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Das StadtSalzburgMagazin Ausgabe 2024_2
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Ausgabe 2024_2
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Das Gwandhaus ist schon ein besonderer<br />
Ort. Dass das im Jahr 1650 errichtete<br />
Prachtgebäude, das im 19. Jahrhundert<br />
eine neobarocke Fassade erhielt, über<br />
eine der schönsten Terrassen der Stadt<br />
verfügt, weiß man als Salzburger. Dass<br />
dort aber, seit Ramona und Alex Merkel<br />
im Oktober vergangenen Jahres das<br />
Zepter in der Küche übernommen haben,<br />
auch raffiniert gekocht wird, ist neu und<br />
wirklich erfreulich. Der besondere Stil, den<br />
die beiden, die zuletzt gemeinsam das<br />
Forsthaus Wartenfels betrieben, pflegen,<br />
offenbart sich schon beim ersten Blick in<br />
die Küche, denn hier stehen die Betreiber<br />
auch selbst am Herd. Kein Koch, der nur<br />
auf der Durchreise ist, nein, kochen ist hier<br />
Chefsache, und zwar von früh bis spät.<br />
Wer jetzt erwarten würde, dass die beiden<br />
einen abgekämpft aus trüben Augen<br />
anschauen würden, wird schnell<br />
eines Besseren belehrt, denn Ramona<br />
und Alex erweisen sich als perfekte<br />
Gastgeber, die, aufmerksam um das<br />
Wohl ihrer Gäste besorgt, sichtlich Spaß<br />
daran haben, zu zeigen, was sie draufhaben.<br />
»Wir sind Gastronomen der alten<br />
Schule«, sagt Ramona, »und wir setzen<br />
auf heimatverbundene Küche.« Das<br />
heißt: Österreichische Klassiker werden<br />
mit Liebe zum Detail und großer handwerklicher<br />
Präzision gekocht. Dass das<br />
Fleisch dafür nur aus Österreich kommt<br />
und das Gemüse vom Walser Bauern,<br />
versteht sich von selbst. Und die beiden<br />
sind ein eingespieltes Team, ein Griff ergänzt<br />
da den anderen. »Dadurch, dass<br />
wir zu zweit sind, müssen die Abläufe gut<br />
organisiert funktionieren«, erklärt Alex.<br />
Vanilletomaten und<br />
Zitronenmarmelade<br />
Doch nun zum Essen: Wir entscheiden<br />
uns als ersten Gang für eine weiße Tomatenschaumsuppe<br />
mit Vanilletomate<br />
und Tomatenpesto. Für die Suppe wurden<br />
Tomaten und Gemüse eine Nacht<br />
lang in Salzwasser gelegt, damit sie<br />
auslaugen. Dann kocht Alexander daraus<br />
sechs Stunden lang einen Sud, der,<br />
obwohl aus roten Tomaten gekocht, klar<br />
wird, und den er zum Schluss mit Gewürzen<br />
und Sahne abschmeckt.<br />
Auf das selbst aus getrockneten Tomaten,<br />
Kapern, feinem Olivenöl, Salz und<br />
Knoblauch gemachte und mit ein bisschen<br />
Oregano verfeinerte Pesto wird<br />
eine kleine gehäutete Cherrytomate<br />
drapiert. Die wiederum wurde mindestens<br />
eine Woche lang in einem Vanillesud<br />
eingelegt, wodurch sie das typisch<br />
süßliche Aroma der exotischen Kapselfrucht<br />
annimmt, ohne ihre säuerliche<br />
Herkunft völlig zu verleugnen. Soll heißen,<br />
die Tomate schmeckt immer noch<br />
nach Tomate, aber anders.<br />
Und genau das ist auch die Philosophie<br />
der beiden: Nur weil Tomatensuppe<br />
draufsteht, muss sie noch lange nicht<br />
schmecken wie eine »dahergelaufene«,<br />
und nur weil Schnitzel und Tafelspitz auf<br />
der Karte stehen, ist man noch lange kein<br />
Wirtshaus. Nein, man ist mehr als das –<br />
und dass es dafür auf Details ankommt,<br />
merkt man, wenn die Klassiker auf den<br />
Tisch kommen. Zum Wiener Schnitzel<br />
etwa wird bei Merkel & Merkel eine feine<br />
Zitronenmarmelade serviert, und wenn<br />
es nicht perfekt souffliert, verlässt es<br />
auch nicht die Küche. Für den Tafelspitz<br />
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merkel&merkel