A240483_veb_Fachmagazin_Standard_2-24_WEB
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die Reputation des Unternehmens schwer
beeinträchtigen. Sie können auch die
Unternehmenskultur negativ beeinflussen,
Angst unter den Mitarbeitenden verbreiten
und die Entwicklung des Unternehmens
behindern.
Prävention gegen Missstände:
wirksame
Compliance-Massnahmen
Es ist entscheidend, dass KMU ähnlich wie
Grossunternehmen Mechanismen zur Prävention
von Missständen implementieren.
Dazu gehören klare interne Regeln und
eine starke Unternehmenskultur, die ethisches
Verhalten fördert.
Ein besonders wichtiger Aspekt ist das
frühzeitige Erkennen von Missständen
und die Schaffung eines Umfeldes, in dem
Mitarbeitende wie auch andere Beteiligte
Missstände frühzeitig melden können, ohne
Nachteile für ihre eigene Position fürchten
zu müssen. Eine einfache und effektive
Massnahme ist die Einrichtung einer internen
Meldestelle, die Mitarbeitenden eine
sichere und vertrauliche Möglichkeit bietet,
potenzielle Verstösse zu melden. Es sind zu
einem weit überwiegenden Anteil Hinweise,
die eine frühzeitige Aufdeckung von Missständen
ermöglichen.
Die Bedeutung einer internen
Meldestelle
Eine Meldestelle ermöglicht es Mitarbeitenden,
Hinweise auf mögliche Verstösse
gegen Compliance-Richtlinien anonym und
sicher zu melden. Dadurch können Unternehmen
frühzeitig auf potenzielle Probleme
reagieren und Schaden abwenden. Eine
gut funktionierende Meldestelle trägt damit
zur Schaffung einer offenen und transparenten
Unternehmenskultur bei und stärkt
das Vertrauen der Mitarbeitenden in das
Management.
Eine solche Meldestelle kann individuell auf
das Unternehmen und dessen Bedürfnisse
abgestimmt eingerichtet werden. Musste
man sich früher noch mit einem «Kummerkasten»,
einer Telefon-Hotline oder einer
E-Mail behelfen, sorgen heute hocheffiziente
und sichere Softwarelösungen für eine
zeitlich unbegrenzte, anonyme, sichere
und vertrauenswürdige Möglichkeit, Hinweise
zu jeder Zeit und in jeder Sprache
einzureichen.
Rechtliche Aspekte und Schutz
von Hinweisgebern
Anders als in den Mitgliedstaaten der
Europäischen Union sind in der Schweiz
Vorteile einer internen Meldestelle
1. Früherkennung von Problemen: Eine
interne Meldestelle ermöglicht es Mitarbeitenden,
Verdachtsfälle oder Bedenken
bezüglich potenzieller Compliance-Verstösse
frühzeitig zu melden, bevor sie zu
schwerwiegenden Problemen eskalieren.
Dies ermöglicht es dem Unternehmen,
schnell zu handeln und geeignete Massnahmen
zu ergreifen, um Schäden zu
begrenzen.
2. Vertraulichkeit und Anonymität:
Durch die Gewährleistung von Vertraulichkeit
und Anonymität können Mitarbeitende
Bedenken oder Hinweise melden,
ohne Angst vor negativen Konsequenzen
oder Repressalien zu haben. Dies fördert
eine offene Kommunikationskultur und
ermutigt Mitarbeitende, potenzielle Verstösse
zu melden.
3. Schaffung eines Klimas des Vertrauens:
Eine gut funktionierende
interne Meldestelle signalisiert Mitarbeitenden,
dass das Unternehmen ihre
Bedenken ernst nimmt und bereit ist, sie
anzuhören und angemessen darauf zu
reagieren. Dies trägt dazu bei, ein Klima
des Vertrauens und der Integrität zu
schaffen, das die Einhaltung von Richtlinien
und Standards fördert.
4. Prävention von Rechtsverstössen:
Durch die Möglichkeit, Compliance-Verstösse
frühzeitig zu erkennen und zu
beheben, können Unternehmen potenzielle
Rechtsverstösse vermeiden, die zu
rechtlichen Konsequenzen, Geldstrafen
oder Reputationsverlust führen könnten.
5. Verbesserung der Unternehmenskultur:
Eine gut etablierte interne Meldestelle
sendet ein klares Signal aus, dass
das Unternehmen ethisches Verhalten
und Integrität schätzt und fördert. Dies
kann die Unternehmenskultur positiv
beeinflussen und dazu beitragen, das
Bewusstsein für Compliance und ethisches
Handeln zu stärken.
6. Risikomanagement: Eine effektive
interne Meldestelle unterstützt Unternehmen
dabei, Compliance-Risiken zu
identifizieren, zu bewerten und zu managen.
Durch die systematische Erfassung
und Auswertung von Hinweisen können
potenzielle Risiken frühzeitig erkannt und
entsprechende Massnahmen ergriffen
werden, um diese zu minimieren oder zu
beseitigen.
Hinweisgeber bisher nicht besonders
geschützt. Auch arbeitsrechtliche Vorschriften
bieten nur begrenzten Schutz. Es bleibt
Unternehmen jedoch unbenommen, Hinweisgebenden
freiwillig die Möglichkeit zur
anonymen Meldung von Missständen zu
bieten. Dies schafft Vertrauen und ermutigt
Mitarbeitende, potenzielle Verstösse zu melden,
ohne Angst vor Repressalien haben zu
müssen. Soweit Schweizer Unternehmen im
europäischen Binnenmarkt tätig sind, sollten
derartige interne Meldestellen sowieso eingerichtet
werden. Schnell sind Grössenordnungen,
die in der Europäischen Union die
Einrichtung einer internen Meldestelle nötig
werden lassen, erreicht. Der Nichtbetrieb
einer internen Meldestelle würde in diesem
Fall ein Bussgeldrisiko mit sich bringen und
darüber hinaus noch einen Wettbewerbsnachteil
gegenüber Unternehmen der Europäischen
Union.
Gaby Eickstädt
Rechtsanwältin (D / England&Wales),
LL.M. (University of Newcastle), Studium
Rechtswissenschaft (Universität Köln),
Studium Betriebswirtschaftslehre
(Universität Köln), Advisory Board bei AGON
PARTNERS COMPLIANCE AG,
Inhaberin Rechtanwaltskanzlei GE Law
Patrick L. Krauskopf
Prof. Dr., Rechtsanwalt (CH/USA), LL.M.
(Harvard), Studium Rechtswissenschaft
(Universität Fribourg), Chairman bei AGON
PARTNERS COMPLIANCE AG, Professor für
Wirtschaftsrecht an der Zürcher Hochschule
für Angewandte Wissenschaften (ZHAW)
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