereich ist eine Gratwanderung, weil wir

uns als lösungsorientierter Angestelltenverband

verstehen. Das sehen wir aktuell

im Zusammenhang mit dem Verhandlungsmandat

mit der EU, wo wir uns gegenüber

der Haltung der Gewerkschaften

abgrenzen. Als Angestelltenverband und

Sozialpartner sind wir aber auch gewerkschaftlich

unterwegs, das war mir vorher

zu wenig bewusst und das wird auch in der

Öffentlich keit zu wenig wahrgenommen.

Welche Führungsprinzipien sind

für Sie als CEO eines Verbands mit

rund 40 000 Mitgliedern besonders

wichtig?

Nach meiner Erfahrung spielt es keine Rolle,

ob ich einen Verband führe oder ein Unternehmen.

Ich betrachte mich als Teamplayer

und für mich ist Führung auch eine Teamaufgabe.

Als CEO ist es aber meine Aufgabe,

schlussendlich auch Entscheidungen

zu treffen und umzusetzen. Ich sehe mich

als derjenige, der die Stossrichtung vorgibt,

reagiert, wenn etwas aus dem Ruder läuft

und manchmal unkonventionelle Ideen einbringt

oder etwas hinterfragt. Ich habe ein

sehr selbständiges Team an meiner Seite,

was gut ist, da ich als jemand, der ursprünglich

aus der Buchhaltung kommt, nicht zu

den Erbsenzählern gehöre und mich nicht

in Details verliere. Ich gebe meinen Mitarbeitenden

viel Freiheit und erwarte, dass

sie diese nutzen. Mir ist vor allem wichtig,

wie wir mit Fehlern umgehen und wie wir

reagieren, wenn etwas schiefläuft.

Der Kaufmännische Verband Schweiz

hat kürzlich ein neues Leitbild erarbeitet.

Welche konkreten Massnahmen

wurden bereits umgesetzt,

«Wir wollen unser Motto ‹Menschen stärken. Gemeinsam

sind wir Zukunft.› mit Leben füllen.»

um das Motto «Menschen stärken.

Gemeinsam sind wir Zukunft.» mit

Leben zu füllen?

Das Leitbild besteht aus fünf Handlungsfeldern:

Politkraft, Bildung, Think & Do

Tank, Startfeld und das Ökosystem. Im

Startfeld haben wir einen neuen Bereich

mit einer neuen Zielgruppe definiert, der

den Entwicklungen der agilen Arbeitswelt

Rechnung trägt.

Wir verfolgen bei der Umsetzung einen

zweistufigen Ansatz: Als Dachverband

definieren wir bis im Sommer, mit welchen

Massnahmen, Programmen, Initiativen und

Leistungen wir die einzelnen Handlungsfelder

füllen und umsetzen werden. Daraus

werden sich sicherlich auch neue

Initiativen ergeben. Anschliessend binden

WUSSTEN SIE, DASS ...

… der Beruf «Kaufmann» als einer der

ältesten Berufe der Welt gilt? Den

Beruf gibt es seit Menschen ­gelernt

haben, Handel zu treiben und für

­Waren zu bezahlen.

… die Voraussetzungen für einen guten

Kaufmann früher ähnlich wie heute

waren? Sie mussten ­schreiben und

rechnen können und über ein Talent

im Umgang mit Menschen verfügen.

Der persönliche Kontakt war ­damals

noch wichtiger als heute, denn

lange Zeit wurden Handels- und

Tauschgeschäfte immer persönlich

gemacht.

… in der Schweiz erste Zusammenschlüsse

von Kauf­leuten bereits im

Jahre 1336 entstanden?

wir die Sektionen und Regionen aktiv mit

ein und wollen die definierten Massnahmen

möglichst rasch umsetzen.

Wie hat Ihre kaufmännische Lehre

in einer Treuhandgesellschaft Ihre

berufliche Laufbahn geprägt?

Ursprünglich hatte ich nicht vor, eine kaufmännische

Ausbildung zu absolvieren,

sondern wollte Kunsthändler werden. Meine

Eltern unterstützten diese Idee, meinten

jedoch, dass ich zuerst etwas «Vernünftiges»

lernen sollte. So entschied ich mich

für das KV und hatte das Glück, in einer

Treuhandfirma mit der perfekten familiären

Grösse meine Lehre zu machen – nicht zu

klein, aber auch nicht zu gross. Dort entdeckte

ich meine Freude für Zahlen und

Buchhaltung. In der Schule interessierte

mich Mathematik nicht wirklich, «Sätzlirechnungen»

schon, aber Algebra war

mir ein Rätsel. Bei der Lehrstellensuche

war ich etwas spät dran und hatte den

Bewerbungs termin bei den Banken verpasst.

Ich probierte deshalb auch andere

Branchen aus, wie z. B. eine Maschinenbaufirma

– doch das war nicht meine Welt.

Letztendlich landete ich durch einen glücklichen

Zufall in dieser Treuhandfirma und es

stellte sich als die absolut richtige Entscheidung

heraus.

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