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RECHNUNGSLEGUNG
IFRS Update:
IFRS Offenlegungsvorschriften bei
Reverse-Factoring-Vereinbarungen
Das International Accounting Standards Board (IASB) hat Ende Mai 2023 Änderungen am
Standard IAS 7 Kapitalflussrechnungen und IFRS 7 Finanzinstrumente: Anhangangaben in
Bezug auf Supplier Finance Arrangements veröffentlicht. Die zusätzlichen Offenlegungspflichten
sollen die Transparenz solcher Vereinbarungen und deren Auswirkungen
auf die Verbindlichkeiten, Cashflows und das Liquiditätsrisiko in den Abschlüssen von
Unternehmen erhöhen.
Frederik Schmachtenberg I Steffen Müller
Unter Supplier Finance Arrangements,
auf Deutsch oft als Lieferantenfinanzierung
bezeichnet, werden finanzielle
Vereinbarungen verstanden, die darauf
abzielen, die Zahlungsbedingungen
zwischen einem Käufer (Abnehmer) und
seinen Lieferanten zu optimieren. Diese
Vereinbarungen sind auch unter den
Begriffen Supply Chain Finance (SCF)
oder Reverse Factoring bekannt. Wo
solche Vereinbarungen eingegangen werden,
schliesst ein Unter nehmen im Prinzip
eine Finanzierung ab, und es stellt sich die
Frage, ob in der Bilanz weiterhin eine Kreditorenverbindlichkeit
ausgewiesen wird
oder ob stattdessen eine Finanzverbindlichkeit
zu zeigen ist. Da es aber in der
Praxis (basierend auf IFRS 9 Finanzinstrumente)
nur selten zu einer Ausbuchung
der Kreditoren verbindlichkeit kommt, ist
es für Bilanzadressaten bzw. auch Kreditanalysten
oft schwer, solche Finanzierungen
direkt aus der Jahresrechnung
«abzulesen». Deshalb äusserten vor allem
Kreditanalysten den Wunsch nach mehr
Transparenz bezüglich solcher Vereinbarungen.
Dadurch soll ein Bilanz adressat
über das Ausmass solcher Vereinbarungen
informiert werden, auch wenn sie
keine Auswirkungen auf die Bilanz haben
und weiterhin als Kreditoren verbindlichkeit
ausgewiesen werden.
Mit Wirkung für Geschäftsjahre, die am
oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen,
sind Unternehmen, die Reverse Factoring
nutzen, gemäss den Änderungen an IAS 7
und den entsprechend angewendeten
Änderungen an IFRS 7, zu erweiterten
Offenlegungen verpflichtet. Diese Änderungen
beabsichtigen die Erhöhung der
Transparenz in der Finanzberichterstattung
und sollen Bilanzadressaten, einschliesslich
Kreditanalysten, ein detaillierteres Verständnis
über die Auswirkungen der
Reverse-Factoring-Vereinbarungen eines
Unternehmens ermöglichen.
Grundlagen des
Reverse-Factorings
Während unter Factoring der einmalige
oder laufende Verkauf von Forderungen
aus Waren- und Dienstleistungsgeschäften
an eine Factoring Gesellschaft, den sogenannten
Factor, verstanden wird, stehen
beim Reverse Factoring der Abnehmer
und der Factor, in der Regel eine Bank oder
spezialisierter Finanzdienstleister, in einem
Vertragsverhältnis. Hierbei lässt der Abnehmer
seine Lieferantenrechnung durch den
Factor (frühzeitig) begleichen und bezahlt
den Factor seinerseits wiederum erst am
oder nach dem Fälligkeitstag der Rechnung.
Die genauen Zahlungsmodalitäten
sind individuell verhandelbar.
Reverse-Factoring ermöglicht Unternehmen,
ihre Zahlungsziele zu optimieren und
die Liquidität zu verbessern. Allerdings führt
dies auch zu finanziellen Verpflichtungen,
die oft nicht vollständig transparent
gemacht werden. Die neuen Offenlegungsanforderungen
zielen nun darauf ab, dieses
Informationsdefizit zu beheben.
Änderungen bei
Offenlegungspflichten
In der Vergangenheit haben viele Unternehmen
in der Praxis die Frage nach dem Ausweis
in der Bilanz ausschliesslich anhand
der Frage, ob es gemäss IFRS 9 zu einer
Ausbuchung der Verbindlichkeit kommt,
beantwortet. Die Änderungen zu IAS 7
und IFRS 7 stellen jetzt klar, dass die Ausweisfrage
unabhängig von den Vorschriften
bezüglich Ausbuchung nach IFRS 9 zu
beantworten ist. Somit ist nun klar geregelt,
dass unabhängig davon, ob es nach
IFRS 9 zu einer Ausbuchung (bzw. «Austausch»
einer Verbindlichkeit) kommt, ein
Unternehmen, welches Reverse Factoring-
Vereinbarungen eingegangen ist, diese im
Detail offenlegen muss, so dass ein Bilanzadressat
über diese Vereinbarungen informiert
ist.
Bei den offenzulegenden Informationen
handelt es sich vor allem um Informationen,
12 veb.ch | Standard 2 I 2024