A240483_veb_Fachmagazin_Standard_2-24_WEB
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Über einen Zeitraum von rund acht
Jahren akquirierte der Mann vor allem im
Verwandten- und Bekanntenkreis Gelder
unter falschen Vorwänden, indem er vorgab,
erfolgreich in der Vermögens verwaltung und
im Devisenhandel tätig zu sein. Tatsächlich
verursachte er jedoch Verluste und täuschte
seine Kunden mit gefälschten Unterlagen
und fingierten E-Mail-Adressen.
Insgesamt entstand ein Schaden von 6,1
Millionen Franken, wovon der Vermögensberater
1,8 Millionen für seinen eigenen
luxuriösen Lebensstil abzweigte, ohne seine
Kunden über die Verluste zu informieren.
Die Schuldfähigkeit des Täters wurde
bestätigt, da keine psychiatrische Störung
mit Krankheitswert vorlag, sondern lediglich
eine Persönlichkeitsakzentuierung mit
narzisstischen Zügen diagnostiziert wurde.
(BGer-Urteil 6B_978/2023 vom 11.3.2024)
Strafrecht
Keine Notwehr
Das Bundesgericht weist die Beschwerde
eines Hanfbauern gegen seine Verurteilung
ab, der 2016 auf seinem Hof mit Schrotmunition
auf Eindringlinge geschossen
hat. Mit der unvermittelten und unkontrollierten
Schussabgabe gegen die bereits
geflüchteten Personen hat er die Grenzen
der zulässigen Notwehr überschritten.
(BGer-Urteil 7B_13/2021)
Managed-Care-Leistung sind
keine Heilbehandlungen
und somit MWST-pflichtig
Die Beschwerdeführerin erbrachte Managed-Care-Leistungen
an die Krankenversicherer.
Diese Leistungen stellen
keine Heilbehandlungen im mehrwertsteuerrechtlichen
Sinn dar und sind steuerbar.
Erst mit dem Inkrafttreten der Teilrevision
des MWSTG fallen Managed-Care-Leistungen,
die an den Krankenversicherer als
Leistungsempfänger erbracht werden, aber
im Zusammenhang mit Heilbehandlungen
stehen, unter die neue Steuerausnahme
gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 3 bis MWSTG.
Abweisung der Beschwerde.
(BGer-Urteil A-1007/2023)
Besteuerung des Eigenmietwertes
für leerstehende
Eigentumswohnung
Streitig ist, ob die Steuerverwaltung zu
Recht einen Eigenmietwert für eine leerstehende
Eigentumswohnung aufrechnete.
Eine objektive Unbewohnbarkeit aufgrund
von Mängeln ist im vorliegenden Fall nicht
einmal ansatzweise dargelegt. Wer zudem
lediglich in Gratisinseraten in umliegenden
Migros- und Coop-Läden inseriert, unternimmt
offensichtlich keine ernsthaften Vermietungsbemühungen.
Dass der Steuerpflichtige
trotz fehlender Suchbemühungen
Interessenten hatte, spricht offenkundig
gegen eine objektive Unvermietbarkeit.
Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
(BGer-Urteil 9C_745/2023)
Arbeitsbelastung und
gesundheitliche Beeinträchtigungen
schützen
nicht
Dass die Steuerpflichtige im Sommer 2022
«arbeitstechnisch sehr eingespannt» war
und unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen
litt, bedeutet nicht, dass sie nicht in
der Lage war, eine (zuverlässige) Vertretung
zu bestellen; Abweisung der Beschwerde
der Steuerpflichtigen.
(BGer-Urteil 9C 708/2023)
Wann ist eine Abgangsentschädigung
reduziert
steuerbar?
Streitig ist, ob es sich bei der Abgangsentschädigung
um eine Kapitalleistung des
Arbeitgebers handelt, welche gemäss Art.
17 Abs. 2 i. V. m. Art. 38 DBG privilegiert
besteuert wird. Dafür müssen drei Voraussetzungen
kumulativ erfüllt sein: (i) Die
steuerpflichtige Person verlässt das Unternehmen
nach Erreichen des 55. Altersjahres,
(ii) die Erwerbstätigkeit wird definitiv
aufgegeben, und (iii) durch das Verlassen
des Unternehmens respektive dessen Vorsorgeeinrichtung
entsteht eine Lücke in der
Vorsorge. Vorliegend hat der Steuerpflichtige
nie erklärt, seine Arbeitstätigkeit beenden
zu wollen. Hinzu kommt, dass angesichts
der Ausbildung und Berufserfahrung
des Steuerpflichtigen die Vor instanz zum
Schluss kommen konnte, dass dieser in der
Lage war, eine vergleichbare Erwerbstätigkeit
zu finden. Abweisung der Beschwerde
des Steuerpflichtigen.
(BGer-Urteil 9C_237/2023)
Erbrecht
Zahlvater: dass es das
noch gibt
Das Bundesgericht hat ein bemerkenswertes
Leiturteil gefällt, von dem
tausende Personen in der Schweiz
betroffen sein dürften: Die Lausanner
Richter haben bestätigt, dass vor 1978
geborene, uneheliche Kinder von der
Erbschaft des Vaters ausgeschlossen
sind.
Grund dafür war die bis Ende 1977
geltende Zahlvaterschaft. Der zufolge
bezahlte der Vater für das uneheliche
Kind zwar Unterhalt, doch erbberechtigt
war es nicht.
Geklagt hatte ein heute 66-jähriger
Mann, der als aussereheliches Kind
geboren worden war und nach dem
Tod des Vaters seinen Pflichtteil verlangte.
Im konkreten Fall geht es um
ein Millionenerbe: wertvolle Bilder, ein
Grundstück und Geld. Der betroffene
Mann will seinen Pflichtteil, denn es
steht ausser Frage, dass er das Kind
des Erblassers ist. Doch er wurde 1958
unehelich geboren. Deshalb bekommt
er keinen Rappen.
Zwar hatte sich der Vater nach seiner
Geburt zu einer Unterhaltszahlung verpflichtet,
ihn aber als Kind nie offiziell
anerkannt. Trotz einer Gesetzesrevision
von 1978 wurden solche «Zahlväter»
nicht automatisch zu rechtlichen Vätern,
so die Gesetzgebung. Diese Zahlvaterschaften
wurden in späteren Gesetzesrevisionen
nicht automatisch in sogenannte
rechtliche Kindesverhältnisse
umgewandelt, hält das Bundesgericht
fest. (BGer-Urteil 5A_238/2023)
Dass es anders geht, zeigt übrigens
Deutschland: Dort sind alle Zahlvaterschaften
automatisch in normale Vaterschaften
umgewandelt worden.
veb.ch | Standard 2 I 2024
31