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KULTUR<br />
(ap) Eines der bekanntesten Gebäude<br />
im Oberland liegt am Finstermünzpass<br />
ein wenig nördlich<br />
vor Nauders. Einen Besuch ist<br />
diese so martialisch anmutende<br />
Festung Nauders allemal wert.<br />
Schon während der Napoleonischen<br />
Kriegen plante Erzherzog Johann unter<br />
seinem Bruder Franz I (II als Römischer<br />
Kaiser deutscher Nation) ein<br />
Netz an Festungen, um das ganze Reich<br />
besser verteidigen zu können. Tirol<br />
sollte nach der Vorstellung des Erzherzogs<br />
besonders gut geschützt werden,<br />
denn die damaligen Kriege zeigten,<br />
dass Tirol eine hohe strategische Bedeutung<br />
zukam. Errichtet wurden etwa<br />
die große Anlage der Franzensfeste bei<br />
Aicha, die Festung Trient, aber auch<br />
kleine Sperren, wie am Stilfser Joch,<br />
am Tonale Pass und die Sperre bei Nauders.<br />
Sie wurde in den Jahren 1834–<br />
1840 anstelle der aus dem Spätmittelalter<br />
stammenden „Niclassperre“ nach<br />
Plänen des führender Festungsbauers<br />
jener Jahre Franz von Scholl und unter<br />
der Leitung von Feldmarschall-Leutnant<br />
Georg Eberle aus Bozen errichtet.<br />
Ursprünglich sollte die Sperre Nauders<br />
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von einer zusätzlichen Fes-tung auf den<br />
Sellesköpfen gesichert werden – die<br />
notwendigen Mittel konnte das Kaiserreich<br />
aber nicht bereitstellen. Diese<br />
Baustelle bedeutete für die ansässige<br />
Bevölkerung eine willkommene Arbeitsmöglichkeit.<br />
Die Festungsanlage<br />
war nie in Kämpfe verwickelt, zuletzt<br />
Bollwerk im Berg<br />
Die Festung Nauders<br />
Die Festung von Nordost, erbaut von den Kaisern Franz I und Ferdinand I.<br />
wurde sie im Ersten Weltkrieg mit einer<br />
Mannschaft beschickt. Nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg diente sie vorerst<br />
der Französischen Armee, später dem<br />
österreichischen Heer als Depot. Bei<br />
der Räumung der Festung durch das<br />
Bundesheer blieb kein einziges originales<br />
Ausstattungsteil zurück. Heute<br />
ist sie die einzige Festungsanlage aus<br />
der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert<br />
auf österreichischem Staatsgebiet. Seit<br />
1974 werden interessierte Besucher<br />
durch die Anlage geführt, seit 1994<br />
befindet sich die Sperre im Besitz des<br />
Vereins „Festung Nauders“.<br />
KASERNE GEGENÜBER DER FE-<br />
STUNG. Die Anlage ist fünfgeschossig,<br />
acht Geschütze und zahlreiche<br />
Schießscharten sollten Feinde zurückhalten.<br />
Sowohl nach Süden (Richtung<br />
Reschen) wie auch nach Norden (Engadin)<br />
gab es ein freies Schussfeld. Die<br />
geplante Besatzung betrug ca. 80 Sol-<br />
daten, mindestens 14 Tage konnte die<br />
Festung ohne frische Versorgung ausharren.<br />
Ursprünglich wurde das Wasser<br />
aus dem Stillebach heraufgepumpt,<br />
später wurde eine Quelle erschlossen.<br />
Die zweigeschossigen Kasematten für<br />
die Besatzung wurden in einem eigenen<br />
Gebäude zur Gänze in einer Kaverne<br />
gebaut. Ein Liftschacht mit Flaschenzug<br />
diente zur Versorgung der<br />
oberen Geschosse. Auf der gegenüberliegenden<br />
Talseite wurde eine Kaserne<br />
errichtet, die zur Unterbringung der<br />
Mannschaft in Friedenszeiten gedacht<br />
war. Dort war es deutlich wärmer und<br />
weniger feucht. Dieser Bau wurde vom<br />
östlichen Teil der Niclassperre gedeckt<br />
(dieser Teil der Niclassperre wurde erst<br />
im Ersten Weltkrieg geschliffen). In<br />
die Felsen neben der Kaserne wurden<br />
vom französischem Heer nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg Stollen geschlagen,<br />
diese dienten als Treibstoff- und Munitionsdepot.<br />
RS-Fotos: Pircher<br />
WARUM GIBT ES DORT DIE<br />
PANZER? In den 1970er-Jahren ließ<br />
der damalige Verteidigungsminister<br />
Emil Spannocchi entlang der Reschenstraße<br />
mit Panzertürmen bewaffnete<br />
Bunker anlegen. Sie sollten feindliche<br />
Truppen stoppen. Panzer, wie sie neben<br />
der Kaserne stehen, waren zu jener<br />
Zeit bei vielen Armeen in Europa im<br />
Einsatz. Die ausgestellten Panzer, auch<br />
jene aus russischer und amerikanischer<br />
Produktion, dienten bis in die 1990er-<br />
Jahren dem österreichischen Heer und<br />
sollen auf die strategische Bedeutung<br />
dieser Talenge hinweisen. Zudem<br />
sind die Panzer ein Blickfang für die<br />
Touristen und laden zum Besuch der<br />
Festung ein, so der Obmann des Museumsverein,<br />
Karl Ploner.<br />
MUSEUM. Der Erhalt eines so imposanten<br />
Gebäudes benötigt große<br />
Mittel und nur ein kleiner Teil kann<br />
durch die Eintritte gedeckt werden,<br />
Die Kaserne aus dem Jahr 1840.<br />
Die Panzer – im Vordergrund ein Kürassier-Panzer aus Steyr – weisen auf die<br />
strategische Bedeutung der Talenge hin.<br />
RUNDSCHAU Seite <strong>26</strong> <strong>26</strong>./27. Juni 2024