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Das StadtSalzburgMagazin Ausgabe 2024_2
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Ausgabe 2024_2
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© Barnabas Wilhelm<br />
Gute Nachrichten,<br />
große Aussprachen<br />
Zwei interessante Persönlichkeiten aus völlig<br />
unterschiedlichen Bereichen erzählten uns<br />
aus ihrem Musikerleben. Heraus kamen<br />
dabei sehr persönliche Positionen zu tragenden<br />
Rollen und ungerechtfertigter Kritik.<br />
TEXT MARKUS DEISENBERGER<br />
GUTE NACHRICHTEN<br />
Wenn der EU-Wahltag und die letzte<br />
Elefantenrunde vor der Tür stehen, hat<br />
Tobias Pötzelsberger eigentlich Besseres<br />
zu tun als Interviews zu geben. Er<br />
muss seine Moderationen für den ORF<br />
vorbereiten. Insofern war der Zeitpunkt,<br />
um die Single »Carry you« als Vorbote<br />
für ein im Herbst herauskommendes Album<br />
rauszubringen, nicht optimal. Aber:<br />
»Wenn du das neben der Arbeit machst,<br />
gibt es den guten Zeitpunkt eigentlich<br />
eh nie«, sagt der gebürtige Oberösterreicher,<br />
der in Salzburg studierte und lange<br />
für den ORF Salzburg arbeitete, bevor<br />
er auf den Küniglberg wechselte. Deshalb<br />
müsse man auch aufpassen, dass<br />
man vor lauter Anstrengung nicht darauf<br />
vergisst zu genießen. »Ich mache Musik<br />
ja aus reiner Freude. Dann soll sie auch<br />
Spaß machen.«<br />
Begonnen hat Pötzelsberger mit Gitarre<br />
und Gesang lange bevor er das erste Mal<br />
in die Kamera linste, nämlich im zarten<br />
Teenager-Alter. Mit Eva Klampfer (die<br />
man heute als Lylit kennt) und einigen<br />
anderen Freunden gründete er die Band<br />
»On Wings to Kasmir«. Mit Neunzehn<br />
begann er dann eigene Songs zu schreiben.<br />
Es folgten zwei Alben mit »The More<br />
or the Less«. Ja, und dann kam halt irgendwann<br />
die Karriere als Journalist<br />
»dazwischen«. Aus der ZIB ist Pötzelsberger<br />
heute nicht mehr wegzudenken,<br />
trotzdem hat er nie mit der Musik aufgehört.<br />
»Ich spiele noch immer fast jeden<br />
Tag Gitarre«, erzählt er. »Ich wollte diese<br />
Seite an mir einfach nicht aufgeben und<br />
hätte mir, glaube ich, irgendwann Vorwürfe<br />
gemacht, wenn ich diese Leidenschaft<br />
zugunsten der Arbeit ganz aufgegeben<br />
hätte.«<br />
Irgendwann hatten sich so viele Songs<br />
angesammelt, dass die Idee entstand,<br />
ein Album zu veröffentlichen. »Ich hätte<br />
es nicht übers Herz gebracht, das alles<br />
einfach wegzuwerfen.«<br />
Seinem Stil, den er als »folky« und »Singer<br />
Songwriter-Americana« beschreibt,<br />
ist er treu geblieben. Dieses Mal aber<br />
wollte er sich nicht mehr hinter einem<br />
möglichst komplizierten Bandnamen<br />
verstecken wie früher, sondern mit dem<br />
eigenen Namen dazu stehen. Macht<br />
auch Sinn, wenn Musik persönlich wird.<br />
Die Single »Carry you« verhandelt das<br />
Thema Vatersein oder die Reflexion darüber,<br />
wie man ein guter Vater sein kann,<br />
und dass man Kindern Fliegen beibringen<br />
muss, damit sie ihr Nest irgendwann<br />
auch verlassen können.<br />
Sieht er die Bekanntheit, die er mittlerweile<br />
erlangt hat, als Vor- oder Nachteil<br />
für seine Musik? »Beides.« Einerseits sei<br />
die Aufmerksamkeit höher, aber eben<br />
auch die Verwundbarkeit, wenn man »ein<br />
Stück Herzblut offen darlegt« und – wie<br />
auf dem kommenden Album – viel übers<br />
persönliche Scheitern spricht. Genau<br />
deshalb sei er beim Musikmachen auch<br />
deutlich aufgeregter als bei einer Nachrichtensendung,<br />
verrät er. Damit, »dass<br />
die eine oder andere Kritik vielleicht ein<br />
bisschen schärfer ausfällt, weil ich beim<br />
ORF bin«, hat er gerechnet. Über die im<br />
Standard erschienene, die einerseits<br />
wohlwollend meinte, die Musik sei »mit<br />
vollem Herzen gespielt, aber halt auch<br />
dem ›Lalelu-Pop‹ zuzurechnen«, habe er<br />
jedenfalls herzlich lachen können. Letztlich<br />
sei Musik doch eine Geschmacksfrage.<br />
Und: »Ich habe auch sehr gute Kritiken<br />
bekommen, da fällt eine ›gfeanzte‹<br />
nicht so ins Gewicht.« Den Titel des kommenden<br />
Albums »Prudence« – am besten<br />
mit Umsicht, Vorsicht und Nachsicht<br />
übersetzt – will er als kleinen Appell an die<br />
Welt verstanden wissen. Das sei nämlich<br />
genau das, was ihr derzeit fehle: Gelassenheit<br />
oder, um es in der Tennissprache<br />
– Pötzelsberger ist begeisterter Hobby-<br />
Spieler – zu sagen: »Weniger John McEnroe<br />
und mehr Björn Borg.« Im Herbst wird<br />
der ORF-Star sein Album auf einer Tour<br />
durch Österreich vorstellen. Die beginnt<br />
übrigens knapp vor der Nationalratswahl.<br />
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